Название | Tax Compliance |
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Автор произведения | Markus Brinkmann |
Жанр | Языкознание |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447011 |
d) Taktik beim Verfahrensabschluss
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Das Steuerstrafverfahren kann durch Kooperation mit der Ermittlungsbehörde in viel größerem Umfang positiv beeinflusst werden als dies bei anderen Strafverfahren der Fall ist. Eine wichtige Rolle spielt der Faktor Zeit: Wenn sich die Ermittlungsbehörde zeitraubende weitere Ermittlungen ersparen kann, ist sie häufig auch bereit, bei der Höhe des Steuerschadens Abstriche zu machen. Das kann ausgelotet werden durch frühzeitige Kontakte im persönlichen Gespräch.
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Dabei kommt es entscheidend auf den Eindruck an, den die Beteiligten voneinander gewinnen. Überheblichkeit ist von beiden Seiten schädlich. Sowohl die Ermittlungsbehörde kann sich verrennen in ihrer Einschätzung der Gewichtigkeit des Falles (etwa viel zu hohe Einschätzung des steuerlichen Schadens) wie auch der Verteidiger kann falsch liegen („Verdächtigung Unschuldiger“). Möglicherweise muss man sich an dieser Stelle wieder trennen und eine Zeitlang die weiteren Ermittlungen abwarten. Meistens schaffen diese in der einen oder anderen Richtung eine gewisse Klarheit, so dass nach einiger Zeit ein weiterer Verständigungsversuch sinnvoll sein kann. Letztlich hängt dies jedoch immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.
Was jedoch auf jeden Fall versucht werden sollte, ist der gleichzeitige oder zumindest koordinierte Abschluss von Besteuerungsverfahren und Strafverfahren. Es sollten Veranlagungsstelle und Bußgeld- und Strafsachenstelle an einen Tisch geholt werden und alle Bereiche gemeinsam angeschlossen werden. Steuerlich ist hierbei die tatsächliche Verständigung das Mittel der Wahl, deren Abschluss jedoch strafrechtlich nicht als Geständnis zu werten ist. Das deutlich zu machen ist der Einstieg in die gleichzeitige strafrechtliche Erledigung des Verfahrens, bei der das ehrgeizige Ziel eines Verfahrenseinstellung ohne jede Sanktion (§§ 170 Abs. 2, 153 StPO) oder gar Freispruch nur selten erreicht werden wird. Realistischer wird als erstes Ziel eine Verfahrenseinstellung gegen Auflage nach § 153a StPO angestrebt werden können. Hierbei ist jedoch bundesweit eine erhebliche Spannbreite festzustellen, bis zu welchen Hinterziehungsbeträgen einer Einstellung (noch) zugestimmt wird.
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Ist der Vorwurf schwerwiegender, ist der Fall an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Es sollte aber meist gelingen, auch mit dem Staatsanwalt in Kontakt und zu einer Übereinkunft zu gelangen, zumindest in den häufigen Fällen von kleineren Steuerhinterziehungen.
