Parlamentsrecht. Philipp Austermann

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Название Parlamentsrecht
Автор произведения Philipp Austermann
Жанр Языкознание
Серия Schwerpunktbereich
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783811488526



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stellen – teilweise anknüpfend an die schichtenübergreifende, freilich konfessionell gebundene Zentrumspartei der Weimarer Republik – die Prototypen dar.[79] Die SPD folgte nach dem Godesberger Programm 1959.[80] Das sich in den 1950er Jahren ausbildende Dreiparteiensystem (CDU/CSU, SPD, FDP) erweiterte sich seit den 1980er Jahren zum Vierparteiensystem mit dem Aufkommen der „Grünen“, um sich nach der Wiedervereinigung weiter auszudifferenzieren.[81] Die Volksparteien, die durch innerparteilichen Interessenausgleich die parlamentarische Kompromissfindung erleichtern und über die föderalen und gewaltenteiligen Brüche hinweg einheitlich Personal zur Verfügung stellen, haben die beispiellose Stabilität der Bundesrepublik in den ersten 60 Jahren ihres Bestehens ermöglicht. In der Gegenwart sind hier jedoch durch die Schwäche sozialmoralischer Milieus und ihre Ersetzung durch stärker individualistisch-fragmentierte Öffentlichkeiten Auflösungserscheinungen festzustellen.[82] Traurige Konstante der öffentlichen Wahrnehmung des Wirkens der politischen Parteien in Deutschland ist eine tief verwurzelte, durch Wahrheits- und Einheitssehnsüchte genährte Parteienkritik als Teil antiparlamentarischer Grundstimmungen über die Epochen der Parteiengeschichte und der rechtlichen Institutionalisierung der Parteien hinweg.[83] Interdisziplinäre Aufgabe muss es demgegenüber sein, Parteien nicht als pathologische Erscheinungen, sondern als für die pluralistische Auseinandersetzung notwendige Einrichtungen, die aus erkenntnistheoretischer, partizipatorischer und integrativer Sicht unverzichtbar sind, erneut bewusst zu machen.[84]

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      Die Kontinuität gilt zum einen für die Regelungsform des autonomen Parlamentsrechts: Obwohl deren maßgebliche Triebfeder aus dem Konstitutionalismus (die Umgehung des Mitwirkung des Monarchen bei der förmlichen Gesetzgebung) weggefallen ist, wird die Geschäftsordnung bis heute als Rechtssatz eigener Art oder – wie die h.M. meint – „autonome Satzung“ erlassen. Die Kontinuität ist zum anderen bei den Regelungsinhalten zu beobachten: Ein Kanon an parlamentarischen Institutionen und Rechtsinstituten steht im Kern seit der Paulskirchenversammlung, spätestens aber seit der Geschäftsordnung des Preußischen Abgeordnetenhauses fest. Er wird stetig ergänzt, aber kaum mehr substanziell gekürzt.

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      Vieles im Bundestag gemahnt an den Reichstag: die Anordnung der Regierungs- und der Bundesratsbank, die Sitzordnung im Plenum, die Beachtung des Fraktionsproporzes (unter anderem bei den Redezeiten), das jederzeitige Zutritts- und Rederecht der Mitglieder und Beauftragten von Bundesregierung und Bundesrat (Art. 43 Abs. 2 GG), der vergleichsweise sachorientierte und wenig lebendige Debattenstil und das Selbstverständnis als „Arbeitsparlament“ (mit hoher Bedeutung der Ausschüsse und interfraktionellen Absprachen) sowie die betonte Eigenständigkeit des Bundestages im Verhältnis zur Bundesregierung (z.B. beim Hinweis auf das „Struckʼsche Gesetz“, wonach das beschlossene Gesetz nahezu immer vom Gesetzentwurf abweicht).

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      § 2 Geschichte der Parlamente und des Parlamentsrechts › IV. Scheinparlamente

IV. Scheinparlamente

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      Am 17. Mai 1933 tagte der Reichstag zum letzten Mal als Mehrparteienparlament.

      Während der Regierungszeit Hitlers tagte der Reichstag übrigens nie im Reichstagsgebäude. Stattdessen trat er überwiegend und passenderweise in der „Kroll-Oper“, einem Veranstaltungskomplex gegenüber vom Reichstagsgebäude, zusammen. Hitler sprach auch nie im Reichstagsgebäude.