Seine Exzellenz Eugene Rougon. Emile Zola

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Название Seine Exzellenz Eugene Rougon
Автор произведения Emile Zola
Жанр Языкознание
Серия Die Rougon-Macquart
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754188460



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örtliche Kommission vornahm, erkannte der Intendanturoffizier auf Rechtsgültigkeit der Aufbringung, ohne dem Prisengericht darüber Bericht zu erstatten. Herr Rodriguez jedoch hatte sich beeilt, beim Staatsrat Verwahrung einzulegen. Später war er gestorben, und sein Sohn hatte unter allen Regierungen vergebens versucht, die Angelegenheit vor einen anderen Gerichtshof zu ziehen, bis zu dem Tage, da ein Wort der inzwischen allmächtig gewordenen Tochter seiner Großkusine bewirkte, daß der Fall endlich zur Verhandlung kam.

      Über ihren Köpfen hörten die drei Abgeordneten die monotone Stimme des Präsidenten, der fortfuhr: »Vorlage eines Gesetzentwurfes, betreffend die Ermächtigung des Departements Calvados, eine Anleihe von dreihunderttausend Francs aufzulegen ... Vorlage eines Gesetzentwurfes, betreffend die Ermächtigung der Stadt Amiens, eine Anleihe von zweihunderttausend Francs zur Schaffung neuer Promenaden aufzulegen ... Vorlage eines Gesetzentwurfes, betreffend die Ermächtigung des Departements CôtesduNord, eine Anleihe von dreihundertfünfundvierzigtausend Francs aufzulegen, dazu bestimmt, die Defizite der letzten fünf Jahre zu decken ...«

      »Wahr ist«, sagte Herr Kahn, seine Stimme noch mehr dämpfend, »daß besagter Rodriguez einen sehr schlauen Einfall gehabt hat. Er besaß gemeinsam mit einem seiner Schwiegersöhne, der in New York ansässig war, Zwillingsschiffe, die beliebig unter amerikanischer oder spanischer Flagge reisten, je nach den Gefahren der Überfahrt ... Rougon hat mir versichert, daß das aufgebrachte Schiff tatsächlich dem Rodriguez gehörte und daß keineswegs ein Anlaß bestand, seinen Forderungen stattzugeben.«

      »Um so weniger«, fügte Herr Béjuin hinzu, »als das Vorgehen unangreifbar ist. Der Intendanturoffizier von Brest war nach dem Gewohnheitsrecht des Hafens durchaus befugt, auf Rechtsgültigkeit zu erkennen, ohne dem Prisengericht darüber Bericht zu erstatten.«

      Ein kurzes Schweigen trat ein. Herr La Rouquette, der mit dem Rücken gegen den Marmorsockel lehnte, hob den Kopf und versuchte, die Aufmerksamkeit der schönen Clorinde auf sich zu ziehen.

      »Weshalb aber«, fragte er naiv, »will Rougon nicht, daß man diesem Rodriguez die zwei Millionen gibt? Was macht ihm das schon aus?«

      »Das ist eine Gewissenssache«, sagte Herr Kahn ernst.

      Herr La Rouquette blickte seine beiden Kollegen nacheinander an; als er aber ihre feierlichen Mienen sah, lächelte er nicht einmal.

      »Außerdem«, fuhr Herr Kahn fort, als wolle er etwas verteidigen, das er nicht offen aussprach, »hat Rougon Ärger, seit Marsy Innenminister ist. Sie haben einander nie leiden können ... Rougon hat mir gesagt, daß er sich ohne seine Anhänglichkeit an den Kaiser, dem er bereits so viele Dienste erwiesen, längst ins Privatleben zurückgezogen hätte ... Kurz, er fühlt sich nicht mehr wohl in den Tuilerien und hält es für notwendig, ein neues Leben anzufangen.«

      »Er handelt als Ehrenmann«, wiederholte Herr Béjuin mehrmals.

      »Ja«, sagte Herr La Rouquette mit schlauer Miene, »wenn er sich zurückziehen will, ist die Gelegenheit günstig ... Aber immerhin, seine Freunde werden untröstlich sein. Sehen Sie doch den Oberst da oben, wie beunruhigt er aussieht; er hat so fest damit gerechnet, sich am nächsten 15. August11 das rote Band um den Hals binden zu können! ... Und die hübsche Frau Bouchard, die darauf geschworen hatte, daß der biedere Herr Bouchard vor Ablauf von sechs Monaten Abteilungschef im Innenministerium sein werde! Der kleine d'Escorailles, Rougons Goldkind, sollte am Namenstag der Frau Bouchard die Ernennungsurkunde ihres Gatten unter dessen Serviette legen ... Nanu, wo sind denn der kleine d'Escorailles und die hübsche Frau Bouchard geblieben?«

      Die Herren suchten sie. Schließlich entdeckten sie die beiden im Hintergrund der Loge, auf deren erster Bank sie bei Eröffnung der Sitzung gesessen hatten. Sie hatten sich dorthin ins Dunkle zurückgezogen, hinter einen alten kahlköpfigen Herrn; und beide verhielten sich sehr ruhig, waren sehr rot.

