Название | Viktoria Kaminski Flüchtling aus einer anderen Zeit |
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Автор произведения | Dieter Scharnhorst |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742798954 |
Dieter Scharnhorst
Viktoria Kaminski Flüchtling aus einer anderen Zeit
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Inhaltsverzeichnis
Viktoria Kaminski Flüchtling aus einer anderen Zeit
Viktoria Kaminski Flüchtling aus einer anderen Zeit
Viktoria Kaminski, geboren am 25. Juni 1924, begegnete mir am 29. August 2015 auf La Gomera, aber nicht als alte Frau, sondern als 21 jähriges Flüchtlingsmädchen aus dem 2. Weltkrieg.
Wie ist es dazu gekommen?
Ich werde von vorne beginnen, sogar noch bevor sie geboren wurde.
Ihre Mutter, war wie sie, eine wunderschöne Frau, die bei ihrem Bruder auf einem Kuhdorf in Pommern lebte. Der dortige katholische Pfarrer hatte natürlich ein Auge auf die schöne Brigitte geworfen, ihre Mutter, und diese half ihrem Bruder, der Ministrant in der Kirche war. Aber eines Tages lockte der Pfarrer sie unter einem Vorwand in die Küche des Pfarrhauses und verging sich an ihr. Für sie war das alles unbekannt, kannte sie doch nichts Sexuelles und war auch nicht aufgeklärt. So nutzte der schändliche Pfarrer jede Gelegenheit, sich ihr zu nähern und sein unzüchtiges Spiel mit ihr zu treiben, bis es sichtbar war und Brigittes Bauch immer dicker wurde. Ihrem Bruder fiel natürlich auch die körperliche Veränderung auf, und er stellte seine Schwester daraufhin zur Rede. Aber sie schwieg zu alle dem, und im Dorf kursierten die schlimmsten Gerüchte, wer wohl der Vater zu sein schien. Der Verdacht fiel dort auf den reichsten Bauern, weil man sie des Öfteren zusammen gesehen hatte, aber auf den ehrwürdigen Pfarrer kam man natürlich nicht.
Das kleine Haus mit Garten, bewohnt vom Bruder und seiner Schwester, wurde von der gegenüberliegenden Kirche nur durch eine Straße getrennt. Als Brigitte nun schwanger war, rührte sie der Pfarrer nicht mehr an. Aber sie musste weiter im Haushalt des ehrenwerten Geistlichen tätig sein, und der Bruder half ihm in allen Dingen in der Kirche. Für sie war es eine Zumutung, jeden Tag ihren Peiniger unter die Augen zu treten und ihn auch noch zu ertragen. Er drohte ihr, sie umzubringen, wenn sie nur ein Sterbenswörtchen verlauten ließe.
So wurde am 25.6.1924 Viktoria geboren, und ihre Mutter Brigitte, die selber noch keine 18 Jahre alt war und von zierlicher Gestalt, brachte ihr Kind nur mit Hilfe einer Hebamme zu Hause zur Welt. Natürlich kam gleich nach der Geburt wieder die Frage auf, wer wohl der Vater sei. Auch beim Registrieren von Viktoria im Amt gab Brigitte immer noch nicht den Namen des Vaters an, worüber ihr Bruder immer wütender wurde. Einige Zeit später taufte Pfarrer Josef seine eigene Tochter Viktoria.
Brigitte schwieg weiter und niemand erfuhr die Wahrheit.
So verstrich die Zeit und Brigitte führte fleißig ihren eigenen Haushalt nebst dem des Pfarrers, und der rührte sie nie wieder an.
Kapitel 2
So wuchs die kleine Viktoria bei Mutter, Onkel und Pfarrer auf, und jeder im Dorf ließ es sie verächtlich spüren, dass sie ein Bastard war, auch ihr Onkel und der Pfarrer taten desgleichen.
