Gregors Pläne. Hans Durrer

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Название Gregors Pläne
Автор произведения Hans Durrer
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783753193908



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      Hans Durrer

      Gregors Pläne

      Eine Anleitung zum gelingenden Scheitern

      Dieses ebook wurde erstellt bei

       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Der Mensch ist, was sein Plan ist

       Zum Krieger werden

       Doch Zufälle gibt es ja nicht

       Festklammern

       Langsam werden

       Das gerade Jetzt, das ist dein Leben

       Loslassen

       Epilog

       Impressum neobooks

      Der Mensch ist, was sein Plan ist

      „Du hast unrecht, Deine Phantasien in eine gewisse

       Form, in einen regelrechten Plan bringen zu wollen“, sagte

       ich; „siehst Du denn nicht, dass Du ihnen Gewalt antust ...“

       George Sand: Geschichte meines Lebens

      „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?“

      Der Mann ist ein Trottel, denkt es automatisch in mir. Und genau so automatisch gehen meine Gedanken zu einem anderen Mann, einem cleveren englischen Journalisten, der einst in Hongkong wohnte und ein gescheites Buch über den wirtschaftlichen Aufstieg Asiens geschrieben hatte, in dem er überzeugend darlegte, dass er im Jahr 2030 in Shanghai, dass dannzumal der Mittelpunkt der Welt sein würde, eine Attika-Wohnung besitzen und ... Der Mann starb zwei Jahre später beim Wasserskifahren in Südfrankreich.

      „Keine Ahnung“, antworte ich. „Ich finde die Zukunft vorherzusagen etwas schwierig.“

      „Darum geht es nicht“, sagt der Personalsachbearbeiter. „Es geht um ihre Pläne, Darum, ob Sie eine Vision für sich haben.“

      „War denn Ihre Vision, Personalsachbearbeiter zu werden und Bewerbern solche Fragen zu stellen?“, höre ich mich sagen. „Und Bewerberinnen“, füge ich noch hinzu, bevor ich mich erhebe und zum Ausgang gehe.

      Elitär komme ich ihm vor, hatte ein Psychologe beim letzten Bewerbungsgespräch gesagt. Ein paar Tage zuvor hatte ein anderer mich als stark individualistisch eingestuft und eine Personalchefin hatte kurz darauf gemeint, ich käme für die Stelle nicht in Frage, da ich viel zu visionär und unorthodox sei.

      Es war offensichtlich: Ich passte nirgendwo dazu. Und obwohl ich fand, dass mich das geradezu auszeichnete, blieb da immer noch die Frage des Geldverdienens.

      „Du musst selber was machen“, ermuntert mich meine Bekannte S, die seit über zwanzig Jahren das macht, was ihre Vorgesetzten von ihr erwarten.

      „Schon, aber was denn?“

      „Du bist doch so vielseitig, da wird sich bestimmt was finden lassen.“

      „Vielseitigkeit ist eher ein Problem und nicht unbedingt die Lösung.“

      „Ach komm, jetzt sei doch nicht so negativ.“

      S war offenbar der Auffassung, ich hätte mich entschieden, 'negativ' zu sein.

      Zum Ausgleich fand ich sie entschieden zu 'positiv'. Bei 'positiv' kommt mir regelmässig die Geschichte eines Orchideendiebs in Florida in den Sinn, dem auf einem seiner Beutezüge ein Pflanzengift in eine offene Wunde geriet, sodass sein rechter Unterarm amputiert werden musste. Was ihn jedoch nicht daran hinderte, das Ganze 'positiv' zu sehen, wurde er doch dadurch in die Lage versetzt, einen Artikel über den Vorfall zu schreiben, der dann in einer Gartenzeitung veröffentlicht wurde.

      Ich gehe Brot kaufen. Die junge Frau in der Bäckerei gibt mir falsch heraus. Als ich sie darauf aufmerksam mache, gibt sie sich eine Kopfnuss.

