Название | Beziehungsweisen |
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Автор произведения | Elazar Benyoëtz |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783772001093 |
Eine neue Stufe der Zusammenarbeit bedeutete es, als er im Jahr 2000 den Band „Der Mensch besteht von Fall zu Fall“ komponierte und ich ein Nachwort beisteuerte. Ich konnte ihn für eine Lesung in meiner Kölner Buchhandlung gewinnen, zu der ich die Einführung gab. Bis 2004 kommt es zu mehreren Begegnungen, in Köln, in Bonn, bei der Verleihung des Joseph-Breitbach-Preises der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz; die Briefe wachsen zu einem Briefwechsel an. Als mein Buch über den Aphorismus im 20. Jahrhundert, in den Siebzigern geplant, erschienen war (das ihm ein angemessen großes Kapitel widmet), löste es eine Flut von Briefen bei ihm aus, wie sie auch hier auszugsweise dokumentiert ist. Meine Beschäftigung mit dem Aphorismus, stellte er fest, decke sich genau mit der Entstehungszeit seiner Aphoristik. Er las intensiv: „Das bedeutet, dass ich bald zwölf Stunden mit Ihrem Buch und mit Ihnen spreche.“ Und er schrieb: „Ihre Gattungsgeschichte wird immer mehr zur Geschichte meiner Jugend.“ Dass Elazar Benyoëtz die Gattungsgeschichte wie kaum ein Aphoristiker sonst kennt, wusste ich aus seinen Publikationen; wie genau er sie kennt und wie dicht das Netz persönlicher Bekannntschaft ist, das lernte ich jetzt erst in Fragmenten kennen. In der Folge habe ich dann mehrfach von meiner fortlaufenden Beschäftigung mit dem Autor Rechenschaft gegeben: so in einem größeren Lexikonartikel, in kleineren Festbeiträgen und Rezensionen, in Anthologien und literaturhistorischen Überblickswerken sowie in begleitenden Texten im Lichtenberg-Jahrbuch (Bibliographie im Anhang). Ich konnte ihn zu Tagungen einladen: 2005 zur Lichtenberg-Tagung in Ober-Ramstadt, 2008 zum dritten Aphoristikertreffen in Hattingen, 2015 im Rahmen der Jüdischen Kulturtage im Rheinland in Hilden. Und im Jahr 2007 konnte ich ihn dafür gewinnen, meiner Reihe dapha-drucke im Deutschen Aphorismus-Archiv mit dem ersten Band, einer Auswahl von Aphorismen und Briefen, das Maß vorzugeben.
Der Brief hat im Zusammenhang des Werkes von Elazar Benyoëtz einen im Vergleich zu anderen Autoren herausragenden, wenn nicht einzigartigen Stellenwert: Er ist integraler Bestandteil seiner Vorstellung der Gattung , Buchʻ als einer Komposition von Mischtexten aus Aphorismus, Tagebuch und Gedicht, aus Zitaten und eben Briefauszügen. Dementsprechend sind in seine Werke seit den neunziger Jahren immer wieder auch Briefe integriert. Und auch diverse Briefsammlungen liegen vor, kleinere, unselbstständig gedruckte Briefwechsel mit einzelnen Partnern, größere, vor allem mit dem Band „Vielzeitig“ von 2009, der Briefe von 1958 bis 2007 sammelt, und in „Olivenbäume die Eier legen“, das der Autor als ein „Nachbuch“ bezeichnet und in dem er die Stationen seines Lebens und Werkes auch mit den brieflichen Reaktionen dokumentiert.
Hier nun erwartet den Leser keine weitere Briefsammlung. Aus einem Teil dieses umfangreichen Briefwerkes wird in diesem Band der Versuch eines Autorenporträts unternommen, wie es in den Bemerkungen „Zur Edition“ im Anhang im Einzelnen vorgestellt wird.
F. S.
I „Unleugbar spielten die Briefe in meinem Leben und Werk eine entscheidende Rolle.“ – Der Brief als „gerichtetes Wort”
An Albrecht Goes, AlbrechtGoes, 30. Mai 1986 Nr. 1
Lange habe ich noch an dem Briefwechsel* gearbeitet und solange auch gezögert, Ihnen zu schreiben und Sie erneut um Ihr Wort zu bitten, um Ihr Wort als Dichter, Leser, Freund, Zeuge und Dichter. Es wäre sehr wichtig, dass Sie sich vor diesen Briefwechsel stellen; zu Bodman, Clara vonClärle, das Sie genau erkannten, zu Manuel auch, dessen Novellen Sie herausgaben** und dessen Bild nicht ganz deutlich wird. Und auch zu mir, ja. Betrachten Sie es bitte nicht als Aufgabe – ein Blatt, ein sonniges, schattenspendendes, ein einziges Blatt von Ihrem Baum wäre Leben genug. Die erweiterte Auswahl, die neue Zusammenstellung ist fast makellos, entspricht dem Gelebten und bleibt anfechtbar. Mehr kann ich nicht sagen, könnten Sie aber – auf einer Seite, in einem Vorwort, Nachwort oder Begleitbrief. *** Für Ihre lange, getreue Begleitung, für Ihre ermutigende Rede sage ich Ihnen Dank.
