Juwelennächte. Karin Joachim

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Название Juwelennächte
Автор произведения Karin Joachim
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839269244



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Badezeug und eventuelle Wertsachen.«

      »Weil er nicht aus freien Stücken hierherkam. Durch den Haupteingang hat er das Bad vermutlich nicht verlassen. Jemand muss ihm ja das Tor geöffnet haben.«

      »Wenn er da noch lebte.«

      »Und er seinen Spind gar nicht mehr öffnen konnte«, ergänzte Jana. »Entweder weil jemand das unterband, oder weil er körperlich nicht mehr dazu in der Lage war.«

      Clemens pflichtete ihr bei. »Wir müssen abwarten, was der Rechtsmediziner feststellt. Der wurde allein wegen der Tatsache eingeschaltet, dass hier ein Todesfall in der Öffentlichkeit vorliegt. Ich hoffe, er trifft bald ein. Wenn wir den Todeszeitpunkt kennen, können wir die Ereignisse zuverlässiger rekonstruieren. Außerdem, ob er noch zur Bank gehen konnte oder getragen oder gezogen wurde.«

      Daniels Füße wiesen nach kurzer Kontrolle keinerlei Verletzungen auf, die auf Letzteres hätten hinweisen können.

      »Warum hat man ihn nicht weiter weggebracht? Wo man keinen direkten Bezug zu seinem letzten Aufenthaltsort herleiten konnte?«, überlegte Jana.

      »Wir werden unsere Untersuchungen auf das Gelände und die Räumlichkeiten der Thermen ausweiten müssen«, antwortete Clemens.

      »Davon werden aber einige Leute nicht begeistert sein«, sagte Jana schmunzelnd. Nun war es an Clemens, dem Betriebsleiter beizubringen, dass das Bad vorerst nicht für die Allgemeinheit würde öffnen können. Es würde einige Zeit dauern, bis man das weitläufige Areal auf mögliche Spuren hin untersucht hatte. Noch vor dem Betriebsleiter der Thermen traf Dr. Hans Burgdorf, der Rechtsmediziner, am Tatort ein. Es wurde auch Zeit. Denn es wurde immer wärmer. Nach einer ersten Inaugenscheinnahme kam der Bonner Mediziner zu dem Schluss, dass der Tod vor mehreren Stunden eingetreten sein musste. Die Todesursache anzugeben, war unter diesen Umständen noch nicht einmal annähernd denkbar.

      »Zu viele Widersprüche«, sagte der Rechtsmediziner nur. Er versprach, die Obduktion heute noch auszuführen.

      »Ob er verstorben ist, kurz nachdem ich nach Hause gefahren bin?«, murmelte Jana vor sich hin.

      »Sie haben ihn noch lebend gesehen?«, fragte Dr. Burgdorf erstaunt.

      Jana klärte ihn auf und nannte ihm den Zeitpunkt ihrer Begegnung.

      »Interessant ist vor allem auch, ob der Tod vor oder nach der offiziellen Schließung der Thermen eingetreten ist und wo er verstarb«, sagte Clemens.

      »Du meinst, jemand, vielleicht auch vom Personal, könnte ihn nach der Schließung außerhalb des Bades gebracht haben?«, fragte Jana. Sie und Clemens hatten sich mit einigen weiteren Mitarbeitern der Spurensicherung auf den Weg zum Haupteingang der Thermen gemacht.

      »Derjenige war auf jeden Fall im Besitz des Schlüssels.«

      »Ein Gärtner möglicherweise, oder jemand vom Reinigungspersonal?«, gab Jana zu bedenken. »Vielleicht erst heute Morgen?«

      Sie kamen nicht mehr dazu, diese Theorie eingehender zu besprechen. Vor dem Eingang zu den Thermen warteten zwei Männer auf sie – einen davon kannten sie bereits.

      »Und wie ist denn nun eigentlich Ihr Name?«, wandte sich Clemens zunächst an den Mitarbeiter der Verwaltung.

      »Ich bin Henning Gier und werde mich über Sie beschweren«, sagte dieser.

      »Das können Sie gerne machen«, sagte Clemens. »Dann aber bitte beim Polizeipräsidenten, der Ihnen unsere Arbeit gerne noch einmal ausführlich erklären wird. Und sicherlich den einen oder anderen Paragrafen nennen wird, der in solchen Fällen Anwendung findet.«

      Henning Gier sagte nichts mehr. Clemens gab ihm zu einer weiteren Einlassung ohnehin keine Gelegenheit mehr, sondern wandte sich stattdessen dem anderen Mann zu, von dem anzunehmen war, dass es sich um den Betriebsleiter handelte. Dieser stellte sich als Steven Pesch vor. Selbst Clemens’ Anweisung, das Bad zunächst nicht zur geplanten Stunde zu öffnen, brachte ihn nicht aus dem Konzept, was wiederum Henning Gier auf den Plan rief.

