Название | Dorin, der Erdwichtel |
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Автор произведения | Stefan Wichmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dorin der Erdwichtel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738054811 |
Dorin wartete.
Sein Vater hatte links von seiner Schlafstatt einen Spaten und eine Harke untergebracht. Scharfkantige Klingen zum Bearbeiten von Holz und Erde standen dort auch. Seine neueste Errungenschaft waren ein Speer und ein Messer, um Felle zu gerben. Nein, sie töteten keine anderen Tiere, sie nutzten das, was die Natur ihnen freiwillig gab. Der Speer allerdings war alt und sorgsam in eine Decke gehüllt. Wie sollten damit Felle geschabt werden, fragte Dorin sich insgeheim, doch er würde keinesfalls seine Eltern fragen. Womöglich lief er Gefahr dann dieses Werkzeug für eine unliebsame Arbeit nutzen zu müssen und arbeiten wollte er nicht. Er wollte Abenteuer!
In der Mitte der Behausung, die aus Zweigen und losem Allerlei des Waldes aufgetürmt war, befand sich die kleine Feuerstelle. So konnte der Rauch leicht durch die kleine Öffnung im Dach abziehen. Das Dach bestand derzeit aus einer alten Baumrinde, die sie zusammen mit den anderen Wichteln des Dorfes mühsam dort hingeschoben hatten. ‚Hebelkraft‘ hatte der schlaue Dorfälteste Grumdin erläutert und Dorin hatte gut zu geschaut, als sie starke Zweige unter die Rinde geschoben hatten und diese Stück für Stück an die richtige Stelle platzierten. Vielleicht konnte er die ja mal gebrauchen, die Hebelkraft. Drei dieser flachen Rindenstücke hatten sie für das Dach benötigt und diese so übereinandergelegt, dass das kleine dreieckige Loch in der Mitte frei blieb. Bei Regen tropfte es natürlich hinein, aber jetzt regnete es ja nicht. Das Feuer flackerte kurz auf und erhellte die Gesichter seiner Eltern. Auch ihre Ohren standen spitz vom Kopf ab so wie seine und zwischen den Ohren waren Haare. Aber es waren nur wenige Haare zu sehen, weil Wichtel immer den Kopf bedecken. Seine Mutter trug auf dem Kopf wie immer einen Schlauch aus Stoff. An einer Seite hing eine Spitze bis auf den Rücken herab. Im Winter schlang sie sich diese einfach um den Hals, um sich zu wärmen. Sein Vater sagte immer, sie habe eine hübsche Nase und braune, liebevolle Augen und einen großen schön geschwungenen Mund. Sie sagte so etwas nie zu ihm. Sie strich ihm über den Bauch, den sie viel zu groß und dick fand und dann über seine Wange. Sein Gesicht war etwas kantiger als das ihre, aber insgesamt erschien auch er eher in einem bräunlichen Ton, so wie es bei Erdwichteln üblich war. Auch er trug eine Kopfbedeckung wie sie. Manchmal steckte er seinen Kopf auch in einen Gugel. Ein Gugel ist ein Stoff der Kopf und Schultern umschließt, um den Träger zu wärmen. Beide trugen ein langes blattbraunes Hemd, das mit einem dunkelbraunen Stoffgürtel zusammengerafft war. Als Dorin’s Mutter aufstand, raschelte ihre Tunika und sie zupfte sie zurecht, bevor sie sich mit ihren nackten Füßen leise und vorsichtig in Richtung von Dorin’s Bett aufmachte. Ihre Füße gingen oft schnell, denn Zeit war wichtig und aus diesem Grund waren ihre Zehenspitzen nur die Hälfte der Hälfte so lang wie ihr ganzer Fuß. Um mehr Standfestigkeit zu haben, grub sie ihre Zehen oft in die Erde, so wie alle Wichtel es gerne tun. Deshalb rochen ihre Füße auch immer nach warmer, feuchter Erde. Ein herrlicher Geruch. Jedenfalls für Erdwichtel. Und das waren sie. Erdwichtel. Sie waren keine Steinwichtel oder Baumwichtel und auch keine Gelbwichtel, Schwarzwichtel oder womöglich Koboldwichtel! All diese Völker und noch viel mehr gehörten zum Volk der Wichtel.
„Erdwichtel.“
Dorin flüsterte den Namen seiner Rasse lautlos. Er steht für ein eher friedliebendes Volk mit eher dicken Bäuchen und einem Bart, denn Wichtel gehören zum Volk der Zwerge und die haben ganz oft einen Bart. Dorin freilich hatte noch keinen. Vielleicht hatte er ein bisschen Bart. Was er aber ganz sicher nicht hatte, das war ein dicker Bauch.
