Название | Gesundheitsförderung für Lehrpersonen und Schulleitungen |
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Автор произведения | Departement Bildung, Kultur und Sport Aargau |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783035502503 |
Für die Planung und Steuerung derartiger Vorhaben sind stabile und flexible Strukturen für wirkungsvolle Prozesse konstituierend. Dabei kommt es zunächst darauf an, die schulischen Herausforderungen richtig einzuordnen und zu verstehen und die passenden Mittel für den angestrebten Zweck zu finden, wie z. B. Jahrgangsteams zur Verbesserung der fächerverbindenden Teamarbeit, Projektteams zur Kooperation mit außerschulischen Partnern oder ein Steuerkreis zur Koordination aller aktuellen Vorhaben, um nur wenige Beispiele zu nennen. Nur wenn die Mittel kein Selbstzweck sind und die Strukturen gute, d. h. partizipative, transparente und ergebnisbezogene Prozesse ermöglichen, entstehen Bedingungen, die bei den Beteiligten »Sinn« erzeugen können. Damit das Ganze gut handhabbar wird, sind sichtbare Ziele sowie geklärte Rollen, Aufgaben und Abläufe mit eindeutigen Entscheidungswegen und transparenten Informationsflüssen notwendig. Solche Prozesse, die von selbstkritischen Ist-Analysen sowie von geklärten Zielen, vereinbarten Wegen und Schritten dorthin und von hierfür notwendigen Ressourcen getragen sind, beflügeln eine wirkungsvolle Teamarbeit auf allen Ebenen. Deren Wirkungen werden dann von vielen gespürt, reflektiert und wertschätzend gewürdigt. Aber erst wenn die Gesamtarchitektur aller wesentlichen Ziele, Vorhaben, aktueller »Baustellen« sowie deren Steuerungs- und Arbeitsgremien in einem Überblick – z. B. in Form eines attraktiven Organigramms – für alle transparent ist, können alle Teile als Elemente eines gemeinsamen Ganzen sinnstiftende Bedeutung erlangen.
Schließlich gelingt es guten und gesunden Schulen, Teufelskreise von Ohnmacht und Schuldzuweisungen oder Motive des Selbstschutzes und der inneren Kündigung als Ausdruck einer kränkenden Kultur des Misstrauens und der Konkurrenz Schritt für Schritt in einer Kultur und einem Klima der Anerkennung und Wertschätzung und des wechselseitigen Vertrauens zu lösen. Hier bilden Partizipation und Mitwirkung nicht nur schöne Worte, sondern werden effektiv praktiziert, indem Gemeinsinn keinen Zwang zur Unterordnung darstellt, sondern zunächst einen respektvollen Umgang mit Differenzen und dann vor allem die Chance für einen gemeinsam entwickelten »Sinn« für schulische Entwicklungsvorhaben eröffnet. Diese wiederum machen konsensorientierte Entscheidungen möglich; und die soziale Zugehörigkeit bedeutet eine geteilte Mit- und Selbstverantwortung und erlebte Unterstützung. Und Bedeutungen sind deshalb zentral, weil Klima kein objektiver Zustand, sondern das ko-konstruierte Ergebnis intersubjektiver Deutungen ist.
Abb. 5: Sinnstiftende Organisationsentwicklung in gesunden Schulen
Mit diesem Ansatz wird Gesundheitsförderung konzeptionell und praktisch nicht mehr additiv in Form von zusätzlichen (Gesundheits-)Projekten, sondern integral als ein Schlüssel guter Schulqualität lebendig. Und »gut« bedeutet hierbei vor allem eine Schulqualität, die das individuelle und gemeinsame Verstehen, Handhaben und Sinnfinden fördert.
Hierdurch entsteht ein schulisches Immunsystem eigener Werte, Visionen und Ziele, das sich in stabilen, aber flexiblen Strukturen mit wirkungsvollen Prozessen und einer wertschätzenden Kultur in einem als unterstützend wahrgenommenen Klima ausdrückt und Einzelne und Teams vor Willkür und »Projektitis« sowie vor Torheit schützt und stärkt.
1.4 Schulleitung: Schule kohärent und heiter führen
Weil das Handeln der Schulleitungen nachweislich direkt und indirekt Einfluss auf die gesundheitlich relevanten Bedingungen der Schule nimmt, wird Lehrergesundheit inzwischen als Führungsaufgabe verstanden (Harazd, Gieske & Rolff, 2009). Dabei stehen Schulleitungen als »soziale Innenarchitekten« (Rolff, 2013) vor der Herausforderung, für die Schule eine in sich stimmige und sinnstiftende Vision und Konzeption zu entwerfen und hierfür die passenden Strategien und Strukturen für wirkungsvolle Prozesse aufzubauen und zu pflegen, durch die Schulentwicklung in einem kollegial-unterstützenden und wertschätzenden Klima als »Sinn stiftend« verstanden und handhabbar wird. Und dies, obwohl von vielen Schulleitungen die Kontexte und Anforderungen von außen, denen sich Schule gesellschaftlich und politisch ausgesetzt sieht, als zunehmend inkohärent und zuweilen auch als widersprüchlich wahrgenommen werden. Dennoch gilt es, die in der Steuerung erlebten Widersprüche, Zielkonflikte und Dilemmata für alle anderen der Schulgemeinde möglichst gesundheitsförderlich und kohärent zu gestalten – und dies, ohne dabei selbst zu erkranken. Vor diesem Hintergrund schlagen wir als salutogenes Motto für Schulleitungen vor: »Schule kohärent und heiter führen«.
