Thürks ebenso packender wie beklemmender Romanklassiker über das Terrorregime der Roten Khmer in Kambodscha April 1975: Seit Jahren tobt in Kambodscha ein Bürgerkrieg; die Roten Khmer, eine maoistisch-nationalistische Guerillabewegung unter Führung Pol Pots, steuern mit ihren Verbündeten auf die Hauptstadt Phnom Penh zu. Die dort Lebenden – unter ihnen der Koch Hang Son und seine Freundin Chanta – erhoffen sich ein Ende der Kämpfe und einen friedlichen Wiederaufbau des Landes. Bald folgt jedoch das böse Erwachen, die Bevölkerung Phnom Penhs wird aufs Land verschleppt und muss Zwangsarbeiten verrichten. Es beginnt die Terrorherrschaft der Roten Khmer, die schließlich im millionenfachen Massenmord mündet. Hang Son kann fliehen und landet in einer geheimen, von den USA geleiteten Truppe. Chanta dagegen wird in eine Edelsteinmine verschleppt und muss täglich um ihr Leben bangen. Son versucht alles, sie wiederzufinden. Auch rund vierzig Jahre nach dem Ende des Pol-Pot-Regimes 1978 sind in Kambodscha noch nicht alle Wunden verheilt. Harry Thürk gelang es mit seinem 1986 erstmals veröffentlichten Roman, die damaligen Geschehnisse durch seine Protagonisten nachvollziehbar zu machen, den unzähligen Opfern ein Gesicht zu geben. Ein packender Roman, der bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat.
Müllers zweiter Band seiner in Atem haltenden Autobiografie erzählt von den Mannesjahren des Autors in der DDR, von seiner Liebe zu Penelope und den Amouren zwischen Rostock und Dresden, aber auch von den Zumutungen in der NVA, der »Friedensarmee« des kleinen Lands, sowie den vielen Unternehmungen, sich das Leben so lebenswert wie nur möglich zu gestalten. So hält sich Ernstes und Skurriles die Waage, wird gezeigt, wie es bisweilen möglich war, die Verdikte der »alten Männer« in Berlin zu unterwandern …
Zoltán Böszörményis »In den Furchen des Lichts«, ein Flüchtlingsroman mit einem Lagerschauplatz irgendwo in Westeuropa Anfang der achtziger Jahre, erzählt vom Eingesperrtsein im Lager, von gewaltsamem Tod, Verzweiflung und Hoffnung auf Asyl, aber auch von zart sich entspinnenden Liebesbeziehungen und Freundschaften. Nach einem Verhör bei der Geheimpolizei seines Landes entschließt sich der junge Ingenieur Tamás zur Flucht in den Westen. Nicht eben freundlich wird er dort im Lager aufgenommen. Asyl wird er, wie auch viele andere, im ersten Aufnahmeland nicht erhalten. Vielmehr hat er die Chance, nach einem schwierigen Verfahren nach Australien, Kanada oder in die USA auswandern zu dürfen. Während das Verfahren läuft, nimmt er in der Stadt Schwarzarbeit an. Er will seine zurückgelassene Familie unterstützen. Doch der Kontakt zu ihr erweist sich als ein schier unmögliches Unterfangen. Immer öfter muss Tamás die bittere Erfahrung machen, dass er nun ein Mensch dritter Klasse ist.
Was den Mann zur Sünde führt Freispruch für den ewigen Angeklagten! Und ein paar Freibriefe für künftige Sünden gibt’s gratis dazu, denn: »Herr Sündermann erklärt uns hier, / er könne ›niemals was dafür‹, / es gebe für die Sünde / so sündhaft viele Gründe! …« Der Satiriker Detlef Färber präsentiert in seinem neuen Buch, das zugleich sein Lyrikdebüt ist, in den Gedichtzyklen »Nur das Eine«, »Mystik zum Frühstück« und »Rilke für Silke« Farcen in Versen und übermütige Balladen voller Sprachartistik und Wortmusik: Gereimt und gedacht in einer Art, wie sie der Freund der Poesie seit Robert Gernhardt gernhat. Die allerköstlichsten Gedichte und Sprachpirouetten des Kolumnisten und Erz-Satirikers Färber, frisch, fromm und frivol in drei Kapiteln serviert.