      „Bringt das die Dinge in Ihrem Kopf wieder in die rechte Ordnung?“, erkundige ich mich.

      „Genau!“, lacht sie.

      Kaum dass du anfängst Pläne zu machen, übernimmt das Leben das Ruder. Das habe ich in einem Thriller gelesen. Und es stimmt. Jedenfalls gemäss meiner Erfahrung. Nicht dass mich das hindern würde, weiterhin Pläne zu machen. Schliesslich geht es nicht um Entweder/Oder, sondern um Und/Und/Und. Wobei: So ist das natürlich nicht richtig. Auf jeden Fall nicht immer, denn es kommt vor, dass Entweder/Oder nötig ist. Für mich gilt es herauszufinden, was ich ändern kann. So ziemlich gar nichts, scheint mir.

      ***

      Als ich heute um zwanzig Minuten vor sechs aufwache, steht bereits die Sonne über der nahen Bergspitze. Wenn das nicht ein Zeichen ist!, durchfährt es mich. Ein Zeichen wofür? Zugegeben, das weiss ich auch nicht. Ein Zeichen eben, Zeichen stehen doch so recht eigentlich immer für etwas Verheissungsvolles. Nicht immer? Stimmt, aber meistens. Okay, manchmal auch nicht. Gott, ist das schwierig!

      Jedenfalls: Ich stehe ganz beschwingt auf und greife, mein Morgenritual, zu meinen beiden, eins genügt nicht, Bändchen mit weisen Sprüchen, in der Erwartung (mein Leben, so denkt es manchmal in mir, ist nichts weiter als eine endlose Folge von Erwartungen), die Einträge für den heutigen Tag müssten irgendwie bedeutsam sein. Sind sie nicht, beide nicht. Nichts als die üblichen Aufmunterungen, die man in Null-Komma-Nichts vergessen hat. Ich erspare sie Ihnen.

      Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen Plattitüden, aber nicht, wenn ich etwas anderes erwarte, etwas in der Art philosophische Erleuchtung, und das tue ich meistens. Unbewusst natürlich. Auch Klischees mag ich, die treffen meist den Kern einer Sache. Klar, man darf sie nicht allzu ernst nehmen. Doch nimmt man sie leicht, erfüllen sie ihren Zweck – uns über unsere Simplifizierungen lachen zu lassen. Andererseits: In der Einfachheit liegt der Schlüssel, das weiss doch nun wirklich jeder, sogar die sogenannten Experten für Krisenkommunikation, die ihren Klienten (erwarten Sie jetzt bitte nicht, dass ich auch noch Klientinnen hinzufüge! Nur schon, dass ich das in Betracht ziehen, geht mir auf die Nerven) jeweils raten, die Wahrheit zu sagen. Schon erstaunlich, wofür man heutzutage alles Berater braucht.

      ***

      Wer sich nicht klar ausdrücken kann, hat nicht klar gedacht, pflegte einer meiner Juraprofessoren zu sagen. Ich mag diesen Satz, schätze die Haltung dahinter. Auch die Strenge sagt mir zu. Juristisches hingegen weniger.

      Jura habe ich studiert, weil ich mir Medizin nicht zutraute, da ich weder Physik noch Chemie begriff. Heute bedauere ich das und wünsche mir, ich hätte mir damals einen Tritt in den Hintern gegeben, mich angestrengt und meinen Blick auf die Zukunft gerichtet, die berufliche, denn dann hätte ich bestimmt nicht Jura studiert. Streithähne verachte ich.

      Juristen sind häufig ziemlich eingebildet. In dieser Hinsicht kann ich mich mit ihnen bestens identifizieren, nur schaffe ich es nicht, das Fabrizieren von Problemen, die nur von denen gelöst werden können, die sie erschaffen haben, wirklich ernst zu nehmen. Ich weiss, ich weiss, die Juristerei hat reale Konsequenzen.