Название | Der Ruf aus Kanada |
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Автор произведения | Rudolf Obrea |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847620402 |
Die unerwartete Begegnung, vor Allem die mit seinem Landsmann Max Weber, hatte Sven neugierig gemacht. Auf dem Weg zu seiner Wohnung fragte er deshalb Jim:“Kannst du mir etwas mehr über diesen Max erzählen?“ „Er ist ein Deutscher, den seine Firma vor etwa einem Jahr nach hier geschickt hat, und einer, der über seine deutschen Kontakte sehr schnell zum Erfolg bei einigen Großfirmen, vor allem in der Automobilbranche, gekommen ist. Er nutzt seine Beziehungen geschickt aus und ich würde mich nicht wundern, wenn er momentan gerade über Arne als Gönner und notwendigen Bürgen versucht, Mitglied bei unserem Segelclub zu werden.“ „Keine schlechte Idee, wenn jemand als Vertreter ins Geschäft kommen will“ erwiderte Sven. Jim schien dieser Einwand wenig zu beeindrucken: „Du hast recht. Max muss einschlägige Erfahrungen mit diesem althergebrachten Geschäftssystem haben, bei dem Beziehungen die Hauptrolle spielen. Er versucht deshalb, sich bei den hiesigen, oft noch sehr einflussreichen, englischen Kreisen einen Zugang zu verschaffen. Dieses scheint sehr leicht zu sein, gelingt aber meist nur an der Oberfläche. Andererseits, und dabei nahm sein Gesicht einen geradezu zornigen Blick an, sind wir auch keine englische Kolonie mehr, in der über einen eng miteinander verflochtenen Handel alle Geschäfte beherrscht werden. Ich begegne bei meinen Geschäftsreisen in erster Linie selbstbewussten, eigenständigen Partnern, die vor Allem meine Fachkompetenz prüfen wollen. Die mühsam errungene Freiheit in Nordamerika besteht auch darin, dass jeder als einzelner bei den zuständigen Entscheidungsträgern Beachtung findet, wenn er den Vorteil seiner Idee oder seines Produktes überzeugend darstellt. Beziehungen helfen am Anfang, werden aber nüchtern und fachkundig beurteilt und nicht mehr honoriert, wenn der versprochene Vorteil ausbleibt.“
Obwohl Sven diese Argumentation gefiel, musste er trotzdem die erwähnte Projektbeteiligung von Max berücksichtigen. Er versuchte deshalb die offensichtliche Erregung und Abneigung von Jim mit dessen stets offenem Ohr für einen flotten Ausspruch zu normalisieren, indem er mit ernster, fast trauriger Miene sagte: „ Die Reise mit dem Luftballon ist ein tolles Erlebnis. Nur schade, wenn er platzt.“ Der Ire verstand sofort und lachte, sodass der wunderbare Tag beim Abschied wieder gerettet war.
1.5
Am Wochenbeginn startete Sven zu seiner ersten Fahrt nach Bancroft, dem Ort, den keiner seiner Freunde kannte, dafür aber alle bereits dem Gebiet des einsamen Nordens zurechneten und der trotzdem, wie bei seinem Beruf schon öfters der Fall, zum Zentrum seiner vorläufigen Aktivitäten bestimmt worden war.
Auf dem Highway 401 in Richtung Osten bemerkte er zunächst nichts von der Einsamkeit. Die Strecke verbindet Toronto mit Montreal, der zweitgrößten Stadt Kanadas und besitzt bis Oshawa, Torontos Zentrum der Schwer- und Autoindustrie, jeweils acht Fahrspuren auf jeder Seite. Erst als sich danach einige Lücken zwischen den rechts fahrenden Lastwagenkolonnen auftaten, bekam Sven einen Blick auf die Wasserfläche des Ontariosees. Der Highwasy blieb anschließend ca. 100 km an seiner Seite und Seebreite erlaubte nicht, das gegenüberliegende, zur USA gehörende Ufer zu erkennen. Kurz hinter Port Hope erreichte er die Abzweigung der Highway 28, die ihn über Peterborough, dem zentralen Ort dieser Gegend, bis nach Bancroft führen sollte. Die noch verbleibende Strecke von ca 200 km bis zu seinem Ziel in der nördlichen Region Ontarios kündigte sich dadurch an, dass ihn zunächst bis Peterborough eine hügelige Feld- und Wiesengegend begleitete, die mit Farmhäusern und kleinen Ortschaften durchsetzt, eine wohlhabende Landwirtschaftdemonstrierte.
