Название | Pardona 3 - Herz der tausend Welten |
---|---|
Автор произведения | Mháire Stritter |
Жанр | Языкознание |
Серия | Das Schwarze Auge |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783963319785 |
Amadena sah sie lange und nachdenklich an, bis sie nickte. »Sie werden genügen«, sagte sie.
Dann öffnete sie die Arme weit und das Blut zu ihren Füßen begann zu brodeln und zu dampfen. Mit grellen Schreien erhob sich ein Schwarm fliegender Wesen aus der brodelnden Masse. Im Himmel über der Pyramide streckten sie sich und erreichten ihre volle Größe. Drei bis fünf Schritt lange Schlangenkörper wanden sich wie unter Schmerzen und große, verformte Drachenköpfe stießen ein lautes Zwitschern und Jaulen aus. Fledermausartige Flügel hielten die Dinger in der Luft.
»Brechen wir auf«, sagte Amadena gelassen. Die Dämonen stießen herab und einer der Schlangenleiber schloss sich um Tharseïs und sie wurde in die Höhe gerissen.
Es war kein Flug. Es war ein unendlicher Augenblick der Übelkeit und Desorientierung. Unter ihr wurde das Land hinfort gerissen und mit ihm die Pyramide und die Stadt und weitere ihrer Art, gleichmäßig verteilt, um alle Punkte der Macht zu sichern. Graue Dünen aus toter Erde verschwammen miteinander. Ein gähnender Abgrund zog vorbei und ein Wirbel aus Wolken drehte sich um sie.
Dann setzte der Dämon sie auf festem Untergrund ab. Ihr gesamter Körper zitterte. Sie zwang sich dazu, langsam aufzusehen und die Welt wahrzunehmen, so sehr ihre Instinkte dem widersprachen.
Sie war an Deck eines Schiffes. Über ihr hingen graue Ballons, die miteinander in komplexen Mustern vertäut waren. Es war ein Luftschiff.
Sie wusste, dass das Militär einige davon besaß und es sie auch an anderen Orten geben sollte. Dieses hier führte allerdings keine Hoheitszeichen, die ihr auch nur annähernd bekannt waren. Nur ein Wimpel mit einem silbernen Drachen auf dunklem Grund wehte von den Seilen, die die Ballons hielten.
Mehrere Menschen mit langem, dunklem Haar verneigten sich vor Amadena, die neben Tharseïs über das Deck schritt, und reichten ihr ein weißes Gewand. Die Albin warf sich den Stoff um und schickte die Diener mit einem Wink fort. Dann sah sie zu den Priestern herab, die wie umgeworfene Spielfiguren um sie herum lagen.
»Auf«, sagte sie.
Tharseïs mühte sich auf die Beine und ihr Blickfeld erweiterte sich. Unter ihnen lagen verschneite Berge, hinter ihnen weites, ockerfarbenes Grasland. Wie weit waren sie gereist?
»Es gibt Kammern unter Deck«, wies Amadena an. »Haltet euch von der Besatzung fern.«
Damit ließ sie sie allein.
Die anderen starrten. Tharseïs wandte sich von ihnen ab und orientierte sich. Eine Treppe führte nach unten und da niemand sie aufhielt, ging sie hinab. Reihen von schmalen Türen standen offen. Sie wählte die erste kleine Kammer und schloss sich darin ein. Dort, zwischen einer schmalen Bank und der Wand, ließ sie sich auf die Knie nieder und betete leise.
Ihre Sicherheit begann zurückzukehren.
Die folgenden Tage waren gleichförmig. Das Schiff glitt über den Himmel und unter ihnen zogen Flüsse, Städte und Berge entlang. Tharseïs wusste wenig darüber, wie die Länder jenseits Draydalâns aussahen und so wusste sie nicht, wo sie sich befanden, sondern nur, dass es stets nach Norden ging und sie die größeren Städte mieden, die nur als dunkle Flecken von Geschäftigkeit und Rauch am Horizont verblieben.
Irgendwann blieben diese Städte, die auf Stelzen durch das Land gezogenen Straßen und selbst kleinere Orte zurück und wurden von Bergen ersetzt, zwischen denen tiefe dunkle Täler lagen.
Schließlich sank das Schiff tiefer und eine Festung kam in Sicht. Türme, ummauerte Plätze und massive Stufen waren übereinander gestapelt und hingen an einer Bergflanke wie ein Parasit, der sich festklammerte. Ein lautes Signal ertönte und jemand pochte in schneller Folge an alle Türen im Gang.
