Название | Sedieren ohne Medikamente |
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Автор произведения | Elvira Lang |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Hypnose und Hypnotherapie |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783849783822 |
(Fallnotizen von E. Lang)
Was dieser Fall zeigt: Menschen in Rapport passen sich unbewusst an die Körperhaltungen ihres Gegenübers an und spiegeln diese.
3.1 Intuitives Spiegeln
Wechselseitige Anpassung, Imitation und Mimikry werden in der psychologischen Fachsprache synonym verwendet, um zwei Individuen zu beschreiben, die dasselbe oder ein ganz ähnliches Verhalten zeigen (engl.: »matching«). Auch der Ausdruck Spiegeln (engl.: »mirroring«) wird oft gleichbedeutend mit den genannten Ausdrücken gebraucht; einige Experten reservieren das Spiegeln jedoch für die Beschreibung zweier Personen, die dieselbe Körperposition einnehmen oder motorischen Funktionen spiegelverkehrt ausüben, so als ob sie ein Spiegelbild kopieren. In diesem Buch verwenden wir Anpassung, Mimikry, Imitation und Spiegeln als Synonyme, wenn wir auf eine Unterscheidung nicht ausdrücklich hinweisen.
Die Imitation des Verhaltens eines anderen Individuums findet sich in der gesamten Tierwelt in verschieden starker Ausprägung. Am besten entwickelt ist sie bei uns Menschen (Iacoboni 2009a). Moderne bildgebende Techniken zur Visualisierung und Kartierung von Hirnfunktionen legen nahe, dass ein zentrales neuronales Netzwerk im Gehirn das Erkennen des Verhaltens einer anderen Person (ihrer Körperhaltung, Gestik, Gesichtsausdrücke, Redestile etc.) und das darauffolgende Imitieren dieses Verhaltens durch den Betrachter vermittelt. Dieses Netzwerk interagiert mit geeigneten anderen neuralen Systemen und führt so zu verschiedenen Formen nachahmenden Verhaltens (ebd.). Babys imitieren die Gesichtsausdrücke Erwachsener schon einige Minuten nach der Geburt (Meltzoff a. Decety 2003). Es wird angenommen, dass diese angeborene, Verknüpfung der Beobachtung des Verhaltens einer anderen Person mit dessen unmittelbarer intuitiver Spiegelung Kindern zu verstehen ermöglicht, dass andere ihnen ähnlich sind. Auch soll auf diese Weise Empathie für Artgenossen bewirkt werden (ebd.).
Einige der interessantesten neurobiologischen Entdeckungen bezüglich Mimikry wurden bei Experimenten mit Affen gemacht und folgten dem Motto »Was ein Affe sieht, das macht er nach«. In den frühen 1990iger-Jahren untersuchten Giuseppe di Pellegrino und seine Kollegen von der Forschungsgruppe um Giacomo Rizzolatti, dem Direktor der Abteilung für Neurowissenschaften an der Università degli Studi in Parma, Italien, die Neuronen im prämotorischen Kortex von Affen. Ihre Arbeit deckte spezifische Aktivierungsmuster für Handbewegungen der Tiere auf, wie Greifen, Halten oder Zerren (di Pellegrino et al. 1992). Eines Tages bemerkten die Forscher zufällig, dass dasselbe Muster der Aktivierung motorischer Neuronen, das sie bei verschiedenen Handbewegungen der Affen identifiziert hatten, auch dann auftrat, wenn die Affen sich selbst gar nicht bewegten, die Forscher aber dabei beobachteten, wie diese die gleichen Handbewegungen ausführten. Die Neuronen der Affen feuerten synchron zu den Bewegungen der Forscher. Neuere Arbeiten der Forschungsgruppe haben gezeigt, dass auditive Stimuli (Hörreize) ähnliche Effekte haben können (Kohler et al. 2002). Affen sind also nicht nur gut darin, andere zu imitieren, sie scheinen es auch zu genießen, selbst imitiert zu werden. Sie schauen nämlich lieber einer Person zu, die ihre eigenen Bewegungen nachmacht, als einer Person, die das nicht tut (Paukner et al. 2005).
Diese Forschungsergebnisse an Affen gaben den Anstoß zu weiteren Studien über die »Spiegelneuronen« und ihre Rolle bei Imitation, Empathie und sozialer Interaktion. Mit modernen MRT-Techniken ist es den Forschern gelungen, die Existenz der Spiegelneuronen auch beim Menschen nachzuweisen. Fest verknüpfte Schaltkreise für die Imitation sind in einigen Bereichen des menschlichen Gehirns identifiziert worden: Da gibt es die Schaltkreise im dorsolateralen präfrontalen Kortex, die wahrscheinlich das Lernen durch Nachahmung erleichtern; die Interaktion mit dem limbischen System, von der angenommen wird, dass sie grundlegend für das soziale Spiegeln und die Fähigkeit zur Empathie ist; und Simulationen von Gesichtsausdrücken, die eventuell das Akzeptieren der Emotionen anderer Menschen vermitteln (Iacoboni 2009a).
