Eine wählerische junge Lady. Catherine St.John

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Название Eine wählerische junge Lady
Автор произведения Catherine St.John
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783748553120



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die Tanzenden, wobei sie und Lady Tenfield gelegentlich die Roben der Tänzerinnen kommentierten und dabei einen ähnlichen Geschmack konstatierten – besonders angesichts einer schockierend tief ausgeschnittenen Robe in einem Lilaton, der den Betrachterinnen die Augen tränen ließ. „Sehen Sie, wohin ihr Tänzer seinen Blick gerichtet hält?“, flüsterte Lady Tenfield. Melinda lachte auf. „Wohin sollte er angesichts einer derartigen Einladung denn sonst schauen? Sie wissen nicht zufällig, wer diese kühne Dame ist?“

      „Zufällig weiß ist es doch. Es handelt sich um Lady Forthhurst, eine geborene Ehrenwerte Selina Cuffley. Nicht ganz aus der allerobersten Schublade, fürchte ich.“

      „Wegen ihres allzu indezenten Geschmacks, meinen Sie?“

      „Und wegen ihrer Familie. Lord Cuffley ist für seinen Beitrag zur Wirtschaft geadelt worden, habe ich gehört; dann allerdings stellte sich dem Vernehmen nach heraus, dass er sich mit Armeelieferungen recht schamlos bereichert hatte. Man tuschelt, Lord Forthhurst bereue diese Eheschließung sehr. Andererseits soll ihm die gute Selina eine recht eindrucksvolle Mitgift eingebracht haben…“

      „Das ist ihm vielleicht ein Trost… und Lady Forthhurst ist offenbar keine Ehefrau nach dem Geschmack von Lord Wolves.“

      Lady Tenfield lachte so laut, dass sich andere nach ihr umdrehten. Sogar Lady Forthhurst warf ihr einen pikierten Blick zu, denn die alte Dame voller Unschuld erwiderte.

      Melinda fächelte sich Luft zu und sah harmlos lächelnd um sich, bis die Dame in Lila ihren Blick wieder auf ihren Tanzpartner richtete, der seinerseits immer noch in ihr Decolleté spähte.

      Kurz vor Mitternacht tanzte sie noch einmal mit Sebastian und beobachtete dabei Cecilia, die sich glänzend zu amüsieren schien und mit ihrem Partner, einem gut aussehenden, nicht mehr ganz jungen Gentleman, eifrig diskutierte, soweit die Figuren des Tanzes das zuließen.

      „Mit wem tanzt Cecilia da?“

      Sebastian sah sich bei der ersten Gelegenheit um. „Oh! Das ist Strathwick. Immerhin ein Graf… allerdings fast doppelt so alt wie Cecilia, aber ein gewandter Tänzer, wie man sieht. Und ein glänzender Redner. Strathwick strebt nach politischen Ämtern, vielleicht wird er in die nächste Regierung berufen.“

      „Oh! Das könnte Cecilia gefallen, sie interessiert sich doch so für Politik. Sie könnte eine einflussreiche Gastgeberin sein…“

      Sebastian lächelte. „Ein hübscher Gedanke, aber ich weiß nicht, ob Strathwick den Platz seiner Frau nicht anders sieht. Den Einfluss möchte er wohl eher in seiner Hand wissen. Nun, Cec hat doch noch viel Zeit, dies war ihr erster Ball. Hat er dir denn bis jetzt gefallen, mein Schatz?“

      Sie schmiegte kurz ihre Wange an sein Kinn. „Ganz wunderbar, aber auch recht erschöpfend. Ich könnte nicht jeden Abend einen solchen Ball mitmachen. Und Lady Tenfield ist absolut köstlich! Cecilia sollte sie sich gewogen halten, ich denke, sie könnte ihr recht nützlich sein, weil sie alles über alle weiß.“

      „Der Klatsch blüht? Ja, so ist es hier in dieser kleinen festgefügten Welt, in der man für den Rest des Landes wenig Interesse zeigt. Wenn Cec das kritisch sieht, hat sie meiner Meinung nach vollkommen Recht. Ich würde mich freuen, wenn ihr beide euch auch an Laura Preston, Dorothy Claremont und vielleicht Helen Prentice haltet.“

      „Wer ist das?“

      „Lady Helen ist die Frau von Sir Alan Prentice, der mit den Erfindungen seines Vaters und seinen eigenen Entwicklungen ein Vermögen erworben hat und sich sehr für Verbesserungen im East End einsetzt. Auf Bälle gehen sie zugegebenermaßen eher selten. Aber sie alle sind vernünftig und denken einigermaßen modern, ohne zu radikal zu werden.“

      „Was hältst du von dieser Lady Eloise?“

      Sie spürte sein Schulterzucken. „Ich kenne sie zu wenig. Sie wirkt zunächst ein wenig oberflächlich, aber vielleicht verbirgt sie ihre Qualitäten nur. Was denkst du?“

      „Sie war recht unhöflich zu Lady Tenfield. Und sie drängt sich Cecilia geradezu auf, obwohl ich nicht weiß, warum eigentlich. Soll Cecilia ihr helfen, einen Gemahl zu finden?“

      „Du wirst es herausfinden, es gibt schließlich noch mehr Bälle.“ Er lächelte auf sie herunter, während die Musik verklang, dann führte er sie fürsorglich zu ihrem Platz zurück. Einen Moment später gesellte sich Cecilia zu ihnen, die Hand zierlich auf dem Frackärmel des Grafen von Strathwick, der seinerseits Melinda und Sebastian etwas förmlich, aber sehr freundlich begrüßte und Cecilia als ausgesprochen anregende Gesprächspartnerin lobte.

