Название | Welt ohne Urknall |
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Автор произведения | Christian Hermenau |
Жанр | Математика |
Серия | |
Издательство | Математика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742749871 |
Das Weltbild nach Newton hat sich inzwischen dramatisch verändert und doch werden nach wie vor zunächst seine Gedanken und Formeln, den Schülern und Studierenden beigebracht, weil sie bis zu einer bestimmten Genauigkeit immer noch gültig sind und so gut zu unserem Alltagsleben passen. Man käme nicht auf die Idee, einen Wolkenkratzer nach der Relativitätstheorie zu bauen. Man muss noch nicht einmal beachten, dass die Erdbeschleunigung am Fuß des Hochhauses etwas größer ist als in 400 Meter Höhe. Wir können also im Alltag Prioritäten setzen. Im Alltag, doch auch bei den Berechnungen der Planeten, reicht die Newtonsche Mechanik aus. Die Berechnungen sind ohne dem schon für Vielkörperbewegungen schwierig genug. Nur wissen wir heute, wo die Grenzen liegen. Wollen wir noch genauer werden, zum Beispiel bei einer GPS Positionsbestimmung mittels Satelliten, dann spätestens müssen wir die Erkenntnisse der Relativitätstheorie mit einbeziehen, uns an die neuen, kompliziertere Formeln wagen. Doch auch wenn die Bewegungen wirklich schnell sind oder die Massen extrem kompakt und groß, hilft uns Newton nicht weiter. Eine weitere Grenze für Newtons Mechanik liegt im Atombereich. Hier verhält sich Materie immer kompliziert und ganz anders als wir es von unserem Alltag her kennen. Bei den Atomen, den Molekülen oder dem Licht versagen unsere vertrauten Vorstellungen. Newton hat von unserem physikalischen Denken Besitz ergriffen. Wir benutzen gerne seine Gesetze. Sie sind so schön passend zu unserer Alltagswelt, mechanistisch und deterministisch. Sein Hintergrund ist die Idee von einem Uhrwerk. Alles ist mit allem verbunden, wie eine riesige Maschine mit Räderwerk, die durch eine Energie angetrieben wird. Vom Bild her ist das überschaubar. Aber eins ist klar, so mechanistisch gedacht werden wir nie erfahren, wer die Maschine gebaut hat und woher die vielen Teile dafür kommen. Denn Newton hat nicht nur den Begriff von der Trägheit geprägt und damit unser Denken für eine bestimmte Richtung festgelegt, er ging auch nicht nur stillschweigend von einer unmittelbaren Kraftübertragung aus, davon haben wir uns längst gelöst. Sondern er hat auch stillschweigend die Idee in uns verankert, dass Massen überall gleich im Universum sind, obwohl sein Universum noch recht klein war. Die träge Masse oder ganz allgemein die Trägheit sollten etwas universell Allgemeingültiges haben, auch wenn keiner bis heute wirklich weiß, was Trägheit ist und obwohl sich das Universum seit damals in unserem Denken irrsinnig vergrößert hat. Die Massenträgheit bleibt unangetastet, obwohl es vor der Urknalltheorie keinen wirklichen Grund dafür gab, warum elementare Masseteilchen überall gleich träge sein müssen. Wir haben uns für den Urknall entschieden und die Massen unangerührt gelassen. Danach konnte man die Rotverschiebung der Galaxien erklären, aber keine später entdeckte dunkle Materie, keine dunkle Energie und keinen Urknall in den ersten Sekunden ohne eine verflixte Inflation. Plötzlich stand man vor Konstanten, die ohne Inflation, am Anfang so unvorstellbar präzise aufeinander abgestimmt sein mussten, dass man daran nicht mehr glauben konnte und lieber ein Universum in Kauf nahm, dass sich exponentiell aufblähte und dabei alle Spuren verwischte. Doch der Preis der Inflation bei der Urknalltheorie war etwas, das um 80 Größenordnungen mit dem unvereinbar ist, was man heute als Ursache der Inflation ansieht, dem was heute als abstoßende Kraft noch davon übrig sein kann. 80 Größenordnungen, das sind eine eins mit 80 Nullen. Um das So-viel-Fache ist die Inflationskraft damals größer gewesen oder stimmen die Werte zwischen Theorie und Praxis nicht überein. Statt dreißig extrem genau aufeinander abgestimmten Anfangskonstanten ist es nun nur noch ein Wert, doch dafür rätselt man völlig im Dunkeln, wie der zustande kommt. Unser Urknallmodell findet keine innere Geschlossenheit und das vielleicht nur, weil wir so beharrlich an etwas festhalten, was wir bis heute nicht richtig verstanden haben. Etwas das nie eine feste überall gleiche Größe war: die Trägheit der Teilchen im Universum.