Tharseïs ging hinaus an Deck und fror, aber sie hielt sich aufrecht und sah der hochgelegenen Terrasse entgegen, wo zwei Reihen von gerüsteten Wachen auf sie und die anderen warteten. Nur einer von diesen Wächtern hatte den Helm abgenommen – die Gesichter der anderen waren hinter dunklen Metallmasken und Linsen aus gefärbtem Kristall verborgen – und sein Gesicht schien wie eine überzeichnete, kränklich bleiche Parodie auf Amadena gestaltet zu sein. Feine Ohrspitzen hielten schlohweißes Haar zurück und die Augen waren ausdruckslos und schwarz.
Das Schiff legte an, breite Planken wurden zwischen dem Deck und dem eisverkrusteten Stein der Festung ausgelegt und ohne weitere Worte half die Besatzung den Priestern hinüber. Tharseïs konnte ihre Fußsohlen bereits nicht mehr spüren und hielt den Blick bewusst geradeaus gerichtet, als sie über die improvisierte Brücke schritt, und nicht auf den tiefen Abgrund unter ihr.
Aus der Festung trat eine Gestalt ohne Rüstung, nur in ein weißes und purpurnes Gewand gehüllt. Silbriges Haar wehte im Wind wie eine weiße Flamme. War Amadena nicht mehr an Bord gewesen? Sie musste voraus gereist sein, hatte ihre geliehenen Geweihten schlicht auf dem Schiff zurückgelassen.
Jetzt fixierte sie die Gruppe, schien sie zu zählen, und lächelte dann schmal.
»Sehr gut«, sagte sie. »Noch ist keiner von euch tot.«
Damit drehte sie sich um und ließ sie einfach stehen.
Tharseïs blieb zurück, als die anderen unter stummer Anweisung der gerüsteten Alben auf das Tor ins Innere zuhielten, und versuchte, die Ausmaße der Festung abzuschätzen, indem sie auf tauben Füßen vorsichtig näher an die Kante ging und ihren Blick in alle Richtungen wandern ließ.
War das ihr Ziel? Diese verschachtelte Menge dunkler Mauern und schmaler Fenster am Rand der Welt?
Eine Hand legte sich schwer auf ihre Schulter und sie schrak vom Abgrund zurück. Der Alb ohne Helm sah sie ausdruckslos an und sagte etwas in einer Sprache, die sie nicht verstand. Sie schüttelte die Hand ab, strafte ihn mit einem kühlen Blick und ging dann ohne weitere Anweisung ebenfalls zum Tor, raus aus dem schneidenden Wind.
Das Zwielicht unter den schweren Schneewolken schluckte alle Schatten, auch die der anderen. Doch für den Moment war es Tharseïs recht, nicht aufzufallen und wie eine weitere unter Gleichen zu wirken mit den anderen identischen Roben und den geschorenen Köpfen. Wer nicht auffiel, konnte selbst leichter beobachten, und diese verborgene Festung musste zahlreiche Geheimnisse bergen.
Rilmandra wusste von der Festung der Diener Menacors. Es war die Aufgabe des sechsgeflügelten Drachen, über die Nebel zwischen den Welten zu wachen, den Limbus, in dem Rilmandra zu Hause war. Doch das hieß nicht, dass er alles selbst überwachte. In all der langen Zeit, die Rilmandra mit Orima oder allein in der Leere verbracht hatte, war sein Flügelschlag nicht mehr als ein seltener, ferner Sturm gewesen. Doch beginnend mit Drachenartigen und schließlich folgenden Spezies waren mächtige Magier aller Zeiten in seine Dienste getreten, um für ihn die weniger großen Aufgaben anzugehen. So viel wusste Rilmandra.
Sie konnte sie manchmal spüren, wie sie durch den Nebel reisten und sich in vorsichtigen Schritten entlang der Fäden der Kraft bewegten, wie sie beobachteten und zuweilen jene entfernten, die ahnungslos oder mit zerstörerischen Absichten in den Limbus vorgedrungen waren.
Doch Rilmandra wusste nicht um die Position der Festung dieser Wächter oder wer genau dort lebte und agierte. Also suchte sie und lauschte, während sie die nötigsten Reparaturen durchführte. Sie saß dabei neben den gefrorenen Gestalten auf ihrem Deck und knotete und flocht vorsichtig, um den schmalen Fingern ihres Leihkörpers nicht zu viele Blasen in der Haut zuzufügen.
Hond wanderte umher, kommentierte durch die Symbole ihrer Schnitzereien, starrte die Gefrorenen an oder legte seufzend seinen schweren Kopf in ihren Schoß.
»Geduld«, mahnte sie. »So einfach ist es nicht.«
Kraftlinien zitterten, kaum merklich. Sie lauschte und glich das schwache Echo mit anderen ab, die sie in letzter Zeit hatte wahrnehmen können. Es war nicht das jähe,