      In diesem Augenblick beendete der Präsident die Lesung. Mit etwas matter gewordener Stimme, die sich in der barbarischen Holprigkeit des Satzes verhedderte, sprach er die letzten Worte: »Vorlage eines Gesetzentwurfes, dessen Gegenstand die Genehmigung der Erhöhung des Zinsfußes einer mit Gesetz vom 9. Juni 1853 genehmigten Anleihe und eine außerordentliche Steuerauflage durch das Departement Manche bilden.«

      Herr Kahn war gerade einem Abgeordneten entgegengeeilt, der soeben den Saal betreten hatte. Er führte ihn zu den anderen und sagte: »Da ist Herr de Combelot ... Er hat wohl Neuigkeiten für uns.«

      Herr de Combelot, ein Kammerherr, den das Departement Landes auf einen ausdrücklich vom Kaiser geäußerten Wunsch hin zum Abgeordneten ernannt hatte, verbeugte sich zurückhaltend und wartete darauf, daß man Fragen an ihn richte. Er war ein hochgewachsener, schöner Mann, sehr hellhäutig, mit einem tiefschwarzen Bart, der ihm große Erfolge bei Frauen verschaffte.

      »Nun also«, fing Herr Kahn an, »was sagt man im Schloß? Wie hat sich der Kaiser entschieden?«

      »Mein Gott«, erwiderte Herr de Combelot mit schnarrender Stimme, »man sagt allerlei ... Der Kaiser ist dem Herrn Staatsratspräsidenten äußerst zugetan. Die Zusammenkunft ist bestimmt sehr freundschaftlich verlaufen ... Ja, sie ist sehr freundschaftlich verlaufen.«

      Und nach diesem mit Bedacht gesprochenen Wort hielt er inne, um festzustellen, ob er sich nicht zu weit vorgewagt habe.

      »Die Demission ist also zurückgezogen?« fragte Herr Kahn mit leuchtenden Augen.

      »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete der Kammerherr sehr beunruhigt, »ich weiß nichts. Sie werden verstehen, ich bin in einer besonderen Lage ...«

      Er beendete den Satz nicht, sondern begnügte sich mit einem Lächeln und beeilte sich, zu seiner Bank hinaufzugehen. Herr Kahn zuckte mit den Achseln und wandte sich an Herrn La Rouquette. »Aber da fällt mir ein, Sie müßten ja auf dem laufenden sein! Erzählt Ihnen Ihre Schwester, Frau de Llorentz, denn nichts?«

      »Oh, meine Schwester ist noch verschwiegener als Herr de Combelot«, sagte der junge Abgeordnete lachend. »Seit sie Palastdame ist, ist sie ernst wie ein Minister ... Allerdings hat sie mir gestern versichert, das Rücktrittsgesuch werde angenommen ... Dazu gibt es eine nette Geschichte. Man hat, scheint's, eine Dame zu Rougon geschickt, um ihn zu erweichen. Und wissen Sie, was Rougon getan hat? Er hat der Dame die Tür gewiesen, und dabei war es eine sehr reizvolle Dame.«

      »Rougon ist keusch und züchtig«, erklärte Herr Béjuin feierlich.

      Herr La Rouquette wurde von einem tollen Lachen gepackt. Er erhob Einspruch; er könne Tatsachen anführen, wenn er wolle.

      »Frau Correur nämlich ...«, murmelte er.

      »Niemals!« sagte Herr Kahn. »Sie kennen diese Sache nicht.«

      »Nun gut, dann die schöne Clorinde!«

      »Hören Sie doch auf! Rougon ist viel zu gescheit, um sich mit diesem Satan von einem Mädchen zu vergessen.«

      Und die Herren traten nahe zueinander und vertieften sich mit recht derben Worten in eine gewagte Unterhaltung. Sie erzählten sich die Anekdoten, die über die beiden Italienerinnen, Mutter und Tochter, halb Abenteuerinnen und halb vornehme Damen, in Umlauf waren; man traf sie überall an, wo es lebhaft zuging: bei den Ministern, in den Proszeniumslogen der kleinen Theater, in den gerade modernen Seebädern, in entlegenen Gasthöfen. Die Mutter, behauptete man, entstamme einem königlichen Bett; die Tochter, deren völlige Unkenntnis unserer französischen Konventionen einen originellen und sehr schlecht erzogenen »Satan von einem jungen Mädchen« aus ihr gemacht hatte, ritt beim Rennen Pferde zuschanden, zeigte sich an Regentagen mit schmutzigen Strümpfen und schiefgetretenen Stiefelchen auf der Straße, suchte mit dem dreisten Lächeln einer reifen Frau zu einem Ehemann zu kommen. Herr La Rouquette berichtete, sie sei zu einem Ball beim italienischen Botschafter, dem Cavaliere Rusconi, als Jagdgöttin Diana so entblößt erschienen, daß ihr tags darauf der alte Herr de Nougarède, ein sehr lüsterner Senator, beinahe einen Heiratsantrag gemacht hätte. Und bei dieser Geschichte blickten die drei Abgeordneten immer wieder zu der schönen Clorinde hinauf, die, ungeachtet der Hausordnung, die Mitglieder der Kammer der Reihe nach durch ein großes Opernglas betrachtete.

      »Nein, nein«, wiederholte