Der Sklavenwiderstand. Jochen Nöller

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Название Der Sklavenwiderstand
Автор произведения Jochen Nöller
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Серия
Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783967525779



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gleich zu übergeben.

      Angewidert musterte er das Gesicht des Menschen, um sich von der Phiole abzulenken. Dieser zeigte ein hinterhältiges Grinsen und ihm kam der unangenehme Gedanke, dass er übers Ohr gehauen wurde. »Wofür wird dieses Blut benötigt?«

      Für einen Sekundenbruchteil entgleisten die Gesichtszüge des Händlers, dann erklärte er überrumpelt: »Dieses Blut wird für spezielle Zauber des 5. Grades verwendet.« Schnell erinnerte sich Nico daran, was seine Herrin gemurmelt hatte: »Ich muss den violetten Heiltrank ersetzen.« Schnell kam er zum Schluss, dass diese Phiole die falsche war und so wollte er wissen: »Welches Blut wird für Heiltränke benötigt?«

      »Kommt drauf an«, erwiderte der Mensch ausweichend und zog drei weitere Phiolen aus dem Regal. »Katzenblut, Hundeblut und Fledermausblut werden normalerweise verwendet.«

      »Haben alle drei dieselbe Wirkung?«

      »Nein, es kommt auf die Stärke des gewünschten Ergebnisses an. Das Fledermausblut ist am besten für Knochenbrüche, Katzenblut für Schnittverletzungen und Hundeblut für innere Wunden geeignet.«

      Nico dachte kurz nach. Er hatte einen Trank trinken sollen und sein Hintern tat ihm nun nicht mehr weh. Also entschied er sich für das unreine Hundeblut und bezahlte artig mit dem Amulett. Der Händler indes schien gar nicht glücklich über diese Entscheidung, ließ es damit aber auf sich beruhen.

      Brummend zog der Mann einen Zettel hervor und schrieb auf, was Nico gekauft hatte. Anschließend legte er das Amulett auf einen dafür vorgesehen Bereich. Es leuchtete auf und als der Händler es anhob, hinterließ es einen perfekten Abdruck auf dem Papier. Anschließend übergab er es an Nico und legte den Zettel auf einen Haufen, auf dem schon andere Zahlscheine lagen.

      *

      Nico hoffte inständig, nicht allzu oft die Treppe des Turms hochsteigen zu müssen. Nach diesem Kraftakt hatte er einige Minuten benötigt, um wieder zu Atem zu kommen.

      Kurze Zeit später betrat Nico das Wohnzimmer und ging direkt auf seine Herrin zu.

      »Welches Blut hast du für mich erworben?«, fragte sie ohne aufzusehen.

      »I-ich habe unreines Hundeblut der 4. Stufe für Euch gekauft.«

      »Warum genau dieses?«

      »Ich habe den Händler nach der Verwendung gefragt und dieser sagte, dass es für Heiltränke für innere Verletzungen benutzt wird. Da Ihr mir einen solchen gegeben habt, dachte ich, das wäre das Richtige.«

      Erstaunt sah die Magierin auf und nickte anerkennend: »Ja, das war genau das Richtige. Gut gemacht.«

      Gegen seinen Willen breitete sich ein Lächeln in seinem Gesicht aus. Seine Herrin hatte ihn gelobt. Dann erst wurde ihm die ganze Tragweite der Situation bewusst und er musste hart schlucken.

      War das ein Test gewesen? Wenn ja, hatte er ihn bestanden? Aber was wäre, wenn er ihn nicht bestanden hätte? Hätte seine Herrin ihn dann verstoßen? Oder wollte sie nur herausfinden, wie schlau er war? So etwas in der Art hatte sie vorher angedeutet. Er erinnerte sich an ihre Worte: »Wenn du schnell lernst, kann ich wesentlich mehr mit dir anfangen, als dich nur für den Haushalt einzusetzen.«

      *

      So kam es mit der Zeit, dass Nico sich mehr als einen Bediensteten im Hause seiner Herrin sah denn als Sklave.

      Er trug keine schäbigen Kleiderreste mehr, sondern dieselbe Kleidung wie die Normalos, die Nicht-Magier. Der einzige Unterschied war, dass sich auf seiner Brust das Zeichen der Magier befand – ein deutliches Symbol seines Ranges innerhalb der von Magiern beherrschten Gesellschaft.

      Ja, das Leben meinte es gut mit ihm. Unter dem Schutz seiner Herrin und mit deren Autorität blühte er allmählich wieder auf. Als Nathalie in die Akademie ging, um dort zu unterrichten, kam er mit ihr und nach einigen kleinen Zwischenfällen wurde er sogar von den Novizen als rechte Hand der Professorin anerkannt.

      Auch wuchs er in die Rolle des Dieners, welche seine Herrin ihm auferlegt hatte. Sein Wissen über die Alchemie und die Magie wuchsen Tag für Tag, Jahr um Jahr.

