Название | Sagen Sie doch, was Sie wollen! |
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Автор произведения | Saskia Schottelius |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783035040029 |
Eigentlich wollten Sie etwas Positives sagen: freundlich, unterstützend, anerkennend. Aber Sie sagen es nicht. Stattdessen verpacken wir unsere Begeisterung oder Lobeshymne in kleinmachende, abschwächende und einschränkende Wortklammern: »eigentlich, ziemlich, irgendwie, sozusagen …« – selten hat etwas einfach Spaß gemacht oder jemand wirklich etwas uneingeschränkt gut gemacht.
Es scheint schwer zu sein und große Gefahren nach sich zu ziehen, etwas Positives beim Namen zu nennen. »Frau Haupt, das haben Sie ausgezeichnet gemacht.« Na, hören Sie schon das »aber«? Richtig, wir können kaum etwas hervorheben, ohne nicht im gleichen Atemzug die »Gunst der Stunde« zu nutzen und gleich wieder mit schweren Sprachgeschossen aufzufahren: »aber bitte vergessen Sie die Rechnungen nicht«.
Oder machen Sie mal einen Punkt hinter Ihrem Lob: »Das gefällt mir sehr gut.« Was würde passieren? Alle warten geradezu schon darauf, dass da noch etwas hinterherkommt: »Was will der/die denn jetzt schon wieder von mir? Der will sich wohl bei mir einschleimen. Der will mich wohl verschaukeln.« Frei nach dem Motto: »Der, der lobt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.« Ja, lügen wir denn alle immer? Nein. Wir haben es nur nicht gelernt und sind es nicht gewohnt, Anerkennung auszudrücken und auch anzunehmen. Das ist in unserer Gesellschaft nicht üblich.
Der, der lobt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.
Stattdessen benutzen wir doppelte Negationen, die für die anderen doppelt schmerzhaft sind, wenn wir den psychologischen Effekt von negativer Sprache bzw. negativen Sprechens bedenken. Warum muss ich sagen, da hab ich nichts dagegen, wenn ich eigentlich dafür bin? Wie kommt es zu der »Anerkennung« »das ist nicht von schlechten Eltern«, wobei es die Formulierung, »das ist aber von guten Eltern« gar nicht gibt? Und muss ich mich auf eine angebotene Praline mit »da kann ich nicht nein sagen« bedanken, wenn ich doch einfach »o ja gerne« sagen könnte?
Wenn ich nach einem wunderbaren Abend sage: »Das Musical war ganz toll. Das kann ich nicht anders sagen!«, dann nehme ich mein uneingeschränktes Lob gleich wieder in Schutz, so als wäre es verboten, etwas so uneingeschränkt Positives zu formulieren. Warum soll ich es denn anders sagen können? Heißt das, in unserer Gesellschaft muss eigentlich anders, nämlich negativ-»kritisch« gesprochen werden, um ernst genommen zu werden? Was für ein Bild wirft das auf unsere Lebenswirklichkeit? Oder ist das nur ein speziell deutsches Phänomen?
Ich glaube nicht, denn in vielen anderen Sprachen finden sich ähnliche Wendungen. Das bedeutet aber, etwas überzogen formuliert, dass wir in einer Welt leben, die vom Negativen ausgeht. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist eine hervorragende Leistung nämlich nicht ganz so negativ, zum Beispiel »gar nicht so schlecht«. Oder, wenn ich davon ausgehe, dass in unserer Welt immer geklagt wird, kann ich, wenn es mir sehr gut geht, erklären: »Och, ich kann nicht klagen!« Ist das Essen gut, dann ist es eben nur so gut, dass man sagen kann: »Das Essen war echt prima, da kann man nicht meckern!«
Negativ gemeint, aber …
Oft lügen, vertuschen oder verdrehen wir einfach auch, weil wir es ebenso nicht gelernt haben, klar und deutlich, bestimmt und doch sachlich unsere Meinung zu sagen. Verrückterweise sind die wenigen klaren positiven Sätze (wie »das hast du ja toll gemacht«), nach denen unser Ich so dürstet, genau da zu finden, wo sie wieder völlig entwertet werden, »ver-rückt« werden, nämlich negativ gemeint: »Das hast du ja mal wieder toll gemacht!« Da heißt es nicht: »Juhu, schön, dass du schon da bist«, sondern: »Schön, dass du auch schon da bist« – nämlich viel zu spät, wie sich am Unterton heraushören lässt.
Und warum machen wir das? Weil wir feige sind. Weil wir Angst haben, die Wahrheit, nämlich ein klarer Vorwurf, könnte viel zu hart klingen, die anderen könnten sauer auf uns sein, und wir selber wollen auch gar nicht zugeben, wie enttäuscht wir sind. So helfen uns diese verlogenen Formulierungen, Wut und Ärger hinunterzuschlucken und höchstens noch in Form von Magenschmerzen weiter zuzulassen.
