Geschichte meines Lebens. George Sand

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Название Geschichte meines Lebens
Автор произведения George Sand
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783754183267



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er sich befindet; aber ich werde hier nur die Stellen mittheilen, die auf sein eignes Leben Bezug haben.

      Den 4. Nivose Jahr X.

      „Heute haben wir den Jahrestag des berühmten Ueberganges [Den Uebergang über den Mincio.] gefeiert. Fast alle Offiziere des rechten Flügels waren bei meinem General versammelt —Keiner ahnte, daß es Lieder geben würde; aber ich hatte ein ganzes Packet schlechter Verse gemacht, das der Bediente des Generals während der Tafel überreichen mußte. Der General brach es neugierig auf und erstickte fast vor Lachen.

      „Es war ein komisches Heldengedicht, das den ganzen Hergang schilderte. Er las es vor und Alle lachten wie er und wunderten sich über die Genauigkeit der Erzählung. Ich wurde schnell als der Verfasser errathen und sollte mein Werk absingen, aber ich wollte das schon Gelesene nicht auf's Neue beginnen und sang eine Litanei anderer Verse über dasselbe Thema. Das hat mich auf wohlfeile Art mit Ruhm bedeckt; lachend und singend standen wir vom Tische auf und als wir in den Salon zurückkehrten, haben wir uns Alle untereinander umarmt; der General Dupont schloß mich zuerst in die Arme. Wenn man jemals Gleichheit und Brüderlichkeit unter einigen Menschen findet, so ist es unter uns in solchen Momenten.“

      „Alle Liebenswürdigen der ***Gesellschaft sind die ausgemachtesten Laffen, die ich kenne. Sie reden eine Stunde lang, um Nichts zu sagen; entscheiden über Alles auf's Gerathewohl und lassen sich's so angelegen sein — der schönen Manieren wegen — einander nachzuahmen, daß, wer den Einen kennt, mit Allen bekannt ist. Du sagst, daß man in der Gesellschaft leben muß, liebe Mutter, und das ist wohl möglich! aber es giebt nichts Einfältigeres, als alle diese Leute, deren einziges Verdienst in einem Namen besteht, dessen Glanz ihnen nicht zugehört.“

      „... Viel besser, als in der Gesellschaft, unterhalte ich mich mit meinem gemietheten Klavier und mit dem Lehrer, der mich im Generalbaß unterrichtet. Wenn ich mich die ganze Nacht bis drei Uhr Morgens bei meinen musikalischen Arbeiten vergessen habe, fühle ich mich viel ruhiger und glücklicher, als wenn ich auf einem Balle gewesen wäre. Ich habe meinen Kopf darauf gesetzt, ein guter Tonsetzer zu werden und das soll mir gelingen. Ich vernachlässige aber auch meine Geige —ich liebe sie ja sosehr! Meine Finanzen sind nicht gerade im schönsten Stande, denn ich habe mich vom Kopf bis zu den Füßen neu equipiren müssen, um zur Parade gehen zu können. Aber da ich mir schmeichle, zu den Kindern Apollo's zu gehören, ist's in der Ordnung, daß ich arm bin.

      „Im Theater habe ich Lejeune gesehen. Als er das Bild der Schlacht von Marengo malte, hat er mich in ganz Paris gesucht; er sagt, daß er sich nicht darüber trösten kann, meinen Kopf nicht unter Händen gehabt zu haben, um ihm einen Platz im Bilde zu geben.“

      „Ich habe die Bekanntschaft einiger vornehmen Damen gemacht: der Madame d'Esquelbec, die, wie man mir sagt, die Gnade gehabt hat, mich sehr nett zu finden; der Madame de Flahaut, die einen Roman herausgegeben hat, welchen ich unhöflicher Mensch nicht gelesen habe; und endlich der Madame d'Andlaw. René ist immer der liebenswürdigste Freund; aber er hat den Fehler, Wasser zu trinken wie eine Ente. Glücklicherweise steckt das nicht an! ...“

      „Ich schwöre Dir bei Allem, was heilig ist, daß V... arbeitet und mich nichts kostet. Ich begreife nicht, warum Du Dich so ängstigst. So lange ich ein armer Teufel bin, werde ich niemals eine Frau unterhalten, denn ich wäre genöthigt, es auf Deine Kosten zu thun. Ueberdies kennst Du sie gar nicht; Du beurtheillsft sie nach Deschartres' Berichten, der sie noch viel weniger kennt. Laß uns gar nicht mehr von ihr sprechen, ich bitte Dich darum, meine gute Mutter, wir würden uns doch nicht verstehen. Aber sei wenigstens überzeugt, daß ich mir lieber eine Kugel durch den Kopf jagte, als einen Vorwurf von Dir verdiente, und daß es mein tödtlichster Kummer ist, wenn ich Dir Schmerzen bereite.“