Zeit und Trägheit
Die Trägheit und die Zeit, zwei nicht richtig verstandene Begriff, die aber wohl irgendwie eng miteinander zusammenhängen. Verändern wir die Bilder in uns, lösen wir uns von Newton, suchen wir nach neuen Formen der Materie. Formen, denen wir besser die Begriffe unserer Vorstellung zuordnen können. Denn vielleicht ist nicht alles rund in dieser Welt und vielleicht liegt die Stabilität unseres Seins nicht in kleinen harten Kugeln oder in den winzigen schwingenden Seiten der Stringtheorie. Die Welt ist groß, ja sogar sehr groß - groß und weit. Es passt sehr viel Materie in sie hinein. Sehr viele Körper sind auch in ihr enthalten und doch ist der überwiegende Teil des Raums leer. Wir müssen über viele Jahrtausende lange mit einer Rakete reisen, um gerade mal zu unserer Nachbarsonne zu kommen und außerhalb unseres Sonnensystems ist da nur eine unerträgliche Leere. Doch gibt es gleichzeitig wieder so viele Sonnen, die sich in Systemen von Galaxien zusammengeschlossen haben, dass man sie nicht alle einzeln zählen kann. Selbst die Zahl der Galaxien sprengt unsere Vorstellungskraft. Die beteiligten Massen und Ansammlungen von Massen zwischen den großen Leerräumen, die die Bewegungen steuern, können nur in Sonnenmassen angegeben werden und selbst diese Zahlen sind immer noch unfassbar groß. Wir leben in einer Welt des Überflusses. So wird die Bewegung der Erde nicht nur vom Mond, dem Jupiter und den anderen Planeten um unsere Sonne bestimmt, sondern auch von unserem Sternensystem, der Milchstraße, die wiederum zu einem Galaxienhaufen gehört. Doch selbst dieser Galaxienhaufen ist klein im Vergleich zu einem System, 200 Millionen Lichtjahre entfernt, auf das wir uns zubewegen. Und wieder ist auch dieser Norma-Galaxienhaufen noch kleiner, als ein Gebilde weit dahinter, dem Shapley-Superhaufen, welcher noch größer zu sein scheint und tatsächlich aus der Entfernung von vielleicht 400 oder 500 Millionen Lichtjahren immer noch die großräumige Bewegung unserer Milchstraße zu dominieren scheint. Die Gravitation ist eine wirklich weitreichende Kraft. Sie bewirkt alleine, dass sich unsere Milchstraße mit schätzungsweise 600 km/s durch den Raum bewegen. Mit 600 km pro Sekunde nicht pro Stunde. In unseren irdischen Maßstäben wären das also über 200.000 km/h. Schneller als jede Rakete fliegen kann, aber immer noch ein fünfhundertstel kleiner, als die Lichtgeschwindigkeit. Unsere heutigen Raketen schaffen es nur auf 1 km/s. Wir sehen, die Dimensionen sind berauschend und übertreffen alles aus unserer Alltagserfahrung. Trotzdem haben wir die Größe des Universums gut abgesteckt. Wir können mit unseren Lichtteleskopen fast bis an den Rand des Universums sehen und wissen von Objekten, die damals schon entstanden waren. Das Universum selber ist vielleicht eingebettet in einer Unendlichkeit, über die wir nur spekulieren können. Alles was aber zu unserer Welt gehört konnten wir begrenzen. Es ist unerhört groß aber bestimm- und messbar. Darauf sollten wir uns auch beschränken und nur dafür, also für Materie und Raum die irgendwie mit uns zu tun haben, uns befassen, versuchen deren innere Logik zu entschlüsseln. Die Begrenztheit der Größe unseres Universums ist auch weniger ein Problem. Darin gehen die Meinungen kaum auseinander. Es gibt ein Ende. Die Frage ist mehr, gibt es auch im Kleinsten eine Grenze und wenn ja, wo liegt sie? Darin gehen die Ansichten immerhin sehr weit auseinander. Gibt es Singularitäten, was physikalisch keinen Sinn macht, sind die kleinsten Objekte Strings, also noch fast Singuläres? Können wir bis auf die Planckzeit und die Plancklänge heruntergehen, was auch quasi singulär ist oder kommen wir mit den stabilen Elementarteilchen, den Elektronen und Protonen schon an unsere reelle untere Grenze und sind alle anderen künstlich und kurzfristig erzeugten Teilchen nur Augenblicks Zustände?
Gehen wir von der Quantenmechanik auf diese Frage zu, dann erhalten wir schon recht früh eine Grenze des Seins im Kleinsten. Quantenmechanisch können unsere leichtesten stabilen Elementarteilchen mit Masse, schon sehr früh nicht mehr jeden Zustand, jede Raumdichte gleich belegen. Die Strukturdichte der Elektronen beispielsweise, wird uns genauesten durch die Atomhülle aufgezeigt. Das Bewegungsmuster von Elektronen die im Atom festgehalten werden, beschränkt sich auf die Größe der Hülle. Die Elektronen selber sind möglicherweise noch viel kleiner, aber der Raum, den sie sich mit anderen nahen Elektronen teilen, ist relativ begrenzt. Hier zeigen sich die möglichen Zustände, der Raumbereich den Elektronen mindesten benötigen. Und der ist wesentlich größer als ein Elektron oder ein Proton. Auch der Mindestraum der Protonen ist nicht beliebig klein. Auch sie können nur bis zu einem bestimmten Grad einander annähern, bevor es eng, der Raum für Kernteilchen zu dicht wird. Wir schätzen, dass die Protonen und die Elektronen von ähnlicher Größe sind, doch haben die Protonen 1836 mal mehr von dieser trägen Masse