Название | Kapitalmarkt Compliance |
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Автор произведения | Karl Richter |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447035 |
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Dabei ist die Unverzüglichkeit als unbestimmter Rechtsbegriff zu verstehen.[63] Es handelt sich hier im Gegensatz zu anderen Publizitätspflichten nicht um eine mehrtägige Maximalfrist.[64] Wichtig ist, dass wegen des Schnelligkeitsgebots die Organisation so optimiert ist, dass eine zügige Veröffentlichung gewährleistet wird. Damit einher geht zunächst eine Informationsspeicherungspflicht. Diejenigen Informationen, die kapitalmarktrechtlich relevant sein oder in absehbarer Zeit werden könnten, sind unternehmensintern so zu speichern, dass sie von den entsprechenden Entscheidungsträgern jederzeit abrufbar sind.[65] Zwar besteht keine anlasslose Pflicht der Entscheidungsträger, Informationen abzufragen, doch wird sich der Emittent kaum exkulpieren können, wenn die Informationen im Unternehmen zwar vorhanden sind, nur nicht entsprechend weiter gegeben wurden. Unverzüglich i.S.v. „ohne schuldhaftes Zögern“ erfasst daher nicht nur den tatsächlichen Wissensstand im Unternehmen, sondern auch das Vorliegen einer Organisation, die sicherstellt, dass die Informationen an die entsprechende Stelle kommen.[66] Insofern ist im Zweifel konzernübergreifend zu denken, da entsprechende Informationen auch in größeren Tochtergesellschaften oder Beteiligungen entstehen können. In der Literatur wird hier zwischen drei verschiedenen Stadien der Informationsweitergabe unterschieden: einem internen Meldezeitraum, dem internen Entscheidungszeitraum und dem Veröffentlichungszeitraum.[67] Daneben muss selbstredend auch die Vertraulichkeit der Informationsweitergabe auf jeder Stufe sichergestellt sein.[68]
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Aus diesem Grund sollte einerseits der Kreis der zuständigen Empfänger möglichst klein gehalten werden, andererseits ist bei großen und komplexen Unternehmensstrukturen zu beachten, dass die zuständige Abteilung auch nicht mit Informationen überschwemmt wird. Insofern sollte der Informationsfluss vertikal über verschiedene Ebenen abgewickelt werden. Eine „Zergliederung“ ist hier natürlich zu vermeiden. Um möglichst viele Informationen einzusammeln, gleichzeitig aber die zuständige Stelle nicht über Gebühr zu beanspruchen, bietet sich eine Pyramidenstruktur eines Informationssystems an.[69]
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Die BaFin enthält eine Vorab-Mitteilung der Ad-hoc-Meldung, die allen nationalen Handelsplätzen zuzuleiten ist, an denen das Finanzinstrument zugelassen oder einbezogen ist und zwar unabhängig davon, ob der Emittent diesem Handelsplatz zugestimmt hat, um einheitliche Bedingungen für eine eventuell nötige Aussetzung des Handels zu schaffen.[70] Im Hinblick auf die Veröffentlichung selbst hat der Emittent sicherzustellen, dass die Insiderinformationen in einer Art und Weise veröffentlicht werden, die der Öffentlichkeit einen schnellen Zugang und eine vollständige, korrekte und rechtzeitige Bewertung ermöglicht. D.h. es ist darauf zu achten, dass alle Marktteilnehmer europaweit zeitgleich informiert werden müssen und kein Informationsgefälle entsteht, wobei es laut BaFin genügt, wenn ein Medium aus dem Medienbündel zur europaweiten Verbreitung in der Lage ist.[71] Die technischen Mittel für die angemessene Bekanntgabe von Insiderinformationen und für deren Aufschub finden sich in Art. 2 der Durchführungsverordnung, der sich an Art. 21 der Transparenzrichtlinie von 2004 orientiert. Demnach müssen die Emittenten für die Bekanntgabe der Informationen Medien nutzen, bei denen vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass diese die Informationen veröffentlichen.[72] Im Fall einer Ad-hoc-Mitteilung wird jedoch selten die Zeit bleiben, dies herauszufinden und die Mitteilungen entsprechend zu schalten, so dass oft nur die Möglichkeit bleibt, auf professionelle Anbieter zurückzugreifen.[73]
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Kein System funktioniert, wenn die betroffenen Mitarbeiter nicht entsprechend geschult sind. Denn der Mitarbeiter muss konkret im Einzelfall entscheiden, welche Information er oder sie weitergibt und welche als irrelevant anzusehen ist. Das Melde- bzw. Informationssystem muss daher durch eine intensive Schulungsarbeit begleitet werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Mitarbeiter der einschlägigen Fachabteilungen auch ihre Kollegen der Communications-Abteilung adäquat und zutreffend informieren.