      Cecilia selbst lachte dazu nur: „Soweit uns die Figuren des Tanzes ein Gespräch ermöglicht haben, meinen Sie wohl, Mylord?“

      Strathwick hob anerkennend die Brauen. „Schlagfertig… das findet man bei jungen Damen nicht so häufig, Respekt!“

      Melinda beobachtete die Szene durchaus beifällig, aber dann irrte ihr Blick ab und fiel auf Lady Eloise, die Cecilia mit starrem Blick betrachtete – und freundlich wirkte dieser Blick nicht.

      „Fühlen Sie sich nicht wohl, Lady Eloise?“

      Die Angesprochene zuckte zusammen und schüttelte den Kopf. „N-nein, danke, Lady Hertwood, ich habe nur gerade an etwas anderes gedacht. Miss Herrion ist wirklich sehr hübsch, nicht wahr?“

      „Oh ja, das denke ich auch. Und sie hat obendrein ein reizendes Wesen und sehr viel Verstand.“ Das kam etwas schärfer heraus, als Melinda es beabsichtigt hatte, aber Lady Eloise schien das gar nicht bemerkt zu haben.

      Ein Gong ertönte und Sebastian eilte an die Seite seiner Frau. „Darf ich dich zum Mitternachtssouper geleiten?“

      Mrs. Ramsworth hatte beim Souper keine Kosten gescheut und die erlesensten Speisen aufgefahren. Cecilia allerdings schien sich an der festlichen Tafel nicht allzu wohl zu fühlen. Vielleicht lag das an ihrem Tischherrn – ausgerechnet Wolves hatte diesen Platz ergattert und es sah auch aus, als halte er ihr Vorträge über das richtige Verhalten junger Frauen – zu Hause sitzen und Taschentücher besticken, vermutete Melinda, die ihn unfreundlich musterte.

      Cecilia hielt den Kopf gesenkt und spielte lustlos mit den Häppchen auf ihrem Teller herum, dann sah sie auf, direkt zu Melinda, und verdrehte recht deutlich die Augen.

      Melinda lächelte mitfühlend, wusste aber auch nicht, wie sie Cecilia erlösen konnte. Sie hätte sich aber denken können, dass Cecilia sich selbst zu helfen wusste, erkannte sie, als Cecilia auf ihrem Stuhl zusammenzusinken schien und dabei wie beiläufig Wolves´ Weinglas umstieß, so dass sein Hemd vor roter Nässe glitzerte. Wolves sprang empört auf und Cecilia sank sehr überzeugend in Ohnmacht.

      „Das ist doch…!“

      Melinda umrundete eilig die Tafel und bemühte sich zusammen mit Mrs. Ramsworth, die Kranke wieder zum Leben zu erwecken. Diese kam auch sehr kunstvoll wieder zu sich, während Wolves recht töricht daneben stand und nur immer stammelte: „Was ist denn das…? Was soll ich jetzt…? Ist sie nicht gesund…?“

      Mrs. Ramsworth sah leicht belästigt zu ihm auf. „Das ist der erste Ball der Saison, dabei werden die Anstrengungen oft unterschätzt.“

      Dorothy Claremont murmelte: „Und Wolves´ Konversation ist ebenfalls gesundheitsschädlich.“ Ihre Umgebung lachte, was Wolves zu empörten Blicken in die Runde veranlasste. Cecilia erhob sich, von Melinda und Mrs. Ramsworth gestützt, von ihrem Stuhl und beteuerte mit schwächlicher Stimme, sich wieder ausgezeichnet zu fühlen.

      „Nein“, wandte Melinda ein, „wir sollten nach Hause fahren, damit du dich richtig erholen kannst. So wundervoll der Ball war, Mrs. Ramsworth, hoffe ich doch, dass Sie uns diesen vorzeitigen Aufbruch verzeihen können?“

      Diese lachte beruhigend. „Natürlich! Und ich bin sicher, wir werden uns nach auf vielen anderen Bällen treffen. Dort hat Miss Herrion hoffentlich etwas mehr Glück mit ihren Tischherren…“

      Dies hatte sie offenbar nicht leise genug geäußert, denn Lord Wolves empörte sich sichtlich, wagte aber wohl nicht, sich deutlich gegen diese