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Vergessen als zwischen (188) beiden befindlich will ich für jetzt liegen lassen, weil es uns jetzt gar nicht zur Sache gehört.

      Theaitetos: Dann freilich, Sokrates, bleibt nichts übrig für jede Sache, als darum zu wissen oder nicht darum zu wissen.

      Sokrates: Ist es nun nicht notwendig, daß wer vorstellt entweder von dem etwas vorstelle wovon er weiß, oder wovon er nicht weiß?

      Theaitetos: Notwendig.

      Sokrates: Daß aber wer etwas weiß dasselbe auch nicht wisse, oder wer nicht weiß wisse ist doch unmöglich.

      Theaitetos: Wie sollte es nicht.

      Sokrates: Also wer das falsch vorstellt, wovon er weiß, der glaubt wohl, daß es nicht dieses ist, sondern etwas Anderes, um welches er auch weiß, und um beides wissend kennt er auch wieder beides nicht?

      Theaitetos: Aber das ist ja unmöglich.

      Sokrates: Oder das, wovon er nicht weiß, hält er wohl für irgend Anderes, wovon er ebenfalls nicht weiß, und das hieße Jemanden, der weder vom Sokrates weiß noch vom Theaitetos, käme in den Sinn, Sokrates wäre Theaitetos oder Theaitetos Sokrates.

      Theaitetos: Aber wie ginge das?

      Sokrates: Doch wird auch Niemand glauben, etwas wovon er weiß sei etwas wovon er nicht weiß, noch auch auf der andern Seite, wovon er nicht weiß, das sei etwas wovon er weiß.

      Theaitetos: Ein Wunder wäre ja das.

      Sokrates: Wie soll also noch einer falsch vorstellen? Denn außer diesem ist es doch unmöglich etwas vorzustellen, da wir ja von Allem entweder wissen oder nicht wissen, und hierin scheint es unmöglich irgendwie falsch vorzustellen.

      Theaitetos: Sehr wahr.

      Sokrates: Wollen wir nun etwa lieber nicht auf die Art dem nachdenken, was wir suchen, daß wir auf das Wissen oder Nichtwissen gehn, sondern auf das Sein oder Nichtsein?

      Theaitetos: Wie meinst du das?

      Sokrates: Ob nicht etwa schlechthin wer von irgend einer Sache das was nicht ist vorstellt auf jeden Fall falsch vorstellt, wie es auch übrigens in seiner Seele stehen mag.

      Theaitetos: Das hat wieder einen guten Anschein, Sokrates.

      Sokrates: Wie aber? Was werden wir sagen, Theaitetos, wenn uns Jemand fragt, Ist das auch irgend einem möglich, was ihr sagt? und kann wohl einer das was nicht ist vorstellen, sei es nun an und von irgend etwas oder an und für sich selbst? Darauf werden wir wie es scheint sagen müssen, wenn er nicht das Wahre glaubt, indem er etwas glaubt. Oder was wollen wir sagen?

      Theaitetos: Eben dies.

      Sokrates: Findet denn aber auch anderwärts dieses nämliche Statt?

      Theaitetos: Was denn?

      Sokrates: Ob wohl jemand sieht, und doch nichts sieht?

      Theaitetos: Wie könnte er?

      Sokrates: Wenn er nun aber ein Etwas sieht, so sieht er auch wirkliches. Oder glaubst du, das Etwas könne je zu dem Nichtwirklichen gehören?

      Theaitetos: Ich keinesweges.

      Sokrates: Wer also etwas sieht, der sieht auch wirkliches.

      (189) Theaitetos: So scheint es.

      Sokrates: Und eben so wer hört, hört Etwas und Wirkliches?

      Theaitetos: Ja.

      Sokrates: Und wer betastet, der betastet Etwas, und wenn Etwas, auch Wirkliches.

      Theaitetos: Auch das.

      Sokrates: Und wer vorstellt, der sollte nicht Etwas vorstellen?

      Theaitetos: Notwendig.

      Sokrates: Und wer etwas vorstellt, nicht Wirkliches?

      Theaitetos: Ich gebe es zu.

      Sokrates: Wer also vorstellt was nicht ist, der stellt nichts vor?

      Theaitetos: So scheint es.

      Sokrates: Wer aber nichts vorstellt, der wird gewiß überhaupt gar nicht vorstellen?

      Theaitetos: Offenbar, wie wir sehen.

      Sokrates: So ist es demnach nicht möglich das was nicht ist vorzustellen, weder von etwas das ist, noch auch an und für sich?

      Theaitetos: Es scheint nicht.

      Sokrates: Also muß falsch vorstellen etwas Anderes sein als was nicht ist vorstellen.

      Theaitetos: Etwas anderes, so scheint es.

      Sokrates: Weder auf diese Art also, noch so wie wir es vorher aufgefaßt hatten, gibt es eine falsche Vorstellung in uns.

      Theaitetos: Nein freilich nicht.

      Sokrates: Sondern etwa so wollen wir aussagen, daß dieses geschehe.

      Theaitetos: Wie denn?

      Sokrates: Als eine verwechselte Vorstellung finde falsche Vorstellung statt, wenn Jemand etwas wirkliches mit einem andern wirklichen in Gedanken vertauschend sagt, Jenes sei dieses. Denn so stellt er immer etwas wirkliches vor, aber eines statt des andern, und indem er das verfehlt worauf er zielte, kann man mit Recht sagen, daß er falsch vorstellt.

      Theaitetos: Jetzt scheinst du mir vollkommen richtig gesprochen zu haben. Denn wenn sich Jemand etwas anstatt schön häßlich oder anstatt häßlich schön vorstellt, dann hat er wirklich falsch vorgestellt.

      Sokrates: Offenbar, Theaitetos, behandelst du mich sehr obenhin und fürchtest mich gar nicht mehr.

      Theaitetos: Wie so denn?

      Sokrates: Du glaubst gar nicht, denke ich, daß ich dieses »wirklich falsch« aufgreifen und dich fragen werde, ob es wohl möglich ist, daß langsam schnell, oder leicht schwer, oder irgend eines von zwei entgegengesetzten nicht nach seiner eignen, sondern nach der Natur seines Gegensatzes und sich selbst entgegengesetzt werden könne. Doch dieses will ich gehen lassen, damit du nicht vergeblich dreist gewesen bist. Es gefällt dir aber, wie du sagst, daß falsch vorstellen ein verwechseltes Vorstellen sein soll?

      Theaitetos: Mir ja.

      Sokrates: Es ist also deiner Meinung nach möglich, etwas als ein Anderes und nicht als jenes in Gedanken zu setzen.

      Theaitetos: Das ist es auch.

      Sokrates: Wenn dies nun Jemandes Seele tut, so muß sie doch notwendig entweder Beides oder das Eine denken.

      Theaitetos: Notwendig.

      Sokrates: Entweder zugleich oder nach einander.

      Theaitetos: Sehr schön.

      Sokrates: Und Denken, verstehst du darunter eben das wie ich?

      Theaitetos: Was verstehst du darunter?

      Sokrates: Eine Rede, welche die Seele bei sich selbst durchgeht über dasjenige was sie erforschen will. Freilich nur als ein Nichtwissender kann ich es dir beschreiben. Denn so schwebt sie mir vor, daß, so lange sie denkt, sie