      Nachdem Logan merkte, wie gut Nathalie seinen Platz ausfüllte, übergab er ihr dieses Amt auf Dauer und widmete sich wichtigeren Dingen. Was Logan genau machte, blieb Nico lange ein Rätsel. Jedenfalls sprach dieser niemals über seine Arbeit und er war nicht so dumm, ihn danach zu fragen. Von den Novizen lernte Nico die strenge Rangordnung der Magier kennen und erkannte, welch hohe Position Nathis Bruder besetzte. Es gab etwa tausend Novizen, aber nur zwölf Magier in der höchsten offiziell erreichbaren Stufe: dem 10. Grad.

      Nico war es gleich. Er war ein Wesen und als solches nicht mehr als ein Sklave mit Sonderregeln. Niemals würde man ihm gestatten, Magie zu erlernen. Er nahm sein Schicksal an und versuchte nicht, daraus zu entfliehen. Zu viel Wissen könnte tödlich für ihn enden.

      Zum ersten Mal seit seiner Versklavung war er glücklich. Auf dem Markt der Magier freundete er sich sogar mit Marak, dem Kaffeehändler an, der immer einen heißen Kaffee für ihn bereithielt.

      Nach einigen Monaten bekam er von Logan höchstpersönlich einen blauen Teleportstein ausgehändigt. Mit diesem konnte Nico in das Zimmer des Magiers hinein und dort sauber machen. Logan war es wohl leid, seine Zeit mit derlei niedriger Arbeit zu vergeuden.

      Drei Jahre vergingen wie im Flug und Nathalie wurde immer mächtiger. In rasantem Tempo stieg sie auf und stand im 6. Grad kurz vor der Prüfung in die nächste Stufe. Auch mit ihrer neu gewonnenen Macht blieb sie sich treu und behandelte Nico weiterhin als Diener und nicht als Sklaven.

      *

      Eines Tages schlug das Schicksal abermals mit aller Macht zu.

      Versehentlich hörte Nico ein Gespräch, das er nicht hätte hören dürfen. Tief in seiner Arbeit versunken, bemerkte er nicht, wie Logan sein Gemach betrat. Dieser nahm ihn anscheinend auch nicht wahr. Hinter dem Vorhang zur Toilette verborgen, hörte er, wie sich der Magier mit einem Spiegel unterhielt und der Spiegel antwortete!

      Logans unheilvolle Stimme dröhnte in den Raum hinein: »Die geplante Ausbeute übertrifft unsere Erwartungen, Eure Exzellenz.«

      Eine tiefe und mächtige Stimme klang dumpf aus dem Spiegel hervor: »Wir sind unter uns. Sprich frei heraus, Großinquisitor.«

      »Natürlich, wie Ihr wünscht. Ich hätte nie gedacht, dass die Seelen von Wesen so viel Energie besitzen. Das bringt uns viele neue Möglichkeiten, Eure Exzellenz. Ich werde Euch über die Geschehnisse auf dem Planeten Lovines auf dem Laufenden halten. Bisher kann ich nur berichten, dass meine Hochrechnungen eine gewaltige Menge an Seelenkristallen prophezeien. Mit Eurer Erlaubnis würde ich gern einen weiteren Planeten als Seelenfarm hinzufügen.«

      »Nein, das ist noch zu früh. Zuerst will ich Resultate sehen. Wie lange wird es noch dauern, bis die Kristalle erntereif sind? Der Nachschub an Seelenkristallen von der Erde ist in den letzten fünfzig Jahren deutlich zurückgegangen. Und auch die Qualität lässt zu wünschen übrig.«

      »Nach meinen bisherigen Berechnungen können die ersten Kristalle in wenigen Monden geerntet werden. Ich muss jedoch erwähnen, dass ein Rückgang der Kampfhandlungen zu verzeichnen ist. Ich werde mich darum kümmern und den Krieg etwas anheizen.«

      »Die Beschaffung neuer Seelenkristalle hat oberste Priorität. Wir müssen unbedingt unsere Vorräte aufstocken. Großinquisitor, ich entsende dich zur Erde, um die Ernte der Menschenseelen voranzutreiben. Dieser Krieg der Wesen darf allerdings auch nicht aus den Augen gelassen werden. Ich werde einen Inquisitor nach Lovines beordern, der sich dort um den Krieg kümmern wird. Wenn deine Prognosen sich als wahr herausstellen, werde ich Schritte einleiten, um weitere Planeten zu bewirtschaften. In diesem Fall brauchen wir die Erde nicht mehr und die vollständige Liquidierung der dortigen Menschen kann erfolgen.«

      »Mit Verlaub, Eure Exzellenz, was wird aus den Menschen, Wesen und Magiern auf Jusmin?«

      »Bis ich Resultate sehe, geschieht nichts ohne meine Zustimmung. Wir behalten den aktuellen Status bei und