Название | Rasante Zeiten - 1985 etc. |
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Автор произведения | Stefan Koenig |
Жанр | Языкознание |
Серия | Zeitreise-Roman |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783750237100 |
Die Fahrzeit vertrieben Emma und ich uns immer mit allerlei Geschichten aus unserem Freundeskreis oder über das, was ich beruflich gerade erlebt oder mit Kollegen besprochen hatte. Deshalb erzählte ich Emma, was mir Jan, mein ehemaliger Kollege vom Wissenschaftszentrum Berlin und inzwischen mein bester Freund, einmal aus der Zeit seiner Pubertät berichtet hatte.
„Weißt du, was mir damals auf der Konfirmationsfeier die Laune verdorben hat?“, fing mir Jan damals amüsiert an. „Wir waren gerade bei der Vorspeise des Fest-Essens. Da platzte doch der Pastor herein und hielt eine nicht enden wollende Festrede. Fazit dieser langen Rede war eine eiskalte Suppe und ein lauwarmer erster Gang. Meine Mutter aber flüsterte mir während des seligen Geschwafels entsetzt ins Ohr: »Sein Anzug ist ungebügelt!« Tja, Stefan, so war das damals.“
Und wie das so ist, hatte Jan auch noch von seiner stinkreichen Tante Hermine erzählt, eine Tante dritten Grades. Sie war mit einem unverdienten, weil geerbten, Vermögen gesegnet, und jeder erwartete wohl, nach ihrem Ableben ein nettes Sümmchen abzusahnen. Sie tyrannisierte mit Blicken und Taten und drohte in jedem zweiten Satz mit Enterbung. Auch mit ihren dritten Zähnen konnte sie mit Worten noch kräftig zubeißen.
„Sie war eine alte, hässliche, grantige Hexe, sagten jedenfalls wir Kinder. Aber die Erwachsenen tätschelten ihr die Wange. Tätscheln bringt Bares, war wohl ihr Hintergedanke.“
„Ob wir später auch mal so werden?“, stellte ich die mehr oder minder rhetorische Frage.
Emma sah mich von der Seite fragend an. „Werden wie die Tante oder wie die Absahner?“
„Beides.“
„Ich glaube, das können wir erst beantworten, wenn die Jahreszahlen unseres Alters auf die dramatischen Höhen dieser diversen Tanten und Onkel zusteuern. Außerdem haben wir bisher nichts zu vererben.“
Erleichtert dachte ich an unser wahrscheinliches Verfallsdatum, das noch weit in der Zukunft lag, wenngleich es offensichtlich unaufhaltsam näher rückte. Schließlich waren die letzten Jahre wie im Flug vergangen. Aber hatten Emma und ich, hatte unsere junge Familie ihre Zukunft nicht erst noch vor sich?
„Mit der Zeit wird die Zeit immer weniger“, sagte ich vor mich hin, und Emma sagte: „Pass auf, da vorne haben sie die Warnblinker eingeschaltet. Das sieht nach Stau aus.“
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