Die Königin von Verlorenherz. Marcel Zischg

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Название Die Königin von Verlorenherz
Автор произведения Marcel Zischg
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Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783961450015



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sollte Rafael anrufen? Meistens riefen alle immer nur Silvan oder Mama an, Rafael bekam fast nie Anrufe und ein Mobiltelefon hatte er auch nicht. Mama hatte nur Silvan eines gekauft, das sollte für beide reichen, hatte sie gesagt. Silvan sei braver und triebe sich nicht mit Freunden bis spät abends auf den Straßen oder am Bach bei Staudämmen herum, also sollte Silvan auch das Handy haben, weil er immer pünktlich zu Hause war und weil er ihr Zimmer meistens für beide aufräumte (Rafael nervte das Aufräumen), weil er bessere Schulnoten hatte und außerdem ein großartiger Sportler war, weil er im Haushalt mithalf, weil er nie seine Hausaufgaben vergaß … Das alles hatte Mama gesagt. Rafael bekam Silvans Handy nur dann, wenn er es ganz dringend brauchte. Was kann ich schon gegen so einen Bruder ausrichten?, dachte Rafael oft traurig. Mama liebt ihn mehr als mich und ich kann mich nicht mit ihm messen – er ist einfach perfekt!

      Im Flur reichte Mama Rafael den Telefonhörer und ging dann in die Küche. Es war Kenzo, der ganz aufgeregt klang: „Rafael, was ist denn heute passiert? Verdammt, ich glaube es nicht! Ich musste von der Tribüne, weil ich es nicht fassen konnte! Warum saßen wir plötzlich beim Endspiel, wo wir doch Sekunden vorher den Füchsen beim Training zugesehen haben? Wie konnte die Zeit so schnell vergehen? Es war diese schwarze Herzmuschel, die plötzlich immer größer geworden ist! Mit dieser Muschel hat dein Bruder irgendetwas gemacht! Erinnerst du dich nicht? Wir wollten doch beweisen, dass Til gar nicht Til ist! Und wer ist dieser Silvan? Ist er der falsche Til? Verdammt, Rafael! Sag doch etwas!“

      Aber Rafael verstand gar nicht, was Kenzo meinte. Er hatte ja alles vergessen, was vorgefallen war. „Kenzo, willst du mich etwa wieder veräppeln?“, brummte Rafael. „Ich hasse es, veräppelt zu werden, das weißt du!“

      In diesem Augenblick wurde ihm plötzlich der Hörer aus der Hand gerissen – von Silvan, der Rafael damit auf den Kopf schlug und brüllte: „Dieser blöde Kenzo! Warum zeigt die Muschel bei ihm keine Wirkung? Warum, warum, warum?!“

      Jetzt rammte Silvan Rafael die Faust in den Bauch, das war so fest und schmerzhaft, dass Rafael das Gefühl hatte, ein Messer wäre in seinen Bauch gestochen worden. Er fiel auf den Boden, wälzte sich vor Schmerz und rief und weinte: „Mama!“

      Die Mutter stand sofort im Flur neben Silvan – ein dunkler Schatten überzog ihr ganzes Gesicht und sie zischte böse: „Schlag weiter zu, Silvan! Gut machst du das, sehr gut!“ Und dann sagte sie ganz laut, langsam und deutlich, als wäre sie geistesabwesend und würde einen Spruch auswendig aufsagen: „Silvan, schlag zu! Ich mag Rafael nicht mehr hier sehen! Ich habe ihn nie gemocht! Du warst immer der bessere Sohn! Silvan, schlag zu! Ich mag Rafael nicht mehr hier sehen! Ich habe ihn nie gemocht! Du warst immer der bessere Sohn! Silvan, schlag zu!“

      Es war fast, als spräche ein Roboter. Silvan grinste und zog die Augenbrauen zusammen, sodass sie nun finstere Schatten auf seine dunklen Augen warfen – oder waren seine Augen nicht nur Löcher? Das war Rafael vorher beim Fußballspiel gar nicht aufgefallen, aber jetzt sah er es deutlich: Silvans Augen sahen tot aus – so tot, als wären sie hohl wie die eines Skeletts! Sein Haar, das schulterlang war und rabenschwarz glänzte, roch verfault.