Zum einen haben Schulleitungen die Aufgabe, die eigene Schule kollisionsfrei durch die Irrungen und Wirrungen des Alltags zu steuern, indem sie die personellen, administrativen, finanziellen und organisatorischen Herausforderungen umsichtig managen. Mit diesem Aufgabenkanon sichern sie die Funktionstüchtigkeit und damit das »Standbein« der Schule, indem sie für versteh- und handhabbare Ziele und Kontexte sorgen, transparent entscheiden und steuern und dabei Erfolge sichtbar anerkennen und verstärken (Dubs, 1994; Seitz & Capaul, 2005; Buchen & Rolff, 2006).
Dieses »Standbein« umfasst einerseits ein schulisches Gesundheitsmanagement, das ( z. B. mithilfe eines repräsentativen Gesundheitszirkels) dafür Sorge trägt, den gesundheitlichen Belastungen aller Mitarbeitenden eine Stimme zu geben und mit kleinen und großen Veränderungen gesundheitsförderliche Entlastungen zu ermöglichen ( z. B. durch den Aufbau eines Unterstützungssystems für Lehrpersonen) bzw. gegenüber Entscheidungsträgern notwendige Verbesserungen durchzusetzen. Andererseits umfasst das Gesundheitsmanagement ein umsichtiges (Selbst-)Management, durch das Schulleitungen als »Fels in der Brandung statt Hamster im Rad« (Kéré Wellensiek, 2012a) die eigene Gesundheit selbstverantwortlich schützen und pflegen (Kéré Wellensiek, 2012b).
Zum anderen haben Schulleitungen als »Agentin des Wandels« (Schratz, 1998) die Aufgabe, Freiheitsgrade und Gestaltungsspielräume auszuloten, um die Schule zukunftsfähig pädagogisch weiterzuentwickeln. Dazu gilt es die Schule kohärent zu führen (Leadership), indem Schulleitungen frühzeitig Bedarf und Bedürfnisse erkennen, zwischen Wünschenswertem und Machbarem sowie zwischen Bewahren und Verändern eine immer wieder neu zu tarierende Balance finden (Dubs, 1994; Seitz & Capaul, 2005; Buchen & Rolff, 2006).
Im Gegensatz zum Management, das kreative Lösungen im System bzw. im gegenwärtigen Paradigma zu finden sucht und im Umgang mit Mitarbeitenden durch Motivation und Kontrolle geprägt ist, zeichnet sich Leadership vor allem durch eine Arbeit am System bzw. in der Entwicklung neuer Visionen und neuer Paradigmen aus. Mitarbeitende sollen durch Inspirationen beflügelt und vertrauensvoll begleitet werden, was von Lüde in Voß (2002) als »Sinn-Management« beschrieben hat und im hier skizzierten Kontext einer Stärkung des Kohärenzsinns eine neue Bedeutung erfährt. Die hierfür nötige Gestaltungskraft einer erfolgreichen Leadership wird durch eine von den Mitarbeitenden erlebte Stimmigkeit zwischen politisch-moralischen, administrativen, symbolischen, human-sozialen und pädagogischen Kräften wirksam (Dubs, 1994), die wir als kohärente Führung beschreiben und die das individuelle und teambezogene Können, Sollen und Wollen der Mitarbeitenden salutogen färbe (Heyse, 2011) und den schulischen Arbeitsplatz und Lebensraum gesundheitsförderlich gestalten (Brägger & Posse, 2007; DAK & Unfallskasse NRW, 2012).
Die inneren und äußeren Kräfte, die im umsichtigen Managen und Verwalten auf das »Standbein« und im kohärenten Führen und Gestalten auf das »Spielbein« wirken, bilden vermutlich die eigentliche Herausforderung für Schulführungskräfte. Gesund bleiben wird hierbei nur, wer sich mit der Kernkompetenz einer professionellen Resilienz (Kéré Wellensiek, 2014) zusätzlich die älteste Medizin der Menschheit zunutze macht: Heiterkeit und Humor.
Abb. 6: Schulführung in gesunden Schulen
Bei aller professioneller Steuerung zwischen datengestützten Ist-Analysen und wertgeschätzten Ergebnissen, zwischen individuellen, team- und systembezogenen Interventionen oder bei virtuosen Balanceakten