Название | Preis des aufrechten Gangs |
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Автор произведения | Prodosh Aich |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783737500289 |
Außer uns beiden ist sonst keiner ins Motorboot gestiegen. Von dem Ankerplatz ist die Stadt so weit entfernt, daß unser Frachter nur langsam aus dem Blick verschwindet. In Augenblick kommen nur Schiffe aus Port Suez. Der Ausstieg aus dem Motorboot ist problemlos. Es ist nicht viel los am Vormittag. Wir laufen langsam in Richtung Stadt. Eigentlich wissen wir nicht, wohin wir gehen sollen. In einiger Entfernung sehen wir eine Moschee. Wir nehmen diese Richtung. In der Nähe der Moschee spricht uns einer an. Auf Englisch. Ein älterer, freundlicher Herr. Er ist erfreut, nachdem wir uns alles erzählt haben, was in so einer Situation zu erzählen ist. Indien, das heißt Nehru, ein großes Land, meint der ältere, freundliche Herr. Ich habe nicht gewußt, in welcher Hochachtung Indien im muslimischen Ägypten trotz der Kriege zwischen Indien und Pakistan steht. Und deutschfreundlich waren die Ägypter schon immer. Er heißt uns willkommen und fragt uns, ob wir die Moschee von innen besichtigen wollen. Wir wollen.
Er verhält sich wie ein Fremdenführer. Innen ist die Moschee sehr weitläufig. Mit vielen unterteilten Räumlichkeiten. Eine große Halle und viele kleinere Hallen unterschiedlicher Größe. Die Fußböden der Hallen sind mit Teppich bedeckt, praktisch von Wand zu Wand. Nicht wie in Europa mit Teppichböden. Die Teppiche haben unterschiedliche Muster, unterschiedliche Farbtöne, auch unterschiedliche Größen. Aber zusammen wirken sie wie ein einziger Schmuck, wie ein Gemälde in einem riesigen, sonst schmucklosen Bauwerk. Wie nehmen uns Zeit. Draußen ist es schon heiß. Im Inneren der Moschee ist es angenehm kühl. Als wir schließlich aus der Moschee kommen, wollen wir uns von unserem ägyptischen „Fremdenführer“ verabschieden. Er ist damit nicht einverstanden. Er will uns doch die Stadt noch zeigen. Wir stimmen zu. Wir spazieren gemächlich immer auf der Schattenseite der Straßen und besichtigen die wenigen Sehenswürdigkeiten. Am frühen Nachmittag haben wir Hunger, obwohl die Hitze bereits unappetitlich stark ist. Wir suchen so etwas wie ein Café auf und imbissen. Während dessen unterhalten wir uns, über nichts Bestimmtes und fragen beiläufig, warum die Stadt so leer ist. Wir haben den Freitag erwischt. Als wir im Café bezahlen wollen, ist er uns fast böse. Wir sind heute seine Gäste. Er hätte sich so gefreut, mit uns durch die Stadt zu spazieren und daß wir keine Hetze hatten und überhaupt. Nichts zu machen. Er setzt seinen Willen durch. Er weiß und wir wissen, daß wir uns im Leben nie wieder begegnen werden. Was für eine Gastfreundschaft!
Es wird bald dunkel. Wir sind traurig, daß wir nichts von dem Warenangebot gesehen haben, weil der Bazar auch nachmittags nicht geöffnet wird. Als wir traurig erwähnen, daß wir nicht wissen, wann wir wieder ägyptischen Boden betreten werden, versteht er unser Bedrücktsein. Er meint, wenn es uns das Warenangebot im Bazar wirklich interessieren würde, könnte er das schon arrangieren. Aber wir würden dann nicht mehr im Hellen aufs Schiff gehen können, meint er. Na, wenn schon! Wir begleiten ihn genauso gemächlich wie vorher zu dem Einkaufsviertel. Ein Laden neben dem anderen. Leider sind alle zu. Mit Holzläden. Er bittet uns dort, etwas zu warten. Nach einiger Zeit kommt er in Begleitung eines jüngeren Mannes zurück. Dieser macht seinen Laden auf. Unser Begleiter versichert uns, daß wir nichts kaufen müßten. Einige Neugierige kommen auch dazu. Es hat sich herumgesprochen, daß unser Begleiter Gäste hat.
Das Angebot ist vielfältig: diverse Lederwaren, Schmiedearbeiten, auch in Gold und Silber, und Edelsteine. Wir dürfen alles genau betrachten. Der Händler ist freundlich und geduldig. Vieles hätten wir gern gekauft. Aber wir erkundigen uns nicht einmal nach den Preisen. Wir haben auch keinen Vergleich. Und Geld auch nicht, leider. Zum Schluß zeigt er uns Schmuck und Edelsteine, auch Alexandrite. Wunderschöne Steine, die je nach Lichteinfall grün, blau und dunkellila durchschimmern. Meine Frau ist hingerissen. Sie betrachtet intensiv einen Stein. Der Ladeninhaber und unser Begleiter unterhalten sich. Am Ende der Unterhaltung sagt uns unser Begleiter, also drei englische Pfund müßte der Ladeninhaber für den Stein wirklich haben. Der Stein hat ca. 18 Karat. Es kommt uns fast wie ein Geschenk vor. Meine Frau trägt den Stein gefaßt in einem Ring heute noch am liebsten. Wir werden schließlich bis zum Motorboot begleitet. Was für ein schöner Tag in Port Said!