      Silvan kam auf Rafael zu und hielt plötzlich einen Baseballschläger in der Hand. Es war Rafaels Schläger, aber er hatte ihn fast nie benutzt. Rafael versuchte, sich wieder aufzurichten, aber sein Bauch fühlte sich so schwer an, als wären lauter Steine darin, sodass er nur noch schnell ein Stück weiter in Richtung Wohnzimmer kriechen konnte, als Silvan nun mit dem Schläger ausholte und glücklicherweise nur den Fußboden traf.

      „Schlag zu!“, feuerte Mama Silvan an und hatte nun gar keinen Körper mehr – sie war nur noch ein Schatten, ein schwarzes Gespenst, obwohl es draußen hell war und Tageslicht durch die Fenster hereinschien. „Schlag zu, Silvan – so schlag endlich!“, kreischte die dunkle Gestalt.

      Erneut holte Silvan mit dem Schläger aus – er wollte Rafaels Kopf treffen. Rafael biss die Zähne zusammen, so fest er konnte und hatte das Gefühl, eine ganz, ganz harte Nuss aufbeißen zu müssen – nun konnte er sich aufrichten! Er humpelte mehr, als dass er lief; schleppte sich ins Wohnzimmer. Sein Bauch schmerzte fürchterlich und ihm wurde schlecht, als Silvan sich jetzt erneut auf ihn stürzen und ihn zu Boden drücken wollte.

      Just in diesem Moment empfand Rafael aber auch eine entsetzliche Wut auf Silvan: „Immer hat Mama zu dir gehalten!“, brüllte er und der Gedanke daran machte ihn rasend. Er hatte nicht vor, sich von seinem Bruder unterkriegen zu lassen, auch wenn der noch so unheimlich war – Rafael würde nicht aufgeben, niemals! Und plötzlich war der Schmerz in seinem Bauch verschwunden.

      Rafael packte Silvans Hand mit dem Schläger, zog sie fest zu sich heran und drehte sie um. Silvan schrie. Rafael knurrte und rammte seinem überraschten Bruder so schnell die Faust ins Gesicht, dass Silvan zu Boden stürzte. Dabei fühlte sich das Gesicht von Silvan an Rafaels Faust wie ein glühender Stein an und Rafaels Hand schmerzte einen kurzen Augenblick, als hätte er seine Hand in kochendes Wasser gehalten, aber dieser Schmerz war nur für einen eiligen Moment so stark. Rafael kreischte halb vor Schreck und halb vor Zorn, dann drehte er sich um und rannte zur Terrassentür des Wohnzimmers, die in den Garten hinausführte, flüchtete durch die Tür, rannte ums Haus herum, sprang über das verschlossene, etwa einen Meter hohe Gartentor und lief los.

      Was ist nur mit Mama und Silvan los?, fragte er sich, als er über die Straße in Richtung Bach lief. Der Schmerz in seinem Bauch wurde wieder stärker. Er hielt sich den Bauch und rannte laut weinend immer weiter. Immer schneller wurde er, obwohl der Schmerz immer schlimmer wurde.

      Eigentlich war es ein schöner Maiabend, etwa achtzehn Uhr, aber es begegnete Rafael niemand, der ihm helfen konnte. Er glaubte gar nicht, was gerade geschehen war und kam sich vor, als träumte er das alles nur. Die Gegend um ihn herum schien ihn plötzlich fremd anzustarren und die schönen mehrgeschossigen Reihenhäuser mit Satteldächern und hübschen Vorgärten erschienen ihm wie schwarze Schatten, obwohl es noch heller Tag war. Er konnte nur noch ihre Umrisse ausmachen – sie waren plötzlich Phantome, Gespenster geworden, wie seine Mama und Silvan.

      Was ist mit Mama passiert?, überlegte er. Was ist mit Silvan passiert? Erlaubt Mama ihrem Silvan jetzt sogar, mir weh zu tun? Aber ich habe doch gar nichts gemacht!

      „Steh auf, Silvan!“, hörte er aus weiter Ferne seine Mutter kreischen. „Hol ihn mir sofort zurück! Dieser scheiß Bengel gehorcht nie, wenn ich sage, dass er im Haus bleiben soll! Immer treibt er sich am Bach herum!“

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