Sie zog sich immer weiter in sich zurück, nur ihre Mutter gab ihr den nötigen Halt. Als sie größer war wollte sie endlich in Erfahrung bringen, wer eigentlich ihr Vater sei, aber auch jetzt waren noch immer die Lippen ihrer Mutter verschlossen.
Viktoria wurde früh zur Arbeit herangezogen und musste bald die leichten Pflichten ihrer Mutter übernehmen.
1930 kam sie mit sechs Jahren zur Schule und hatte auch dort kein angenehmes Leben. Sie litt unter der Lieblosigkeit und den schälen Blicken der Bewohner und Schüler ihres Dorfes. Aber durch ihre Schönheit, Klugheit und Liebenswürdigkeit war sie allen ihren Mitschülern ein Dorn im Auge und wurde dadurch noch mehr ins Abseits gestellt. Obwohl sie so ein schweres Schicksal hatte, blieb sie immer zuvorkommend, mitfühlend und bescheiden und träumte immer von einem Menschen, der sie liebt.
Die Jahre vergingen, und der Alltag von Viktoria bestand aus dem täglichen Schulbesuch, anschließenden Hausarbeiten bei ihrer Mutter und dem Onkel, und die anfallenden Arbeiten in der Pfarrei und Kirche wurden ihr auch noch aufgebürdet.
Es besserte sich für sie in keiner Hinsicht, auch nicht, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, ganz im Gegenteil, denn man wurde auch in dessen Dienst mit einbezogen, und es war auch Vorschrift, jetzt bei jeder Gelegenheit den rechten Arm zum Gruß zu heben. Als dann die Nazis voll die Macht übernahmen, wechselte der Pfarrer sein Gewand und es wurde schön braun. Durch ihre polnisch-jüdische Abstammung wurde für Viktoria, ihrer Mutter und dem Onkel das Leben immer unerträglicher.
In den Kriegsjahren und auch danach war für sie immer noch keine Besserung eingetreten. Der Onkel wurde eingezogen, kämpfte in Russland und fiel dort. Gerade als sich Viktoria mit ihrer Mutter auf der Flucht in den Westen befand, kam Brigitte bei einem Luftangriff ums Leben. Jetzt hatte sie das Einzige, das Liebste, ihre Mutter verloren. Viktoria war inzwischen 21 Jahre alt geworden, und mit einem Handwagen machte sie sich mit anderen Flüchtlingen auf den Weg.
In einem verlassenen Haus verschlief sie vor Erschöpfung die Weiterreise des gesamten Flüchtlingstrecks und war nun auf sich allein gestellt.
Kapitel 3
Nun kommen wir zu dem Moment, wo mir Viktoria auf La Gomera begegnete.
Mein Name ist Detlef und ich studierte lebende Geschichte und baute mir eine Zeitröhre, um in die Vergangenheit zu schauen, denn ich hatte es satt, immer nur in Büchern zu lesen oder Dokumentarfilme im TV anzuschauen. Ich wollte live dabei sein, denn diese Methode war viel aufregender. Im Keller hatte ich dann einen ca. 2 Meter im Durchmesser großen und 4 Meter langen Tunnel konstruiert. Dieser war mit dem Computer verbunden, und ich hatte auch Internetzugang, sodass ich die gewünschten Orte aufrufen konnte. Da mich meine eigene Deutsche Geschichte interessierte, besonders der Osten, startete ich einen Probelauf. Ich fokussierte einen Flüchtlingstreck an und beobachte die Menschen dort. Es war erstaunlich, das Bild war klar, scharf und in Farbe. Ich saß vor dem Tunnel und dachte vor mich hin, dass man ihnen nicht einmal Hilfe angedeihen lassen könnte. Irgendwie war es schrecklich für mich, sich das mit ansehen zu müssen. Dann sah ich das Mädchen, das am Schluss der Kolonne mühsam ihr bisschen Hab und Gut hinter sich herzog. Ich ließ das Bild im Tunnel weiter laufen und ging zu Bett.
Am nächsten Tag war das Bild immer noch auf den Flüchtlingstreck gerichtet,