Название | PLATON - Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Platon |
Жанр | Философия |
Серия | |
Издательство | Философия |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4066338120939 |
Theaitetos: Gewiß nicht wenig.
Fremder: Freilich wohl, o Theaitetos. Allein dem erklärenden Verfahren liegt nicht mehr noch minder an der Kunst der Badegerätschaften zum Beispiel als an der der Arzeneibereitung, wenn auch jene uns nur geringen, diese aber großen Nutzen gewährt durch ihre Reinigung. Denn indem sie nur um Einsicht zu erwerben das verwandte und nicht verwandte in den Künsten zu entdecken sucht, ehrt sie alle gleichermaßen, und der Ähnlichkeit gemäß hält sie keine vor der andern für lächerlich. Für höher und würdiger aber wird sie den, welcher die nachstellende Kunst als Feldherrnkunst äußert, nicht halten als den, der sie als Kammerjägerei ausübt, sondern meistens nur für großsprecherischer. So auch jetzt bei dem was du fragtest, mit welchem Namen wir diese sämtlichen Verrichtungen, welchen obliegt einen sei es belebten oder unbelebten Körper zu reinigen, benennen sollen, wird ihr nichts daran gelegen sein, welcher ihnen etwa als der zierlichste könnte beigelegt werden; er halte nur, die Reinigung der Seele ausgenommen, alles zusammen verbunden was sonst irgend etwas reiniget. Denn das Reinigen an der Seele sollte eben jetzt von allem andern abgesondert werden, wenn wir anders verstehen was unser Verfahren wollte.
Theaitetos: Wohl ich habe es begriffen, und gebe zu zwei Arten der Reinigung, von denen die eine für die Seele ist abgesondert von der für den Leib.
Fremder: Sehr schön. So höre nun mein nächstes, versuchend auch das eben gesagte entzwei zu schneiden.
Theaitetos: Wie du mich führen willst will ich versuchen dir nachzuschneiden.
Fremder: Bösartigkeit ist uns doch etwas anderes als Tugend in der Seele?
Theaitetos: Wie sollte sie nicht!
Fremder: Und Reinigung war uns doch, das andere zurücklassen, wo es aber irgend etwas untaugliches gibt, dies herauswerfen?
Theaitetos: Das war die Sache.
Fremder: Auch bei der Seele, wo wir eine Hinwegräumung der Schlechtigkeit antreffen, werden wir, wenn wir das Reinigung nennen, wohl gesprochen haben.
Theaitetos: Gar sehr.
Fremder: Zwei Arten von Schlechtigkeit in der Seele sind aber anzuführen.
Theaitetos: Was für welche?
(228) Fremder: Die eine wohnt ihr ein wie dem Leibe die Krankheit, die andere wie die Häßlichkeit.
Theaitetos: Das habe ich nicht verstanden.
Fremder: Vielleicht hältst du Krankheit und Aufruhr nicht für einerlei?
Theaitetos: Auch darauf weiß ich noch nicht was ich antworten soll.
Fremder: Siehst du Aufruhr für etwas anderes an, als für einen in dem von Natur verwandten durch irgend ein Verderben entstandenen Zwist?
Theaitetos: Für nichts anderes.
Fremder: Und Häßlichkeit für etwas anderes als für das überall wo es auch sei widerliche Geschlecht der Ungemessenheit?
Theaitetos: Keinesweges für etwas anderes.
Fremder: Wie nun, merken wir nicht, daß in der Seele das Urteil mit den Begierden, das Gemüt mit den Lüsten, die Vernunft mit der Unlust, und dies alles unter sich bei untauglichen Menschen im Streite liegt?
Theaitetos: Gar sehr gewiß.
Fremder: Und verwandt ist sie doch notwendig dies alles unter sich?
Theaitetos: Wie sollte es nicht.
Fremder: Wenn wir also die Bösartigkeit Aufruhr und Krankheit der Seele nennen, werden wir uns richtig ausdrücken?
Theaitetos: Vollkommen richtig gewiß.
Fremder: Wie aber, wenn etwas dem Bewegung zukommt und das ein vorgesetztes Ziel zu erreichen versucht, bei jedem Anlauf daran vorbeigeht und es verfehlt, sollen wir sagen, daß dem dieses aus Wohlgemessenheit beider gegen einander oder aus Ungemessenheit widerfahre.
Theaitetos: Offenbar aus Ungemessenheit.
Fremder: Aber überall irrt jede Seele, das wissen wir, nur unfreiwillig.
Theaitetos: Gar sehr.
Fremder: Das Irren ist ja doch nichts anders als einer nach Wahrheit ausgehenden bei der Einsicht aber vorbeikommenden Seele Vorbeidenken.
Theaitetos: Unbedenklich.
Fremder: Eine unverständige Seele also ist als eine häßliche und ungemessene zu setzen.
Theaitetos: So scheint es.
Fremder: Es gibt also, wie sich zeigt, diese zwei Gattungen des schlechten in ihr, die eine gemeinhin Bösartigkeit genannt ist offenbar ihre Krankheit.
Theaitetos: Ja.
Fremder: Die andere nennen sie Unverstand, daß sie aber allein eine Schlechtigkeit in der Seele sei, wollen sie nicht eingestehen.
Theaitetos: Offenbar muß man einräumen, was ich, als du es vorher sagtest, noch bezweifelte, daß es zwei Arten der Schlechtigkeit in der Seele gibt, und daß Feigheit, Unbändigkeit, Ungerechtigkeit insgesamt für Krankheit in uns zu halten ist, die oftmaligen und mannigfaltigen Erscheinungen des Unverstandes aber als Häßlichkeit zu setzen.
Fremder: Für den Leib gibt es doch dieser zwei Zustände wegen zwei gewisse Künste?
Theaitetos: Welche sind diese?
Fremder: Für die Häßlichkeit die Gymnastik, für die Krankheit die Heilkunst.
(229) Theaitetos: Offenbar.
Fremder: So ist auch wohl für Üppigkeit, Ungerechtigkeit und Feigheit unter allen Künsten die angemessenste die bändigende Kunst der Rechtsverwaltung.
Theaitetos: Wahrscheinlich ist es, wenigstens menschlichem Urteil nach.
Fremder: Wie aber für den sämtlichen Unverstand könnte man wohl eine andere richtiger nennen als die belehrende?
Theaitetos: Keine.
Fremder: Wohl denn! ob wir sagen sollen, daß es nur eine Art der Belehrung gebe oder mehrere, und vornehmlich zwei wichtigste, das erwäge.
Theaitetos: Ich erwäge.
Fremder: Und ich denke, so werden wir es am schnellsten finden.
Theaitetos: Wie?
Fremder: Wenn wir den Unverstand betrachten, ob er selbst etwa einen Einschnitt in der Mitte hat. Denn wenn er zwiefach ist, wird offenbar die Belehrung auch zwei Teile haben müssen, für jede Art von jenem einen.
Theaitetos: Wie also? zeigt sich dir etwa schon was wir jetzt suchen?
Fremder: Ich glaube eine sehr große und bedeutende Art des Unverstandes abgesondert zu sehen, welche allen andern Teilen derselben das Gleichgewicht hält.
Theaitetos: Was für eine?
Fremder: Wenn was man nicht weiß man glaubt zu wissen; woraus wohl Alles was unserer Seele mißlingt Allen entstehn mag.
Theaitetos: