Gedichte. Friedrich Wilhelm Nietzsche

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Название Gedichte
Автор произведения Friedrich Wilhelm Nietzsche
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783750290280



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so nennt man mich –

      Überall hin, wo ein Flämmchen

      Für mich glüht, lauf ich ein Lämmchen

      Meinen Weg sehnsüchtiglich:

      Immer war ich solch ein Lämmchen.

      Engelchen: so nennt man mich –

      Glaubt ihr wohl, dass wie ein Hündchen

      Bell'n ich kann und dass mein Mündchen

      Dampf und Feuer wirft um sich?

      Ach, des Teufels ist mein Mündchen!

      Engelchen: so nennt man mich –

      Sprach ein bitterböses Wörtchen

      Einst, dass schnell zum letzten Oertchen

      Mein Geliebtester entwich:

      Ja, er starb an diesem Wörtchen!

      Engelchen: so nennt man mich –

      Kaum gehört, sprang ich vom Klippchen

      In den Grund und brach ein Rippchen,

      Dass die liebe Seele wich:

      Ja, sie wich durch dieses Rippchen!

      Engelchen: so nennt man mich –

      Meine Seele, wie ein Kätzchen,

      Tat eins, zwei, drei, vier, fünf Sätzchen,

      Schwang dann in dies Schiffchen sich –

      Ja, sie hat geschwinde Tätzchen.

      Engelchen: so nennt man mich –

      Jetzt ein Schiff, dereinst ein Mädchen,

      Ach, noch immer sehr ein Mädchen!

      Denn es dreht um Liebe sich

      Stäts mein feines Steuerrädchen.

      »Pia, caritatevole, amoresissima«

      (Auf dem campo santo)

      O Mädchen, das dem Lamme

      Das zarte Fellchen kraut,

      Dem Beides, Licht und Flamme,

      Aus beiden Augen schaut,

      Du lieblich Ding zum Scherzen,

      Du Liebling weit und nah,

      So fromm, so mild von Herzen,

      Amorosissima!

      Was riss so früh die Kette?

      Wer hat dein Herz betrübt?

      Und liebtest du, wer hätte

      Dich nicht genug geliebt? –

      Du schweigst – doch sind die Tränen

      Den milden Augen nah:

      Du schwiegst – und starbst vor Sehnen,

      Amorosissima?

      Vogel Albatross

      O Wunder! Fliegt er noch?

      Er steigt empor und seine Flügel ruhn!

      Was hebt und trägt ihn doch?

      Was ist ihm Ziel und Zug und Zügel nun?

      Er flog zu höchst – nun hebt

      Der Himmel selbst den siegreich Fliegenden:

      Nun ruht er still und schwebt,

      Den Sieg vergessend und den Siegenden.

      Gleich Stern und Ewigkeit

      Lebt er in Höhn jetzt, die das Leben flieht,

      Mitleidig selbst dem Neid –:

      Und hoch flog, wer ihn auch nur schweben sieht!

      O Vogel Albatross!

      Zur Höhe treibt’s mit ew’gem Triebe mich!

      Ich dachte dein: da floss

      Mir Trän’ um Träne – ja, ich liebe dich!

Lieder des Prinzen Vogelfrei

      An Goethe

      Das Unvergängliche

      Ist nur dein Gleichnis!

      Gott der Verfängliche

      Ist Dichter-Erschleichnis …

      Welt-Rad, das rollende,

      Streift Ziel auf Ziel:

      Not – nennt's der Grollende,

      Der Narr nennt's – Spiel …

      Welt-Spiel, das herrische,

      Mischt Sein und Schein: –

      Das Ewig-Närrische

      Mischt uns – hinein! ...

      Dichters Berufung

      Als ich jüngst, mich zu erquicken,

      Unter dunklen Bäumen sass,

      Hört' ich ticken, leise ticken,

      Zierlich, wie nach Takt und Maas.

      Böse wurd' ich, zog Gesichter, –

      Endlich aber gab ich nach,

      Bis ich gar, gleich einem Dichter,

      Selber mit im Tiktak sprach.

      Wie mir so im Verse-Machen

      Silb' um Silb' ihr Hopsa sprang,

      Musst' ich plötzlich lachen, lachen

      Eine Viertelstunde lang.

      Du ein Dichter? Du ein Dichter?

      Steht's mit deinem Kopf so schlecht?

      – »Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter«

      Achselzuckt der Vogel Specht.

      Wessen harr' ich hier im Busche?

      Wem doch laur' ich Räuber auf?

      Ist's ein Spruch? Ein Bild? Im Husche

      Sitzt mein Reim ihm hintendrauf.

      Was nur schlüpft und hüpft, gleich sticht der

      Dichter sich's zum Vers zurecht.

      – »Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter«

      Achselzuckt der Vogel Specht.

      Reime, mein' ich, sind wie Pfeile?

      Wie das zappelt, zittert, springt,

      Wenn der Pfeil in edle Teile

      Des Lacerten-Leibchens dringt!

      Ach, ihr sterbt dran, arme Wichter,

      Oder taumelt wie bezecht!

      – »Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter«

      Achselzuckt der Vogel Specht.

      Schiefe Sprüchlein voller Eile,

      Trunkne Wörtlein, wie sich's drängt!

      Bis ihr Alle, Zeil' an Zeile,

      An der Tiktak-Kette hängt.

      Und es gibt grausam Gelichter,

      Das dies – freut? Sind Dichter – schlecht?

      – »Ja, mein Herr, Sie sind ein Dichter«

      Achselzuckt der Vogel