      »Sie können doch nicht einfach darüber verfügen …«, mischte er sich ins Gespräch ein. Jana merkte Clemens an, dass es ihm einiges an Selbstbeherrschung abverlangte, weiterhin ruhig zu bleiben.

      »Herr Gier, ich erwarte, dass Sie uns seitens der Verwaltung unterstützen. Umso früher können wir das Bad wieder freigeben.«

      So einfach ließ sich der Mann jedoch nicht abschütteln.

      »Ich werde Sie aber begleiten«, sagte er.

      »Wohin?«, fragte Clemens. Jana und den Kollegen wurde es zu bunt, vor allem, da ihnen die Ausrüstung allmählich zu schwer wurde und sie mit ihrer Arbeit endlich beginnen wollten.

      Nun mischte sich der Betriebsleiter ein, leise zwar: »Herr Gier, ich mache das schon. Außerdem ist das mein Zuständigkeitsbereich und nicht Ihrer.«

      »Wenn die Herren das bitte andernorts klären möchten. Uns geht wertvolle Zeit verloren, also bitte …« Clemens nahm Steven Pesch zur Seite und bat ihn, ihn zu den Schränken zu führen, in denen die Badegäste ihre Wertsachen aufbewahrten. Jana und die anderen folgten ihm.

      Jana war klar, wonach Clemens suchte: nach einem Spind, der noch verschlossen war. Sie fanden lediglich zwei vor. Wenn sie Glück hatten, lag in einem von beiden ein Hinweis auf die Identität des Toten. Aber immer noch bestand die Möglichkeit, dass derjenige, der ihn auf die Bank gesetzt hatte, den Spind ausgeräumt hatte. Steven Pesch öffnete die Türen mit einem Spezialschlüssel. In dem ersten Schrank fanden sie ein noch feuchtes Handtuch, ein gebrauchtes Papiertaschentuch sowie ein Shampoo für blondes, feines Haar. Im zweiten, weiter hinten in einem anderen Gang, ein Portemonnaie sowie ein Smartphone und ein Paar Sneakers. Diese Gegenstände gehörten offensichtlich einem Mann. Clemens sah sich die in den Innenfächern der Geldbörse aufbewahrten Scheckkarten genauer an. Ihre Leiche hieß Daniel Bender.

      »Was haben wir denn da?«, sagte Clemens und hielt Jana einen Presseausweis unter die Nase.

      Daniel Bender war also Journalist. Und er wohnte gar nicht weit von hier entfernt. Was Jana vermuten ließ, dass er zu Fuß oder mit dem Rad zum Bad gelangt war. Dass sie seine Sachen hier vorfanden, erstaunte Jana. Noch konnten sie nicht ausschließen, dass der Mann eines natürlichen Todes gestorben war. Doch wie er auf die Bank außerhalb des Bades gelangt war, galt es zu untersuchen. Möglich war immer noch, dass er das Bad eigenständig verlassen hatte, ohne sich um seine Schuhe und Wertgegenstände zu kümmern, weil es ihm nicht gut gegangen war. Wahrscheinlicher war aber anderes. Denn die Spuren am Tor sprachen dagegen. Sofern nicht ein Gärtner oder ein Lieferant diese während der vergangenen Stunden hinterlassen hatte. Es galt, die Routinen des Badebetriebes zu ergründen. Wer kam morgens als Erster, wer verließ das Bad abends als Letzter? Wer arbeitete dort, nachdem die Besucher nach Hause gegangen waren? Wer lieferte wann etwas an und auf welchen Wegen?

      Clemens ließ die Wertsachen sichern und bat seine Kollegen, sich um den Bereich am Zaun zu kümmern, der sich im Umfeld der außen aufgestellten Bank befand. Auf dem Weg dorthin besprachen die beiden sich. Dass er selbstständig das Bad verlassen hatte, hielt Jana nach wie vor für abwegig. Falls doch, würden sich dafür vielleicht Zeugen finden. Clemens wollte später die Mitarbeiter des Bades dazu befragen. Auch nach der Verfügbarkeit von Videoaufnahmen.

      »Also, wenn ihn jemand nach draußen gebracht hat, welche Gründe gab es dafür?«, fragte Clemens, während sie den Außenbereich betraten. »Gehen wir erst einmal nicht von einem Tötungsdelikt aus. Wie siehst du es?«

      Jana wusste, dass Clemens selbst schon längst eine Antwort auf diese Frage gefunden hatte, aber er mochte es, mit ihr zu fachsimpeln. Außerdem brachte sie mit ihren zeitweise unkonventionellen Überlegungen erst bestimmte Gedankengänge ins Rollen. Und sie genoss es, von ihm in die Ermittlungen eingebunden zu werden.

      »Die Schwimmmeister könnten ihn dort abgesetzt haben. Wenn sie im Besitz eines Schlüssels für das Tor sind. Entweder bat er sie darum, ihn zu begleiten, oder sie trugen ihn, weil er zu schwach war, selbst zu laufen. Oder er war bereits tot, als sie ihn fanden. Und um Probleme oder Fragen zu umgehen, haben sie ihn