2. Abgabe an die Staatsanwaltschaft
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In ihren Verfahren hat die BuStra die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft, § 399 Abs. 1 AO. Das ist die überwiegende Anzahl der Fälle, die von den BuStra–Stellen bearbeitet werden. Die Steuerfahnder als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft arbeiten in diesen Verfahren der BuStra als „Finanz–Staatsanwaltschaft“ zu. Der Justiz–Staatsanwalt hat abweichend von § 152 Abs. 1 GVG hier kein Weisungsrecht gegenüber den Steuerfahndungsbeamten.[117]
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Gleichwohl ist die eigenständige Ermittlungskompetenz der Finanzbehörde nach Auffassung des BGH nicht völlig uneingeschränkt. Nach der Rollenverteilung in § 386 Abs. 4 AO soll die Staatsanwaltschaft auch in diesen Fällen insoweit „Herrin des Verfahrens“ sein, als sie – etwa bei Kontroversen über die Führung der Ermittlungen – jederzeit nach § 386 Abs. 4 S. 2 AO das Verfahren an sich ziehen kann, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Der BGH entnimmt dies in entsprechender Anwendung der in §§ 152 Abs. 2, 160 Abs. 1 StPO bestimmten Einschreitens- und Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaft bei Straftaten, die nach § 385 Abs. 1 AO auch bei Steuerstraftaten weiterhin gilt.[118]
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Daher können Fälle der BuStra in drei Fallkonstellationen zur Staatsanwaltschaft kommen:
a) | Die Staatsanwaltschaft zieht den Fall an sich (Evokationsrecht), was sie nach § 386 Abs. 4 AO jederzeit tun kann. Um das Evokationsrecht ausüben zu können, muss die BuStra oder die Steuerfahndung den Fall rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft herantragen.[119] Dazu muss die BuStra die Staatsanwaltschaft frühzeitig über alle Verfahren informieren, bei denen eine Evokation nicht fern liegt. |
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Die Evokation liegt nicht fern, wenn die Sache eine gewisse Bedeutung hat. Das kann auch bei kleineren Hinterziehungsbeträgen vorliegen, wenn z.B. eine besondere öffentliche Aufmerksamkeit besteht wie bei prominenten Personen, kommunalen Amtsträgern oder andere Personen des öffentlichen Interesses.[120] |
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Die frühzeitige Einschaltung der Staatsanwaltschaft ist auch dann angezeigt, wenn sich die Beweislage als schwierig darstellt, wenn der Fall nicht für ein Strafbefehlsverfahren geeignet ist, eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten oder wenn eine Anklage beim Landgericht zu erwarten ist.[121] |
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b) | Die BuStra kann den Fall auch nach pflichtgemäßem Ermessen an die Staatsanwaltschaft abgeben (§ 386 Abs. 4 AO), wenn er eine besondere Bedeutung hat. Hierfür gibt es verschiedene Indizien (die aber von Land zu Land und sogar von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft unterschiedlich gehandhabt werden): – die besondere Bedeutung eines Falles kann in seiner Größenordnung liegen (Grenzen zwischen 50 000 EUR und 200 000 EUR insgesamt hinterzogener Steuern, teilweise sogar noch höher (wie etwa bei den sog. Kapitalanlegerfällen); – Anordnung einer Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) wird angestrebt, Nr. 22 Abs. 1 Nr. 1 AStBV. Die Anordnung muss von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, weil die BuStra selbst bei Gefahr im Verzug dazu nicht befugt ist, Nr. 91 Abs. 3 S. 2 AstBV; – Notwendigkeit der Anordnung von Untersuchungshaft (§§ 112, 113 StPO), Nr. 22 Abs. 1 Nr. 2 AStBV; – besondere rechtliche Schwierigkeiten der Strafsache (z.B. Rechtshilfeersuchen), Nr. 22 Abs. 1 Nr. 3 AStBV; – Verfahren gegen Parlamentsabgeordnete (Landtage, Bundestag, Europaparlament), Nr. 151 AStBV; Diplomaten und andere bevorrechtigte Personen, Nr. 152 AStBV; Angehörige der Streitkräfte anderer Staaten, Nr. 153 AStBV; Jugendliche, Heranwachsende und vermindert Schuldfähige, Nr. 154 AStBV; – Wenn ein Amtsträger der Finanzverwaltung der Beteiligung an einer Steuerstraftat verdächtig ist, ist der Fall sofort an die Staatsanwaltschaft abzugeben. |
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Hinweis:
Steuerhinterziehungen durch Amtsträger haben stets auch eine disziplinarrechtliche Komponente und müssen deshalb dem Disziplinar-Vorgesetzten gemeldet werden. Nach der Entscheidung des BVerwG vom 5.3.2010 steht das Steuergeheimnis dem nicht entgegen, wenn der hinreichende Verdacht auf ein schweres Dienstvergehen gegeben ist.[122] Nach § 49 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 S. 1 BeamtenStatusG sowie nach § 115 Abs. 1, Abs. 6 BBG sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, in Strafverfahren (auch Steuerstrafverfahren) eine Kopie der Anklageschrift an den Disziplinarvorgesetzten des Beamten zu senden.[123]