      „... Ich käme nie zu Ende, wenn ich Dir alle Lächerlichkeiten dieser schönen Jugend mittheilen wollte. Die Engländer fühlen das auch und ich bin außer mir, wenn ich sie heimlich darüber lachen sehe und ihnen nicht Unrecht geben kann, daß sie im Grunde der Seele solche Pröbchen unserer Nation verachten. Andere suchen wieder die Engländer auf linkische Weise nachzuäffen und wissen nichts Besseres zu thun, als ihr Vaterland in Gegenwart der Fremden herabzusetzen. Das ist wahrhaft empörend, und die Fremden sind die Ersten, welche die Achseln dabei zucken. Alle diese jungen Lords, die in ihren heimischen Armeen dienen, befragen mich mit Begierde über unser Heer und ich antworte ihnen durch eine feurige Schilderung unserer unsterblichen Waffenthaten, denen sie ihre Bewunderung nicht versagen können. Ich empfehle ihnen auch beständig, die öffentliche Stimmung nicht nach den Redensarten zu beurtheilen, die sie in der Gesellschaft hören und ich behaupte fortwährend, daß das Nationalgefühl bei uns allen so stark ist, als bei ihnen — wenn unsere Siege nicht wären, würden sie doch daran zweifeln. Aber Du begreifst wohl, daß ich diese Gesellschaft immer trauriger und enttäuschter verlasse. Gute Nacht, meine liebe Mutter, ich liebe Dich mehr als mein Leben. Ich prügle den Ortsvorsteher und schicke meiner Bonne ihren Fingerhut „zum Nähen und Arbeiten.“

      24. Pluviose.

      „... Mit meinen Neffen ist nun Alles in Ordnung. Außer dem Hause bin ich nun im Besitz von 40,000 Francs. Teufel! ich hätte nie geglaubt, daß ich so reich sein könnte. Davon mußt Du nun gleich zehntausend Francs nehmen, um alle Deine Schulden zu bezahlen: Pernon, Deschartres und meine Bonne; [Der Gehalt des Lehrers und der Lohn der Bonne waren seit 1792 im Rückstande.] ich will nicht, daß sie länger warten; ich will, daß Du Dich von allen diesen kleinen Sorgen frei machst. Was Du für mich gethan hast, ist viel mehr und das kann ich Dir niemals erstatten. Also, meine liebe Mutter, keine Schwierigkeiten darüber! sonst mache ich Dir den Proceß und zwinge Dich zur Annahme des Geldes. Mit dem Ertrag des Hauses und meinem Sold habe ich nun eine Einnahme von 7,840 Francs, und das ist, meiner Treu, ganz nett! und man braucht sich darüber gerade nicht zu grämen. Mit dem Ertrage von Nohant bringen wir nun die Summe von 16,000 Francs jährlicher Einnahme zusammen, [Er war sehr im Irrthum über den Ertrag von Nohant.] deren wir uns nächstes Jahr ohne Schulden zu erfreuen haben werden. Das ist prächtig und ich bin ganz glücklich, Dich vor allen Sorgen gesichert zu sehen. Bezahle, bezahle Alles, was Du schuldig— wenn ich auch nur die Hälfte meiner 40,000 Francs behielte, so hätte ich genug ...

      „Frau von Béranger hat Dir den Tod des Herzogs von Bouillon angezeigt. Beaumont ist sehr betrübt darüber, denn trotz ihrer Streitigkeiten liebten sie sich wie Brüder.“

      Den 24. Ventôse (März).

      „Mein General steht jetzt mit Bonaparte auf dem besten Fuße. Dieser hat ihn rufen lassen und hat ihm, nach einigen freundlichen Vorwürfen über seine Zurückgezogenheit, den Befehl über die zweite Militairdivision, die fünf und zwanzig tausend Mann enthält, übertragen. Sie steht in den Ardennen und in Luxemburg — und so sind wir denn wieder in voller Thätigkeit. Bonaparte hat hinzugefügt, daß er ihn um jede vortheilhaftere Stellung, die sich ihm bieten könnte, wieder angehen möchte.“ …

      „Die Ankunft meines Pferdes hat mir viel Vergnügen gemacht. Das Holz von Boulogne ist wunderhübsch; es sind neue Wege darin angelegt und das Gedränge der Wagen und Kutschen ist so groß, daß die Wächter, wie in Longchamps, das Fahren beaufsichtigen müssen. Dieser Anblick hat etwas Unbegreifliches, wenn man kaum die Revolution überstanden hat, in welcher jeder Reichthum vernichtet zu sein schien. Aber, siehe da! der Luxus ist hundertmal größer, als unter dem alten Regime. Wenn ich bedenke, wie einsam es 1794 während meiner Verbannung nach Passy im Boulogner Holze war, glaube ich zu träumen, während ich heute von der Menge gleichsam fortgetragen werde. Da ist eine Anzahl von Engländern, von fremden Gesandten, von Russen u.s.w., welche eine große Pracht entfalten, die zu überbieten das Bestreben der Pariser Gesellschaft ist. Longchamps wird in diesem Jahre glänzend sein.

      „... In diesem Augenblicke verkündigt der Donner der Kanonen die Unterzeichnung des Friedensvertrages. Die Mütter und Gattinnen freuen sich — und wir, wir machen etwas schiefe Gesichter.“

      Den 23. Germinal (April).

      „... Paris fängt schon an, mir langweilig zu werden. Es ist immer dasselbe: hochfahrende Mienen, große Eitelkeit, und ein übel verhehlter Ehrgeiz, dem nur ein wenig geschmeichelt zu werden braucht, um sich offen zu zeigen ...