Название | DIE ANKUNFT |
---|---|
Автор произведения | Michael Wächter |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Raumsiedler von Puntirjan |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783742734617 |
Tüngör zeigte Jenis ein neues Bild. „Schau, Sariah! Dort, bei Altakol!“
Jenis fühlte Glück und Stolz warm wie einen Blutstoß durch seinen Körper strömen. „Altakol!“, flüsterte er. Seit puntirjanischen Urzeiten war er das Ziel aller Träume. Die puntirjanische Religion war zudem extrem wissenschaftsfreundlich. Die Kleripapyri von Monastair, ihre heilige Schrift, sagte es voraus: „Die Natur offenbart die Größe ihres Schöpfers. Darum: erforsche sie. Untersuche ihre Phänomene. und du wirst nicht mehr allein sein!“. Schon in der Antike der uralten, puntirjanischen Zivilisation hatten die Vogelmenschen naturwissenschaftliche Arbeitsweisen entwickelt, industrielle Strukturen, der Interfunk und die Raumfahrt-Technologien und Mond-Kolonien der Orbital-Pioniere und Raumsiedler. Einer ihrer antiken Wissenschaftsingenieure hatte in der instrumentell-analytischen Astronomie sogar das Verfahren der Spektralpolarimetrie entdeckt, mit dem man im Lichtspektrum fremder Planeten Anzeichen von Photosynthese nachweisen konnte – und somit Biosignaturen für das Vorhandensein von Leben. Beim Altakol hatte man einen Gesteinsplaneten entdeckt, einen Exoplaneten in der Lebenszone. Sariah. Hier gab es flüssiges Wasser, Photosynthese und auch Sauerstoff. Sariah wurde das Zentrum aller religiösen und auch populärwissenschaftlichen Mythen, bei allen Völkern Puntirjans. Ganze Nationen und Generationen arbeiteten daran, den interstellaren Raumflug einer Sonde zu planen und zu ermöglichen. Und dann den ersten Flug bemannter Raumkolonien dorthin – die große Expedition der Altakolia-Flotte.
Das Eisfragment mit dem Modul der fernen, puntirjanischen Sonde und der Schraube driftete an den Rand der Kometenwolke. Hier traf er auf einen umgelenkten Kometenkern. Dieser nahm ihn in sich auf und setzte seine Reise in das Innere des Sonnensystems fort.
Die Raumsonde selbst leitete ein weiteres, automatisches, nukleares Abbrems-Manöver ein. So gelangte auch sie in eine Umlaufbahn um das gelbe Zentralgestirn, dessen System sie erforschen sollte. Weitere Schwärme puntirjanischer „Intersystemar“- und „Altakol-Späher“-Raumsonden folgten. Noch im Anflug nahmen sie detailliertere Holo-Bilder und -Spektren der noch fernen Planeten auf, auf die sie zurasten. Sie wurden gespeichert, gebündelt, verstärkt und der Altakolia-Flotte zugesendet. Auch die Roboterschiffe und ihre Mikro-Raumsonden hatten Positions- und Vollzugsmeldungen an die Altakolia-Flotte gefunkt. Ihr automatisches Abbremsmanöver hatte einige Monate gedauert. Dann waren auch ihre Ionentriebwerke ausgebrannt. Sie hatten den Ringplaneten registriert und dort planmäßig ein Swingby-Manöver vollführt. Sie gerieten in den Planetoidengürtel. Hier befanden sie sich in einer stabilen, elliptischen Umlaufbahn. Ihre Funktionsfähigkeit war nicht beeinträchtigt. Der Verlust des Kommunikationsmoduls „Dschersi“ und einiger Neodymschrauben in der Kometenwolke hatte bei „Intersystemar 1“ damals keinen weiteren Schaden verursacht. Ohne dass sich jemand Sorgen machen musste, konnten die Sonden in Ruhe einige Jahre Solarenergie tanken und abwarten, bis dass neue Funkbefehle der Raumsiedler aus Puntirjan bei ihnen eintrafen. In dieser Zeit verfolgten sie ihre Forschungs- und Konstruktionsprogramme. Nach und nach gesellte sich der ganze Schwarm von Begleitsonden und puntirjanischen Roboterschiffen zu ihr. Vollautomatische Sammelsonden schwärmten zur Rohstoffsuche im Planetoidengürtel aus. Die Roboterschiffe konstruierten daraus die Bauteile und –module, aus denen weitere Roboterschiffe und Raumkolonien gefertigt wurden, Versorgungsdepots für die demnächst eintreffenden Raumsiedler aus Puntirjan.
