Название | Textlinguistik |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | Документальная литература |
Серия | narr studienbücher |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783823301066 |
Kommentierte Literaturtipps
Eine Monographie, die exemplarisch für die Herausbildung der Textlinguistik als Textgrammatik steht, ist die erwähnte Habilitationsschrift „Pronomina und Textkonstitution“ von Roland Harweg (1968, 21979). Sie ist insbesondere interessant mit Blick auf die Methoden der strukturell-grammatischen Textbeschreibung. Ein Studienbuch, das einen Überblick über verschiedene Textbeschreibungsmodelle gibt und Studierende in die Lage versetzt, diese an unterschiedlichen analogen und digitalen Textsorten anzuwenden, liegt mit Gansel/Jürgens 22007 vor. In der Monographie von Jürgens 1999 wird am Beispiel verschiedener gesprochen und geschrieben realisierter Textsorten aus dem Bereich der Sportberichterstattung ein Beschreibungsinstrumentarium für textgrammatische Analysen entwickelt. Eine, wenn nicht die zusammenhängende Grammatikdarstellung, in der textgrammatische Phänomene systematisch Aufnahme gefunden haben, ist die „Grammatik der deutschen Sprache“ (GDS) von Zifonun u.a. 1997. Insbesondere zur Anaphorik siehe auch die aktuellere Einführung von Schwarz-Friesel/Consten 2014.
4 Textsemantische Ansätze
Andreas Lötscher
4.1 Die textsemantische Betrachtungsweise: Fragestellung und Abgrenzungen
4.2 IsotopieIsotopie und semantische KontiguitätKontiguität
4.2.1 Isotopie-Konzept von A. Greimas
4.2.2 SemrekurrenzSemrekurrenzRekurrenzSemrekurrenz und semantische Kontuiguität
4.3 Kontiguitätsbeziehungen und propositionale Beziehungen zwischen Sätzen
4.3.1 Kontiguitätsbeziehungen zwischen Sätzen
4.3.2 Propositionale Verknüpfungen
4.4 Theorie rhetorischer Strukturen – Rhetorical Structure TheoryRhetorical Structure Theory (RST)
4.5 Text als Entfaltung einer Kernidee
4.6 Thema als Textvorgabe
4.6.1 Funktionale Themabegriffe
4.6.2 Themenstruktur und HandlungsstrukturHandlungsstrukturStrukturHandlungsstruktur
4.7 Schlussüberlegungen und Ausblick
4.1 Die textsemantische Betrachtungsweise: Fragestellung und Abgrenzungen
Geschriebene Texte präsentieren sich typischerweise als Folgen von Sätzen. Damit Sätze aber einen Text ausmachen, müssen sie mehr sein als bloße Satzfolgen, sie müssen einen Zusammenhang haben. Ein Text ist „eine kohärente Folge von Sätzen, wie sie in der sprachlichen Kommunikation Verwendung finden“ (Isenberg 1970: 1). Von den einzelnen Sätzen her gesehen kann man umgekehrt sagen: Eine Folge von Sätzen wird dadurch zum Text, dass die Sätze untereinander einen Zusammenhang haben.
Die Kernfrage ist: Welcher Art sind diese Zusammenhänge, die Satzfolgen zu einem Text machen?
Man kann diese Zusammenhänge auf verschiedenen Ebenen suchen. Textgrammatische Ansätze (siehe Kap. 3) suchen den Zusammenhang auf der Ausdrucksebene, in ausdrucksseitigen VertextungsmittelnVertextungsmittel wie anaphorischenanaphorisch und deiktischen Beziehungen zwischen einzelnen Ausdrücken, Konjunktionen, Satzgliedstellung. Der Zusammenhang, der zwischen Sätzen ausdrucksseitig hergestellt wird, wird KOHÄSIONKohäsion genannt (siehe 1.3.1).
Formale Ausdrucksmittel sind wichtige sprachliche Verfahren, um textuelle Zusammenhänge zwischen Sätzen anzuzeigen; sie garantieren allerdings nicht aus sich selbst einen zusammenhängenden Text. Im folgenden Text sind alle Sätze durch irgendein sprachliches Mittel verknüpft, und trotzdem bilden die Sätze keine zusammenhängende Folge:
(4–1) Gestern besuchte mich ein alter Freund aus München. Zu diesem Zeitpunkt saß er in der Bibliothek. Deshalb besuchen diese Bibliothek einige Menschen. Solche Menschen essen oft Weißwürste.