Peterborough selbst zeigte ein reges Leben. Die Stadt besitzt als alte, englische Siedlung gepflegte Anwesen, die in parkartigen Vororten eingebettet sind. Das Lehrpersonal von mehreren bekannten Internatsschulen bewahrt das englische Kulturerbe im besonderen Maße und verleiht damit dem Ort eine spezielle Note. Sven fand ein gemütliches Restaurant für die Mittagspause. Anschließend benötigte er jedoch alle seine Orientierungskünste, um die jetzt zweispurige Landstraße Nr. 28 für seine Weiterfahrt zu entdecken.
Wie seine Freunde in Toronto vorausgesagt hatten, änderte sich wiederum nicht nur die Straße sondern auch die Landschaft. Zunächst passierte er mehrere Seen, deren Ufer sich viele Wassersportler aus der Großstadt mit Sommerhäuschen zum Ferienparadies ausgebaut hatten. Anschließend verschluckte ihn eine schier endlose Waldfläche. Rasch erlahmte der Verkehr und bestand vorwiegend aus den hoch mit Schnittholz beladenen Ungetümen von Trailer-Trucks, die die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 kmh sträflich missachteten, sowie aus gelegentlich vorbeikommenden Pick-ups der weit verstreut in irgendeinem Versteck wohnenden Einheimischen. Ab und zu zweigten zu beiden Seiten Schotterstraßen ab, deren Richtungsschilder auf kleine, unsichtbare Ortschaften hinwiesen, aber nicht zum Abbiegen verleiteten. Ein Fußmarsch in den Wald barg die Gefahr des sofortigen Verirrens.
Als die Straße über einige langgezogene Hügel führte, erkannte Sven durch die Bäume hindurch den auf seiner Karte eingezeichneten, in einer Talsohle gelegenen, weit verzweigten Paudash See und wusste, dass Bancroft nicht mehr weit sein konnte. Erleichtert erreichte er nach der langen Fahrt durch die gleichförmige, nur zwischen Bäumen, Sträuchern und unzähligen Blättern abwechselnde Einsamkeit seinen Bestimmungsort. Er übersah die einfachen, weiß gestrichenen Holzhäuser am Ortseingang und beglückwünschte sich erst, als er im „Sword“, einem ältlichen, einfachen Hotel im Zentrum ankam..
Eine ältere Dame in dunkelblauem Kostüm empfing ihn mit dem geschäftlich aufgesetzten freundlichen Blick. Ihr hagerer Gesichtsausdruck mit den von der Nase zu den Mundwinkeln ausgehenden Falten verriet sie als strenge, kaum zum Scherzen aufgelegte Hausherrin. Gewissenhaft prüfte sie seine Reservierung als Sven Fahrenholz und führt ihn, nachdem sie sich als Miss Wendworth vorgestellt hatte, zu seinem Zimmer im Erdgeschoß eines neuen Nebengebäudes. Sven war von der modernen Einrichtung des Raumes überrascht und genoss den zumindest hier wieder gewonnenen Komfort. Zusätzlich zeigte der Blick aus dem großen Fenster auf einen gepflegten Garten, der mit dem Ufer eines kleinen Baches abschloss. Das „Ende der Welt“ ließ sich mit diesem vorläufigen Reiseergebnis durchaus ertragen.
Am nächsten Morgen wurde Sven nach einem reichhaltigen Frühstück, im hiesigen Countrystyle aus Spiegeleiern, Schinken und Steak bestehend, von Ron Harrington, dem Projektleiter des Kunden, abgeholt. Trotz seines gesetzten Alters von ca. 50 Jahren erschien er in Jeanskleidung, unterstrich seine Funktion jedoch durch eine große, kräftige Gestalt und
einen freundlichen Gesichtsausdruck, der bei den graublauen Augen und den darüber sozusagen als Betonung angeordneten, breiten, grauen Augenbrauen eine prüfende Haltung erkennen ließ.
Während der Fahrt zur Baustelle, die sich nördlich, etwas außerhalb des Ortes befand, erkundigte sich Ron, wie üblich, zunächst nach Fahrt und Unterkunft seines Gastes und offerierte die Anrede mit ihren Vornamen und den Hinweis, das beide als zukünftige Kollegen sicherlich aufeinander angewiesen seien. Den Grund dieser Andeutung erfuhr Sven, nachdem sie in Rons Büro, einem kleinen Raum im hinteren Teil eines Baucontainers und nur durch Rons Schreibtisch voneinander getrennt, Platz genommen hatten. Mit einem etwas skeptischen Ton in der Stimme sprach Ron jetzt sofort über die Arbeit.„Wir stecken noch Mitten in den Vorbereitungen, die nicht immer nach Plan verlaufen. Ich selbst bin bereits seit einem halben Jahr hier, komme von unserem regionalen Zentralbüro in Montreal und bin als Francokanadier fast ein Ausländer wie du. Erst langsam verstehe ich die hiesige Mentalität der Leute und kann meine Vorgaben durchsetzen.“ Sven, der mit seinen Baustellen bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hatte und dabei allerdings