In spannenden aktuellen Experimenten zu den therapeutischen Wirkmechanismen im Rahmen der Arzt-Patienten-Beziehung wurden Patienten mit chronischen Schmerzen und die sie behandelnden Akupunkteure gleichzeitig mit MRT-Hyperscanning (funktionaler Magnetresonanz) untersucht (Ellingsen et al. 2020). Dabei ist es gelungen, Gesichtsausdrücke und Hirnsignale der beiden Beteiligten zu korrelieren, unmittelbar während echte oder simulierte Akupunktur appliziert wurde. Wie sich zeigte, spiegelten die Akupunkteure die Gesichtsausdrücke ihrer Patienten wider, wenn schmerzhafte Akupunkturstimuli erwartet wurden, und sogar die Hirnaktivität beider Beteiligten zeigte vergleichbare Reaktionen. Die synchronisierte Aktivität betraf Hirnregionen, die normalerweise mit dem Lesen der Emotionen des beobachteten Gegenübers assoziiert sind. Diese Studie untermauert, dass das Spiegeln von Gesichtsausdruck und Emotionen den Eindruck einer persönlichen Bindung zwischen Patient und Behandler positiv beeinflusst.
3.2 Spiegeln und (bewusst) nicht spiegeln
Das Imitieren von Handlungen ist ein Weg, um die Botschaft zu senden: »Ich bin wie du.« Einer der Vorteile, »gleich« zu sein, ist sozialer Natur. Menschen wertschätzen andere, die so sind wie sie. Andere zu imitieren vergrößert nachweislich die eigene Akzeptanz durch die Imitierten und begünstigt harmonische soziale Interaktionen (Chartrand a. van Bargh 1999). So ist es kein Wunder, dass Kulturen oder Individuen, die stärker auf Wechselbeziehungen ausgerichtet sind, sich tendenziell besser an das Verhalten anderer anpassen als Kulturen oder Individuen, die sich durch größere Unabhängigkeit auszeichnen (van Baaren, Maddux a. Chartrand 2003).
Während die Anpassung an das Verhalten anderer Menschen unter normalen Bedingungen automatisch abläuft, haben wir oft beobachtet, dass dieser Mechanismus gehemmt wird, wenn Gespräche kontrovers verlaufen oder ein Gesprächspartner unter Stress steht. Diese Hemmung lässt sich vielleicht auf die bekannte Tendenz des Menschen zurückführen, seine natürliche Neigung zur Imitation zu verringern, wenn er sich mehr um sich selbst sorgt als um seine Wechselbeziehung mit oder Abhängigkeit von anderen (ebd.).
Während der von uns angebotenen Ausbildungen in Kurzzeitbegleithypnose lassen wir die Teilnehmenden oft eine emotional aufgeladene Unterhaltung spielen, in der sich eine Person so uneinsichtig und störrisch wie möglich verhalten soll. Das Ergebnis ist immer, dass die Partner Haltungen einnehmen, die nicht zueinander passen. Im zweiten Teil dieser Übung wird dann einer der beiden Teilnehmenden aufgefordert, die Körpersprache und Gestik des anderen zu spiegeln. Jedes Mal werden die Interaktionen in diesem zweiten Teil der Übung viel harmonischer, egal wie stark der Gegenspieler versucht, unkooperativ zu bleiben. Wie sich empirisch eindeutig gezeigt hat, erzeugt die Anpassung an die Körperhaltungen und Gesten des Konversationspartners Harmonie und erleichtert den Kontakt.
Menschen in Rapport nehmen unbewusst ähnliche Körperhaltungen ein. Wenn wir andere Menschen sehen, scheinen wir oft zu spüren, wer von ihnen einen guten Kontakt zu seinem Gesprächspartner hat und wer nicht. Vielleicht haben Sie sich dabei ertappt, das zu erraten, wenn Sie Paare in einem Restaurant sehen. Hatten Sie unbewusst die Körperhaltungen beobachtet und bewertet?
Anpassung ist wichtig
Um den Effekt des Spiegelns und des bewussten Nicht-Spiegelns zu demonstrieren, baten wir zwei unserer ärztlichen Kollegen, uns bei zwei Videos zu helfen, in denen sie eine schwierige Kommunikationssituation darstellen sollten. Wir machten heimlich mit G., der die Rolle des Arztes spielen