Es braucht mehr, damit Satzfolgen ein zusammenhängendes Ganzes ergeben. Eine weiter entwickelte Hypothese lautet: Satzfolgen werden zu Texten, wenn zwischen den Sätzen inhaltliche Beziehungen, d.h. Beziehungen auf Bedeutungsebene bestehen. Der Zusammenhang, der zwischen Sätzen auf der Inhaltsebene besteht, wird KOHÄRENZKohärenz genannt (siehe 1.3.2).
Sätze haben Bedeutung in unterschiedlichen Dimensionen, und welche Dimension entscheidend ist, ist nicht leicht anzugeben. Wichtig ist in der Textlinguistik eine Differenzierung geworden, die primär von einer Unterscheidung zwischen der AbbildungsfunktionAbbildungsfunktionAbbildungsfunktionFunktion und dem Handlungsaspekt von Sprache ausgeht. Äußerungen beziehen sich auf einen Wirklichkeitsausschnitt und beschreiben oder benennen diesen, sie bilden in irgendeiner Weise einen Wirklichkeitsausschnitt ab. Mit Äußerungen vollzieht man jedoch auch HandlungenHandlung im Sinne der SprechakttheorieSprechakttheorie, man bezweckt etwas damit und erzielt Wirkungen. Die handlungsorientierten Ansätze stehen im Zentrum der pragmatischen-kommunikativen Ansätze (siehe Kap. 5).
Textsemantische Ansätze suchen demgegenüber Kohärenz vor allem in den semantischen Eigenschaften von Texten, also jenen Bedeutungsaspekten, die sich aus der sachlichen Bedeutung von Texten und aus ihrem Sachbezug ergeben.
Damit ist das Thema dieses Kapitels gegeben: Es gibt einen Überblick über die verschiedenen Ansätze, welche versuchen, Textkohärenz als Zusammenhänge zwischen semantischen Eigenschaften von Texteinheiten, vor allem zwischen Sätzen, aber auch zwischen größeren Textabschnitten, zu beschreiben.
Eine an sich grundlegende Unterscheidung bei der Bedeutungsanalyse von Sprache bleibt in den einzelnen textsemantischen Beschreibungsansätzen oft ungeklärt, nämlich jene zwischen der abstrakten Bedeutung von grammatischen und lexikalischen Gebilden im Sprachsystem und der Bedeutung der einzelnen Äußerung im Gebrauch. Im Sprachsystem ist die abstrakte Bedeutung am ehesten als allgemeine Gebrauchsregel fassbar. In der Äußerung bekommen Wörter einen Bezug zu einem Realitätsausschnitt, je nachdem REFERENZ oder DENOTATIONDenotation genannt. Häufig wird das Denotat eines Satzes in einer Äußerung als seine Bedeutung verstanden, was jedoch nur in einem eingeschränkten Sinn und nur für eine ganz konkrete, einzelne Verwendung eines entsprechenden Satzes in einer bestimmten Situation zutrifft. Wenn wir die Inhalte suchen, welche zur Kohärenz zwischen Sätzen beitragen, müssen wir grundsätzlich darauf achten, über welche dieser unterschiedlichen Bedeutungsebenen wir sprechen. Diese Unterscheidung wird jedoch in der Praxis der verschiedenen textsemantischen Theorien nicht sehr präzise beachtet.
4.2 Isotopie und semantische Kontiguität
Erste Ansätze zu einer semantischen Beschreibung von textueller Kohärenz, Ende der 1960er-Jahre entwickelt, basieren auf der Analyse von Bedeutungsbeziehungen auf der Wortebene. Vor gemeinsamen sprachtheoretischen Hintergründen entwickelten sich im französischen und im deutschen Sprachraum unterschiedliche Varianten dieser Beschreibungen.
4.2.1 Isotopie-Konzept von A. Greimas
Der litauisch-französische Sprachwissenschafter Algirdas Julien Greimas (1966, dt. 1971) und in seinem Gefolge andere französische Sprachwissenschafter, vor allem François Rastier (1972, 1987), entwickelten in ihrem Ansatz der ISOTOPIEIsotopie den Gedanken, dass Kohärenz zwischen Texteinheiten durch semantische Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Wörtern eines Textes entsteht. Diese Gemeinsamkeiten können direkte Bedeutungsverwandtschaften zwischen einzelnen Wörtern, aber auch Bedeutungsgemeinsamkeiten auf einer eher versteckten, sozusagen über dem Satz „schwebenden“ Ebene sein. Bei Der Hund bellt besteht die Isotopie in den Bedeutungselementen ‚Lebewesen‘ und ‚Hund‘, die sowohl in der Bedeutung von Hund wie in jener von bellen vorhanden sind. In einem Satz wie Nelson befahl,