Название | Einführung Gesundheitspsychologie |
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Автор произведения | Nina Knoll |
Жанр | Медицина |
Серия | PsychoMed compact |
Издательство | Медицина |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783846347454 |
Ihr Gegenstand sind psychologische Prozesse, die bei der Förderung und Erhaltung von Gesundheit, Vermeidung von Krankheit und in der Gesundheitsversorgung und Rehabilitation eine Rolle spielen (Matarazzo 1980).
Gesundheitspsychologen untersuchen, wie Verhalten, Kognitionen, Emotionen, Motivation und Persönlichkeit einer Person ihre Gesundheit beeinflussen. Zu den zentralen Forschungsfragen der Gesundheitspsychologie gehören: „Welche Verhaltensweisen fördern den Erhalt von Gesundheit?“, „Was sind wirksame Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten?“ und „Welche Faktoren fördern die Lebensqualität bei vorhandener Krankheit?“
Forschungs -schwerpunkte
Die Gesundheitspsychologie gehört zu den anwendungsbezogenen Fächern der Psychologie. Innerhalb der Gesundheitspsychologie kann man dennoch grundlagenbezogene Forschungsfelder von den rein angewandten Forschungsgebieten unterscheiden. Spezifische Grundlagen-Forschungsfelder sind beispielsweise gesundheitsrelevantes Verhalten (z. B. Ernährung), Stressbewältigung, Risikowahrnehmung oder subjektive Krankheitstheorien. Dabei werden sowohl individuelle Faktoren wie Persönlichkeit, konstitutionelle Veranlagung, Informationsverarbeitungsprozesse als auch soziale Faktoren wie soziale Netzwerke, konkrete Unterstützungsleistungen, Verhaltensnormen und Zugang zu medizinischen Versorgungssystemen berücksichtigt. Die angewandte Gesundheitspsychologie beschäftigt sich mit der Entwicklung und Evaluation von Gesundheitsförderungsprogrammen.
Kennzeichnend für die Gesundheitspsychologie als wissenschaftliche Disziplin ist die Integration von Befunden aus verschiedenen Bereichen der Psychologie wie Sozialpsychologie, Wahrnehmungs- und kognitive Psychologie, Entwicklungspsychologie sowie die Verpflichtung gegenüber dem biopsychosozialen Modell (s. Abschnitt 1.1.2).
Dabei versteht sie sich
„als ein neues psychologisches Fach, das sich mit den Entstehungsbedingungen und der Prävention von gesundheitlichen Störungen und Risikofaktoren befasst. Dies geschieht unter Rückgriff auf Erkenntnisse anderer psychologischer Fächer und unter besonderer Berücksichtigung protektiver Faktoren von Gesundheit.“ (Schwarzer 2001)
1.1 Was ist Gesundheit? Das biomedizinische und das biopsychosoziale Modell
Die Erforschung des Zusammenspiels zwischen psychischen und somatischen (körperlichen) Phänomenen hat eine lange Tradition in der Psychologie. Die Untrennbarkeit dieser beiden Phänomene wird durch empirische Befunde verschiedener Disziplinen verdeutlicht. Sie haben gezeigt, dass z. B. das Immunsystem von emotionalen Zuständen beeinflussbar ist oder dass genetische Veranlagungen und Verhaltensweisen in der Entstehung von Krankheiten interagieren. Diese Erkenntnisse sind allerdings neueren Datums, und Bemühungen, daraus resultierende Präventionsideen in die Versorgungsstruktur somatischer Erkrankungen zu übertragen, sind andauernd.
1.1.1 Das biomedizinische Modell
Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit
Im 19. Jahrhundert wurde eine Vorstellung implementiert, in der Krankheit und Gesundheit vollständig als naturwissenschaftlich objektivierbare Zustände biologischer Organismen definiert werden. Die Definition von Krankheit stützt sich allein auf operationalisierbare und empirische Kriterien, z. B. Abweichungen biologischer Funktionen von einer statistischen Norm einer Referenzgruppe (wie etwa der Altersklasse) oder Störungen des Organismus, die das Überleben und die Reproduktionsfähigkeit gefährden. Ursachen für Krankheiten werden ausschließlich genetischen oder externen Ursachen zugeschrieben, wie etwa Bakterien oder Viren. Konsequenterweise sind die Behandlungskonzepte rein somatischer Natur (z. B. Operationen, Chemotherapie, medikamentöse Behandlung) und entbinden den Kranken jeglicher Verantwortung für seinen Zustand und seine Heilung.