Auch die Schwestersonden vom Typ „Altakol-Späher“ erreichten stabile Umlaufbahnen, viel näher bei Altakol. Spähersonde 34 näherte sich dem blauen Planeten. Ein Funkbefehl weckte sie aus ihrem Energiesparmodus. Er aktivierte die Energiespeicher hinter den Radionuklid-Batterien. Sie gaben ihre elektrische Energie an viele, technisch hoch komplizierte Messgeräte, die das Ziel weiter analysieren sollten. Die Sonde fuhr die Solarpaneele aus, das Spektralpolarimeter sowie die Mikroteleskope und –spektroskope. Sie sammelte genauste Daten des blauen Planeten, in fast allen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums. Sie registrierte und analysierte die auf Sariah vielfältigen Biosignaturen. Alles funktionierte reibungslos und plangemäß.
Anschließend setzte die Raumsonde ein Landegerät ab. Vollautomatisch drang es in die Atmosphäre des blauen Planeten ein und suchte auf der Nordhalbkugel einen geeigneten Landeplatz. Es fand ihn am Strand eines Wattenmeeres. Es bremste ab, düsengefeuert und mit Landefallschirm. Ein sanfter Windstoß ließ das Landegerät etwas abtreiben, aber es korrigierte den Kurs, so gut es noch ging. Dann setzte es sanft auf, bei Ebbe im weichen Schlick.
Tüngör schreckte auf. Der Pieper an seinem Armband-smartphone meldete sich. Er blickte auf das Display. Es war die Raumsonden-Steuerzentrale. „Lander des Altakol-Spähers 34 erfolgreich gelandet!“, stand da. Die erste weiche Landung auf Sariah war geglückt.
„Schau!“, zwitscherte Tüngör stolz und flatterte mit den Flügeln. Jenis beugte sich zu ihm herüber, sah auf das Display. „Gratuliere!“, flötete er zurück. „Das werden wir feiern! Dafür spendiere ich dir eine Portion Ravrokylkörner, einen Krug feinsten Krøgs und ein Flugechsen-Steak!“
Schiffsjunge Ernst Köller sah über die Nordsee. Er dachte an seine Familie zuhause, seine Mutter, seinen Vater Otto, Schwesterchen Charlotte …
„Nimm schon!“, ermunterte ihn der Offizier neben ihm an der Reling. „Du darfst!“
Schüchtern sah der Junge ihn an und bedankte sich. Die SMS Vineta hatte Gefechtspause, und der 2. Offizier hatte dem jungen Ernst Otto Wilhelm Friedrich Köller ein Fernglas geborgt. Der junge Mann war glücklich, einmal hindurchsehen zu dürfen. Es war Flaute, die See lag ruhig. Eine kleine, sanfte Brise zog vorüber, und Otto Köller blickte zur Küste hinüber. Die Mannschaft der SMS Vineta genoss die kurze Pause. Ihr Schiff der kaiserlichen Marine war das vierte Schiff der Victoria-Louise-Klasse, einer Klasse von fünf Panzerdeckskreuzern II. Klasse. Anfang 1906 in Kiel als Torpedoversuchsschiff hergerichtet war es dem Torpedo-Versuchskommando zugeteilt worden.
Im Frühjahr 1907 hatte sie an funktelegraphischen Versuchen teilgenommen und war als Schulschiff für Seekadetten und Schiffsjungen ins Auge gefasst worden. Die zwölf Dürr-Kessel sollten in zwei Jahren noch gegen acht Marinekessel ersetzt werden, um den Wegfall eines Schornsteins zu ermöglichen. Und es sollte eine neue Bewaffnung bekommen. Ihr Knallfunkensender sollte dazu sogar noch gegen einen neuartigen Löschfunkensender ausgetauscht werden, der gedämpfte, hochfrequente Schwingungen nutzte. Er taktete sie mit der Morsetaste nach dem Morsecode, speiste sie in eine Antenne ein und strahlte sie als Funkwellen ab. Diese Sendetechnik war die neuste Errungenschaft (Seit Juni 1906 gab es in Norddeich eine Küstenstation für den öffentlichen Verkehr. Ihr Rufzeichen KND wurde allgemein bekannt und geschätzt). Doch es war Herbst 1907, und die Vineta hatte beim Herbstmanöver der Hochseeflotte als Aufklärer zu dienen. Es nicht so weit.
Ernst Köller war stolz, auf ein solches Schiff zu dürfen. Marine-Oberzahlmeister Wagner hatte ihm dazu