* Solange wie das eingehaltene Licht. Briefwechsel mit Clara von Bodman, Clara vonBodman; Vielzeitig, S. 287 et. pass.; vgl. Olivenbäume, S. 167ff. et pass. (Die Titel der Bücher von EB hier in Kurzform; vgl. dazu die Bibliographie der Werke und Briefeditionen im Anhang.)
** Emanuel von Bodman, Emanuel vonBodman: Das hohe Seil und andere Novellen. Nachwort Albrecht Goes, AlbrechtGoes. Stuttgart: Reclam 1991
*** Der mit beiden befreundete Dramatiker Max Zweig, MaxZweig schrieb das Geleitwort zum Briefwechsel. Vgl. Solange wie das eingehaltene Licht, S. 5–9; vgl. Allerwegsdahin, S. 121f., 127f.; vgl. Aberwenndig, S. 124f., 126f., 321
An Daphne Hertz, DaphneHertz, 8. September 1986 Nr. 2
Ihre erneute Stellungnahme zum Briefwechsel* freut mich, sie ist gut und klar, erlaubt einen neuen Denkansatz und ermöglicht ihn – vom Bart bis zum Honig. Aber wie, wenn beide, Honig wie Bart, echt sind? Und das sind sie doch: der Bart des jungen Juden und Dichters, der Honig der alten Dame. Der Honig zumal ist ein natürlicher, und auch der naturreinste ist immer klebrig. Das ist nicht durchwegs angenehm, doch vermindert nicht den Nahrungswert und zieht von der Süße nichts ab. Oder doch? Ich weiß nun, was Ihnen unangenehm war und wohl noch ist, weiß aber noch immer keinen Grund für Ihre heftige Abwehr: „Auf keinen Fall veröffentlichen!“ Mag sein, dass so manches im Briefwechsel gegen mich spricht, wie zum Beispiel, dass ich mir Honig um den Bart schmieren lasse, muss dies aber auch gegen Clara sprechen? Um sie geht es doch, um sie allein geht es mir. […]. Ich war nicht bemüht, im verklärten oder heiteren Licht zu erscheinen. Von mir gibt es in diesem Buch nur Briefe, Bodman, Clara vonClaras Briefe dagegen enthalten ihr Größenmaß und geben sie maßvoll wieder, sind also viel mehr als nur Briefe, doch leuchten sie schöner und leuchten besser ein, wenn meine Briefe durch ihre Briefe fahren. Oder war es, liebe Daphne, Ihr ganz persönliches Bangen um mein schöneres Bild? Das würde mir gefallen, denn gern gefalle ich Ihnen, trotzdem ist Gefallsucht nicht meine hervorragendste Stärke. So meine ich, es sei gut, dass wir uns über Bart und Honig, über jung und alt, Gefallsucht und Verfallenheit neue Gedanken machen. Dieser Briefwechsel wäre ein annehmbarer Ansatz dazu. Noch einmal: Möge Ihre Abneigung noch so gut begründet sein, sie gehörte zu diesem Fall und wäre losgelöst von ihm nicht zu denken, nicht von Grund auf neu zu bedenken. Ich meine: Der Ausgang entscheidet über den Ansatz, die Jahre werden in der Liebe zu Dauer, und was wir am Ende bedauern, das sind wir zu Anfang gewesen.
* Mit Clara von Bodman, Clara vonBodman. Vgl. Brief an Daphne Hertz, DaphneHertz, Vielzeitig, S. 118f.
An Ludwig Brinckmann, LudwigBrinckmann, 18. Mai 1994 Nr. 3
Briefwechsel ist Austausch, Mitteilung – nicht gleich, nicht durchwegs, nicht unbedingt Dialog. Auch muss nicht immer von Dialog gesprochen, geschweige denn geschwärmt werden. Dialog ist im Sprechen selbst angesetzt, doch lässt sich über diesen Ansatz ebenso gut hinwegsetzen. Manchmal ist dies gerade, was das Imposante eines Briefes ausmacht. Der groß angelegte Brief