Dieses Erlebnis und zuvor die Warnungen auf dem Schiff beschäftigen uns lange. Selbst die Ein– und Ausfahrt in Jidda, gelotst von einem Araber in landeseigener Kleidung, lenken uns nicht ab. Auch nicht die britischen Soldaten mit angezogenen Schnellfeuerwaffen an jeder Straßenecke in der zollfreien Hafenstadt Aden, das reiche Angebot an internationalen elektrotechnischen Konsumgütern oder die papierfressenden Ziegen auf den gepflasterten Straßen. Uns bleibt es ein Rätsel, wie die deutschen Seeleute auf dem Schiff zu dem negativen Urteil über die Ägypter gelangt waren und wo sie ihre Erfahrungen mit den Ägyptern gesammelt haben. Durch den Rotlichtviertel waren wir natürlich nicht spaziert und auch nicht in eine Bar eingekehrt. Aber gibt es diesbezüglich überhaupt Unterschiede zwischen den Städten oder den Ländern?
Ansonsten haben wir schlicht in den Tag hineingelebt, das heißt gefaulenzt ohne zu bedenken, daß selbst wenn alles gut geht, wir eine sehr ereignisreiche und hektische Zeit vor uns haben werden. Entwürfe von möglichen unterschiedlichen Szenarien hätten für uns durchaus hilfreich sein können. Fehlanzeige. Wir verließen uns einfach darauf, daß die Lehrveranstaltungen mir kein Problem bereiten dürften, und auf die Durchführung der geplanten Interviews der „Zurückgekommenen“ sind wir ja bestens vorbereitet. Das Erhebungsinstrument stand schon. Umfangreiche Voruntersuchungen würden wahrscheinlich nicht nötig sein. Also wozu Szenarien entwerfen, schwarzmalen? Erholung hatten wir schließlich auch nötig. Im Nachhinein muß ich mir schwere Vorhaltungen machen, so arglos, so sorglos, so naiv, so vertrauensselig, so faul, so gedankenlos und so geschichtslos gewesen zu sein – insbesondere in jenen Tagen auf dem Schiff.
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Das Zimmer im Gästehaus der Universität in Jaipur ist von Sonnenschein überflutet als wir wach werden. Der Morgen ist kühl, obwohl die Sonne schon warm ist. Die Holzfensterläden im Speisesaal sind bereits beim Frühstück zugezogen, damit die Hitze nicht in den Saal eindringt. Die Abdunkelung ist das kleinere Übel. Wir nehmen uns Zeit, bevor der erste Arbeitstag für mich beginnt. Unnithan holt mich kurz nach 10.00 Uhr ab. Der Tag ist bereits heiß. Wir müssen etwa 10 Minuten laufen bis zu dem „Department“. Unnithan empfiehlt mir, für den nächsten Tag einen Sonnenschirm zu besorgen, einen wie seinen. Trotz der geringen Luftfeuchtigkeit bin ich fast durchgeschwitzt. Unnithan nicht. Unter dem Schirm ist es kühler.
Es ist ein freistehendes Gebäude ohne Stockwerke mit hohen Räumen. In den Räumen ist es auch ohne die obligatorischen elektrischen Ventilatoren kühl. Vier Departments sind dort untergebracht. Ökonomie, Politik, Statistik und Soziologie. Das Gebäude ist von allen vier Seiten begehbar. Individuelle Arbeitsräume gibt es nur für die „Head of the Department“. Die übrigen Kollegen teilen sich einen Raum jeweils in einem Department. Keine richtig eigenen Arbeitsplätze.
Die Veranstaltungen beginnen um 11.00 Uhr. Nach 18.00 Uhr ist dieser Teil des Campus leer. Nur die heißeste Tageszeit wird für die Veranstaltungen genutzt. Warum? Weil es schon fast immer so gewesen ist. Ich weiß dies auch aus meiner eigenen Schul– und Studienzeit. Auch eine koloniale Hinterlassenschaft. Unnithan und auch andere Kollegen, es sind im Ganzen vier, haben meiner Bitte großzügig entsprochen, daß ich in den ersten Tagen auch ihre Veranstaltungen besuchen darf, immer wenn ich frei habe. Ich nehme die Gelegenheit schon am ersten Tag wahr.
Noch vor dem Abendessen besichtigen wir jene Unterkunft im sogenannten „Teachers' Hostel“, die für uns reserviert worden war. Der Weg führt vom „Guest House“ zur sogenannten „residential area“ vom Südwestrand hin zum Südostrand des Campus. Zu Fuß ca. 15 Minuten. Es ist das einzige Gebäude im Campus mit mehreren Stockwerken. Es ist noch im Bau. Die für uns vorgesehene Unterkunft ist noch lange nicht bezugsfertig. Es sind zwei kleine Räume mit einer Kochnische und einem kleinen Badezimmer. Das Platzangebot reicht nicht einmal für unsere mitgeschleppten Koffer, von einem eigenen Arbeitsplatz ganz zu schweigen. Deshalb informiere ich Unnithan, daß wir wohl solange im Guest House bleiben müssen, bis wir in einer Wohnung oder in einem Haus untergebracht werden können. Selbst die Suites im Guest House sind geräumiger als die Unterkunft im Teachers' Hostel. Unnithan versteht uns und macht uns Hoffnung, daß wir in wenigen Wochen vielleicht sogar mit einem Haus auf dem Campus rechnen könnten.
Ich