Internationale Beziehungen. Christian Tuschhoff

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Название Internationale Beziehungen
Автор произведения Christian Tuschhoff
Жанр Социология
Серия utb basics
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783846343357



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      imageSchlichtung oder Durchsetzung durch unparteiische Dritte,

      imagegemeinsame Kontrolle unteilbarer Güter oder Kompensation für Verzicht.

      Neue Kriege

      In der Alltagssprache wurde unter Krieg lange Zeit vor allem der bewaffnete Konflikt zwischen zwei oder mehr Staaten verstanden (Levy 2013). Diese Form des zwischenstaatlichen Konfliktes — »alter« Krieg — ist jedoch mittlerweile eher selten, wie Abbildung 3.3 zeigt. Die häufigste Form ist heute der innerstaatliche Konflikt oder Bürgerkrieg. Dies ist ein bewaffneter Konflikt zwischen der Regierung einerseits und einer oder mehreren nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen andererseits. An solchen Konflikten sind nur Akteure beteiligt, die aus dem Staat oder Land selbst stammen. Die bewaffnete Konfrontation zwischen der Regierung der Ukraine und gesellschaftlichen Oppositionsgruppen im Osten im Jahr 2014 ist ein Beispiel für diese Kriegsform. Ihre Zahl erreichte Mitte der 1990er Jahre weltweit ihren Höhepunkt und ist seither etwas zurückgegangen.

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       Quelle: eigene Darstellung nach Gleditsch et al. (2002); Uppsala Conflict Data Program (UCDP)/ International Peace Research Institute Oslo (PRIO) (2009); Harbom (2009).

      Ein Krieg wird als internationalisiert bezeichnet, wenn ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt auch mit äußerer Beteiligung ausgetragen wird. Dies trifft z. B. auf den Krieg in Syrien oder den Krieg in Afghanistan zu, aus dem die einleitende Geschichte stammt. Schließlich gibt es noch den extrasystemischen Krieg; er ist ein bewaffneter Konflikt, bei dem sich ein Staat oder eine Regierung und nichtstaatliche Akteure außerhalb des eigenen Territoriums bekämpfen. Konflikte ohne staatliche bzw. Regierungsbeteiligung sind nicht Bestandteil des Datensatzes in Abbildung 3.3. Die dort gezeigten extrasystemischen, innerstaatlichen und internationalisierten Kriege werden unter dem Begriff »neue« Kriege zusammengefasst.

      Kritik

      In der politikwissenschaftlichen Forschung ist allerdings umstritten, ob die genannten Merkmale (image Information kompakt) es rechtfertigen, von einer neuen Form des Krieges zu sprechen. Befürworter des Konzeptes »neue Kriege« verweisen auf diese Merkmale und das Problem, dass diese Formen der Gewalt im (Kriegs-)Völkerrecht (Arndt 2010) nicht angemessen geregelt sind. Die privaten Gewaltakteure würden sich überdies nicht an bestehende Rechtsnormen halten (Daase 1999; Kaldor 2001; Münkler 2009). Kritiker des Konzeptes »neue Kriege« haben eingewendet, dass die genannten Merkmale keineswegs neu seien, sondern schon in früheren Perioden zu beobachten seien (Chojnacki 2004; Kahl/Teusch 2004). Diese Kritik hat Herfried Münkler (2004) mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass die neue Qualität darin liege, dass die genannten Merkmale nicht nur einzeln, sondern in Kombination miteinander aufträten. Allerdings gibt es nur wenig Studien, die empirisch den Nachweis führen, dass innerstaatliche Kriege heutzutage von den genannten Merkmalen geprägt werden, dies während des Kalten Krieges jedoch nicht der Fall war (Heupel/Zangl 2004). Daher kann der Befund von »neuen« Kriegen nur vorläufig gelten, bis weitere Studien erstellt werden.

       Merkmale neuer Kriege

      Neue Kriege sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet (Rittberger/ Kruck/Romund 2010: 380):

      imageEntstaatlichung und Privatisierung: Der Staat verfügt nicht mehr über das Gewaltmonopol, sondern muss es mit privaten Akteuren teilen. Staaten sind daher schwach, gescheitert oder im Zerfallsprozess.

      imageAsymmetrische Gewaltanwendung: Militärisch unterlegene Akteure nutzen unkonventionelle Methoden wie Guerilla- und Partisanenkrieg oder Terrorismus. Gewalt wird auch gezielt gegen die Zivilbevölkerung ausgeübt.

      imageKommerzialisierung: Krieg wird zum Mittel wirtschaftlicher Betätigung und Vermögensbildung. Akteure haben ein wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung des Krieges. Kriege werden durch Produktion und Handel mit Drogen oder Bodenschätzen etc. finanziert. Es entstehen daher lukrative Kriegsökonomien.

      imageGewaltdiffusion: Es gibt keine Kriegserklärung und häufig auch kein formales Ende von Krieg. Weiterhin gibt es keinen klaren Frontverlauf. Kriege sind weder zeitlich noch räumlich klar begrenzt. Die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilbevölkerung verschwimmt.

      Weitaus besser als der Typus »neue Kriege« sind innerstaatliche oder Bürgerkriege erforscht, die eine Unterform bilden.

       Information kompakt

       Merkmale von innerstaatlichen oder Bürgerkriegen

      In Bürgerkriegen entstehen hohe Kosten:

      imagewirtschaftliche durch die Zerstörung von Humankapital und Infrastruktur, die zu geringer Produktivität und Wachstum führt;

      imagepolitische durch die Schwächung von Staat und Regierung sowie die Zersplitterung der Gesellschaft in unterschiedliche ethnische Gruppen, Religionen usw.;

      imagesoziale durch die Verbreitung von Krankheiten auch über die Kriegsbeendigung hinaus.

      Zusätzlich entstehen häufig auch in Nachbarländern Kosten, z. B. durch Flüchtlingsströme oder den Import gewaltsamer Konfliktlösung.

      Bürgerkriege sind nur schwer zu beenden. Sie dauern durchschnittlich viel länger als zwischenstaatliche Kriege und enden meist nicht durch Verhandlungen, sondern durch den Sieg einer Seite über die andere. Und schließlich besteht die starke Tendenz, dass Bürgerkriege nach einem Waffenstillstand wieder ausbrechen (Walter 2013).

      Unzufriedenheit

      Gier

      Es sind vor allem zwei Motive, aus denen Konfliktparteien Bürgerkriege auslösen: Erstens Unzufriedenheit (englisch: grievance) mit den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen, die mit friedlichen Mitteln nicht nachhaltig verbessert werden können. Dazu gehören auch vielfältige Formen von Diskriminierung. Zweitens Gier (englisch: greed) nach Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation, die durch gewaltsame Übernahme von Gebieten mit Bodenschätzen, Plünderung, Drogenhandel, Waffenhandel usw. erreicht werden kann (Collier/Hoeffler 2004; Collier/ Sambanis 2005a; b). Besonders die mit dem Motiv Gier verbundene Privatisierung und Kommerzialisierung von Krieg weist darauf hin, dass Krieg selbst zu einem einträglichen Geschäft werden kann, an dessen Beendigung die Profiteure kein Interesse haben. Dies mag teilweise erklären, warum Bürgerkriege länger dauern als zwischenstaatliche, häufig