2. Teil Emittenten-Compliance › 2. Kapitel Aufbau einer kapitalmarktbezogenen Compliance-Organisation bei Emittenten › VII. Directors‘ Dealings gem. Art. 19 MAR
VII. Directors‘ Dealings gem. Art. 19 MAR
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Im Zentrum der Emittenten-Compliance steht ebenso ein ordnungsgemäßes Mitteilungs- und Veröffentlichungsverhalten sowie die Einrichtung der hierzu erforderlichen organisatorischen Maßnahmen im Rahmen der sog. Directors' Dealings, Managers‚ Transactions oder Eigengeschäfte von Führungskräften nach Art. 19 Abs. 1 MAR. Hierunter sind Eigengeschäfte mit Anteilen oder Schuldtiteln des Emittenten oder damit verbundenen Derivaten oder anderen Instrumenten – einschließlich des Verpfändens und Verleihens – zu verstehen, die von dessen Führungspersonen getätigt werden, sowie weiteren Personen, die mit den Führungspersonen in einem engen Verhältnis stehen. Diese sind verpflichtet, dem Emittenten und der zuständigen Aufsichtsbehörde unverzüglich und spätestens drei Geschäftstage nach dem Datum des Geschäfts das Eigengeschäft zu melden, soweit der Schwellenwert von 5 000 EUR pro Geschäftsjahr pro Person erreicht ist bzw. 20 000 EUR im Fall einer entsprechenden nationalen Regelung (Art. 19 Abs. 8 und 9 MAR). Insoweit wurde die Frist um zwei Tage gegenüber der vorherigen Rechtslage verkürzt. Maßgeblich ist das Verpflichtungsgeschäft, nicht das Verfügungsgeschäft.
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Ferner sind für Personen, die bei einem Emittenten Führungsaufgaben wahrnehmen, Closed Periods nunmehr durch Art. 19 Abs. 11 MAR gesetzlich geregelt, indem diese keine Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte 30 Tage vor Veröffentlichung eines verpflichtenden Zwischenberichts oder Jahresabschlussberichts tätigen dürfen. Das kann de facto, je nach Berichtszeitraum für den Jahresbericht bis zu fünf Monate pro Jahr ausmachen.
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Ausnahmen gelten aber beispielsweise, wenn diese Finanzinstrumente Bestandteile eines Portfolios oder eines Fonds sind (Art. 19 Abs. 1a MAR), in Notlagen oder bei befristeten Aktienprogrammen und Sparplänen (Art. 19 Abs. 12).
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Art. 19 Abs. 2 MAR bestimmt die zuständige Aufsichtsbehörde und das auf die Meldung anwendbare Recht. Die gleiche Pflicht trifft den Emittenten, der darüber hinaus die Meldung veröffentlichen muss. Art. 19 MAR verweist insofern auf die Regelungen für Ad-hoc-Mitteilungen. Man unterscheidet daher Mitteilungs-, Melde- und Veröffentlichungspflichten. Zu weiteren Einzelheiten sei hier auf das 5. Kap. „Directors' Dealings“ verwiesen.[74] Ferner verweist Art. 19 Abs. 15 MAR auf die bereits genannten Durchführungsstandards.
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Hieraus ergeben sich erhebliche Organisationspflichten für den Emittenten bzw. das Unternehmen.[75] Zwar treffen die Meldepflichten und -fristen die Führungskraft und den Emittenten gleichermaßen. Jedoch wird in der Praxis die organisatorische Abwicklung durch den Emittenten vorgenommen.
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Zunächst ist zu prüfen, ob der Emittent unter den Anwendungsbereich einer Mitteilungspflicht fällt. Mitteilungspflichtig sind Personen mit Führungsaufgaben beim Emittenten und solche Personen, die zu diesen Personen wiederum in enger Beziehung stehen. Hierzu zählen nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen. Definiert werden diese Personenkreise in Art. 3 Abs. 1 Ziff. 25 und 26 MAR. Vor einem Aktiengeschäft muss daher auch