»Ich bin total sauer auf dich. Seit einer halben Stunde warte ich hier vor der Tür und jetzt ist mir der Spaß am Kino vergangen.« Sagen wir das, haben wir wenigstens die Chance auf ein klares Wort wie »Entschuldigung« und können unseren Zorn »austragen«. Bei »Toll, dass du auch schon da bist« begegnet uns eher ein ebenso unehrliches wie vertuschendes »Ach, lass mich doch in Ruhe« und der Abend ist gelaufen. Glauben Sie, dass der andere das ernst meint und wirklich in Ruhe gelassen werden will? Nein, natürlich tut es ihr oder ihm Leid – »irgendwo«. Nur, wie sag ich das?
»Sagen Sie doch, was Sie wollen!« Der Titel dieses Buches ist genauso zweischneidig, je nach Akzent. Das könnte eine Aufforderung sein zum klaren, bestimmten und offenen Sprechen. Dahinter hören wir aber auch ein »Ach, sagen Sie doch, was Sie wollen …« (ich glaub Ihnen sowieso nicht/ich hör doch nicht auf Sie). Schöne, neue Welt.
1.3 Übungen
»Denken Sie jetzt bloß nicht an eine weiße Maus!«
Sammeln Sie spontan so viele negative Formulierungen wie möglich. Notieren Sie einen Tag lang alle negativen Formulierungen, die Ihnen auffallen. Fangen Sie jetzt damit an und lesen Sie erst später weiter.
Na, sicher sind Sie erstaunt, wie viele negative Bemerkungen, Aufforderungen und Kommandos uns im Laufe eines Tages erreichen oder von uns selbst als Botschaft ausgesendet werden. Wollen wir aber motivierend und inspirierend auf andere wirken und selbst so wenig wie möglich blockiert und frustriert werden, so müssen wir lernen, unsere Alltagssprache positiv umzustrukturieren, das heißt negative Formulierungen in positive umzuwandeln. Versuchen Sie es selbst doch einmal mit folgenden Formulierungen – das ist manchmal ganz schön knifflig.
Bitte notieren Sie Ihre Umformulierungen schriftlich.
Knall die Tür nicht so!Kein EingangNa, das ist ja gar nicht schlecht!Das ist total falsch!Ach, ich hab ja so schlecht geschlafen!Hast du keine Ohren?Wegen Betriebsferien geschlossenMachen Sie sich keine Sorgen! |
Mögliche Lösungen finden Sie hier. Das hört sich doch gleich viel freundlicher an, nicht wahr?
Knall die Tür nicht so! | Bitte schließ die Tür leise! |
Kein Eingang | Bitte benutzen Sie den Seiteneingang. |
Na, das ist ja gar nicht schlecht! | Das ist ja (wirklich) sehr gut. Prima! |
Das ist total falsch! | Interessante Lösung. Oder: Das sehe ich anders. (Das Problem ist das abwertende »total«. Hier gab es in meinen Kursen viele Diskussionen, auch über die Frage, was subjektiv richtig oder falsch ist.6) |
Ach, ich hab ja so schlecht geschlafen! | Ich hatte heute Nacht viele Träume. Oder: Ich habe über eine Stunde wach gelegen. |
Hast du keine Ohren? | Hör mir bitte jetzt genau zu. Besser: Sieh mich bitte an, wenn ich mit dir spreche. (In Wirklichkeit geht es hier nicht um das Hören, sondern um das Gehorchen.) |
Wegen Betriebsferien geschlossen | Wir ruhen uns für Sie aus! |
Machen Sie sich keine Sorgen! | Sehen Sie die Sache einmal so … Oder: Es ist alles in Ordnung; seien Sie optimistisch. |
Und nicht nur das! So erstaunlich das klingt: Sie erreichen Ihre Ziele/Intentionen leichter, wenn Sie diese positiv formulieren.
Betrachten wir dazu die Funktionsweise unseres Gehirns: Die rechte Gehirnhälfte arbeitet mit Vorstellungen und Bildern, die linke ist für die rationale Seite zuständig. Sprechen wir in »negativer Sprache«, so wird die positive Vorstellung immer mitgeweckt – in Form eines verlockenden Bildes, das aber rational gleich wieder negiert wird. Zum Beispiel evoziert ein Satz wie »Iss nicht so schnell« die Vorstellung vom schnellen Essen (als angenehme Idee). Die Verneinung wird woanders verarbeitet – nämlich unabhängig davon. Berühmtes Beispiel: »Denken Sie jetzt bloß nicht an eine weiße Maus!« Na, was passiert? Sie haben sofort das Bild einer weißen Maus vor sich, ob Sie wollen oder nicht.
Was