Dies gilt gleichermaßen für Gesundheit: Nach dem biomedizinischen Modell wird Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit verstanden. Daher gibt es auch keine Verantwortlichkeit für die eigene Gesundheit; Körper und Geist werden als getrennte Einheiten betrachtet. Krankheiten können zwar psychisches Unwohlsein hervorrufen, aber nicht umgekehrt. Präventivmaßnahmen beinhalten Impfungen und die Reduktion schädlicher Stoffe in der Umwelt.
1.1.2 Das biopsychosoziale Modell
Die Denkart des biomedizinischen Modells wurde im 20. Jahrhundert abgelöst von der Vorstellung, dass Krankheiten von einem Wechselspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren verursacht werden (s. Abb. 1.1). Sowohl bei der Entstehung als auch im Verlauf von Krankheiten sind psychische Faktoren wie Emotionen (z. B. chronische Angst, Depression, Trauer) und Kognitionen (z. B. subjektive Theorien über Verhaltensweisen, die zur Genesung beitragen, Erwartungen an den Krankheitsverlauf) sowie sozial-gesellschaftliche Faktoren (z. B. Erwartungen an das Krankheitsverhalten, finanzielle Entlastung in der Versorgung) beteiligt.
Gesundheit und Krankheit werden im biopsychosozialen Modell nicht als dichotome Entitäten angesehen, sondern als Endpunkte eines Kontinuums. Dabei spielen Auftretenszeitpunkt, Chronizität und die Auswirkungen auf das Funktionieren im Alltag eine wichtige Rolle für Annahmen über die Belastung, die eine Erkrankung mit sich bringt.
Kontinuum Gesundheit – Krankheit So ist es für einen gesunden Menschen „normal“, gelegentlich an einer Erkältung zu erkranken. Aber häufiges oder verlängertes Auftreten einer solchen gilt als ungesund und behandlungsbedürftig. Ferner wird die Unterscheidung „gesund / krank“ prinzipiell nicht unabhängig vom subjektiven Befinden einer betroffenen Person oder von sozialen und moralischen Werten oder Normen gesehen. So können zwei Personen mit einer Hausstauballergie sich in unterschiedlichem Maße in ihrem Wohlbefinden oder in ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt fühlen oder in unterschiedlichem Maße das Versorgungssystem in Anspruch nehmen. Oft richten sich die Behandlungsentscheidungen einer Ärztin oder eines Arztes nach dem Ausmaß subjektiver Beschwerden ihrer Patientinnen und Patienten.Abb. 1.1: Das biopsychosoziale Modell (nach Engel 1977; 1980)
aktive Rolle des Patienten
Das biopsychosoziale Modell betont die aktive Rolle von Individuen bei der Erhaltung und Förderung ihrer Gesundheit sowie im Genesungs- und Rehabilitationsprozess. Diese aktive Rolle des Patienten zu unterstützen ist eines der wesentlichen Ziele der Gesundheitspsychologie. Sie greift dabei auf Erkenntnisse insbesondere der sozialpsychologischen Grundlagenforschung zurück: Beispielsweise wird erforscht, welche spezifischen Emotionen (z. B. Angst, Schuld oder Trauer), kognitiven Inhalte (wie Pessimismus oder beständiges Ruminieren) und Verhaltensweisen (z. B. aktive Suche nach sozialer Unterstützung vs. passiver sozialer Rückzug) Krankheitsprozesse fördern oder auch abschwächen (s. Kap. 2 und 5). Desgleichen werden diese Faktoren im Hinblick auf ihr gesundheitsförderndes und -erhaltendes Potenzial auch während der Abwesenheit von Krankheit untersucht. Über das Ausmaß der Zusammenhänge dieser Faktoren mit Gesundheit / Krankheit liegen mittlerweile zwar viele Daten vor. So ist über die genauen Mechanismen noch wenig bekannt, durch die positive oder negative Emotionen und Kognitionen auf so unterschiedliche Erkrankungen wie Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten einwirken. Das Immunsystem und der Kreislauf endokriner (hormoneller) Stressreaktionen scheinen dabei eine große Rolle zu spielen (s. Kap. 6).
Gesundheitsverhaltensänderung
Ein weiterer