„Wichtel der Veste Coburg.“
Ja, etwas stolz schwang in seiner Stimme mit, das die vollständige Bezeichnung seiner Dorfgemeinschaft den Begriff ‚Festung‘ enthielt. Nun, er hatte diese Festung noch nie gesehen, aber sie musste ja wohl da sein. In der Nähe. Irgendwo!
Er blinzelte hinüber zu seiner Mutter, die schnell näher kam.
Er hörte bereits ihren Atem und versuchte selbst, möglichst gleichmäßig und unauffällig zu atmen.
Er lauschte dem Rascheln ihrer Tunika, als sie sich bückte. Sanft strich sie ihm über die Haare:
„Schlaf schön mein Kleiner“. Dann blieb sie noch einen Moment gebückt stehen und richtete sich auf. Ja, geh jetzt, dachte Dorin ungeduldig. Doch seine Mutter blieb noch stehen. Offensichtlich ließ sie ihren Blick über sein Reich schweifen. Er hörte sie seufzen. Dorin kannte sie. Mit geschlossenen Augen sah er sie buchstäblich vor sich, wie sie jetzt seinen Vater heranwinken würde.
„Komm doch mal“, raunte sie.
Bestimmt verdrehte sein Vater jetzt die Augen. Dorin hörte sie murmeln.
„Wie zusammengekuschelt er da liegt! Meinst du, er braucht mehr Platz, mehr Reisig?“
Sein Vater bückte sich über Dorin.
„Wenn er etwas braucht, wird er sich schon melden. Nichts passiert von allein.“
Dorin dachte über die Worte nach. Als er hörte, wie sie sich leise entfernten, öffnete er seine Augen. Sehnsuchtsvoll schielte er zum Ausgang. Dann drehte er sein Ohr langsam und mit einem Blick auf seine Eltern lauschte er nach draußen. Die Wände aus Holz und Reisig. Sie hielten Geräusche eben so wenig ab wie die noch anhaltende Nachtkälte. Ein Holzscheit knackte laut am Lagerfeuer des Dorfplatzes und vermengte sich mit dem fröhlichen Lachen der alten Wichtelmänner, die um die Feuerstätte des kleinen Dorfes saßen. Seine Neugier wurde größer als die Angst vor der Schelte seiner Eltern. Warum sollte er warten, bis sie schliefen? Er konnte doch auch durch die aufgeschichteten Zweige nach draußen kriechen. Wozu gab es denn in jedem Bau drei Fluchtwege? War dies nicht der Grund dafür, dass seine Schlafstatt nicht neben den der Anderen lag? Es hatte sich nicht ergeben, neben den drei Schlafplätzen einen weiteren Fluchtweg zu bauen. Das Haus wäre zu instabil geworden! Es musste leicht sein, sich zwischen den Zweigen einen Weg zu bahnen! Unwillkürlich fragte er sich, warum ihm das nicht bereits früher eingefallen war.
Er schaute sich noch einmal zu seinen Eltern um. Beide waren mit dem Verbessern der Waschschüssel beschäftigt. Er wusste, dass sie tagsüber damit nach gelben Steinen suchten. Die waren zwar nicht bekömmlich wie die leckeren Beeren des Waldes, die die Eltern seines besten Freundes besorgten, jedoch war es als einziges Metall beständig gegen Rost. Er fand die Schmuckstücke, die seine Eltern daraus fertigten langweilig, wie alle aus seinem Volk, aber andere waren ganz vernarrt in dieses
„Gold“ und in kunstvoll gefertigte Dinge, die sie dann auch noch um den Hals hängten. Zwerge schürften sogar tief in den Stollen der Berge nach dem Metall und drangen sogar in das verbotene Land zum Volk der Menschen vor. Manche Zwergenvölker waren so viel größer als Wichtel, doch er wusste, es sollte noch größere Wesen in Menschengestalt geben. Ein Volk der Menschen! Das mussten wahre Riesen sein! Angeblich sollten die ihre Füße in Stoffe oder gar in die Haut getöteter Tiere wickeln! Ekelig! Ihn schauderte. Unwillkürlich schüttelte Dorin den Kopf.
Er warf einen letzten Blick auf seine Eltern und auf die Kochstelle. Das wärmende Feuer war fast heruntergebrannt und warf nur noch ein spärliches Licht in den Raum, sodass seine Schlafstatt endlich gänzlich im Dunkeln lag. Dorin bemühte sich, kein einziges Knacken zu verursachen, als er sich nach draußen durchschlängelte. Er schob erst vorsichtig den