Alex will Ethnologin werden, doch das Orchideenfach, in dem am Bedarf vorbei Massen ausgebildet werden, erweist sich als Sackgasse. Dabei hat sie früh gelernt, sich durchzuschlagen. Ein Abrisshaus ist preiswerte Bleibe, Ausgrabungen finanzieren ihr Studium und ihre Forschungen in Sibirien. Männer trudeln durch ihr Leben, bis sie sich für ihr Kind entscheidet. Nun hangelt sie sich von Projekt zu Projekt, während Anträge zum Lottospiel verkommen. Sie wird von Stipendien und Drittmitteln finanziert. Eine unbefristete Stelle ist unerreichbar, und wenn sie ihrer Tochter ein halbwegs normales Leben bieten will, muss sie schließlich die Wissenschaft aufgeben. Anna Sperk erzählt als Insiderin von der erschreckenden Situation junger Wissenschaftler heute. In einem Kaleidoskop von Einzelfällen zeigt sie die Auswirkungen deutscher Wissenschaftspolitik und die Sehnsucht nach einem erfüllten, selbstbestimmten Leben.
Anfang der 70er Jahre wurde in der DDR die Anti-D-Prophylaxe eingeführt. Das verwendete Anti-D-Immunglobulin wurde aus Blutplasma hergestellt. Im Frühjahr 1978 bestand der Verdacht, dass Spender an einer Hepatitis erkrankt waren, dennoch wurde das kontaminierte Blutplasma verwendet. Im Januar 1979 häuften sich Meldungen über Hepatitiserkrankungen bei Frauen, die eine Anti-D-Prophylaxe erhalten hatten. 1979 fand ein Geheimprozess statt, Betroffene und Öffentlichkeit wurden nicht informiert. Mit der vorliegenden Untersuchung werden die damaligen Ereignisse rekonstruiert und die Folgen für die Frauen und ihre Angehörigen analysiert.
Als erste Frau der Welt erhielt Marie Curie den Nobelpreis und als erster Mensch einen zweiten. Sie hat sich nie geschont und alles für das strahlende Radium aufs Spiel gesetzt. Christina Seidel erzählt unterhaltsam und mit vielen Originalzitaten von dieser ungewöhnlichen Frau, deren Ruhm bis heute weiterwirkt.
Der Tod war zu Gast im Funkhaus. Er hatte einen Termin mit Manfred Wilkhahn, einem prominenten Moderator der Volksmusik, der mit Tonbändern erdrosselt aufgefunden wird. Wie auf einem Mixtape zusammengeschnitten, werden nun die folgenden sieben dramatischen Tage erzählt, eine rasante Tour durch die Niederungen von Politik, Medien und Verbrechen. Zum Schluss stürzt die Stadt in einen Moment triebhaften Taumels, eine digitale Revolution, die ihre Kinder nicht frisst, sondern zeugt.
»Wenn Sie es nicht finden, wer dann?« Mit diesen Worten macht sich die Historikerin Anna Stehr auf nach Wladiwostok. Sie soll das Tagebuch von Adolph Dattan finden. Er hatte dort das Kaufhaus Kunst & Albers aufgebaut, noch bevor es in Europa Kaufhäuser gab. Sein kometenhafter Aufstieg endet mit dem Ersten Weltkrieg. Ins Räderwerk der Weltpolitik geraten, kehrt er aus der Verbannung als gebrochener Mann nach Naumburg zurück. Ein Jahrhundert später hofft sein Enkel, im Tagebuch die Gründe für die Verbannung zu finden. Anna Stehr geht für ihn auf Spurensuche, doch ihre Reise ist heikel. Die angemietete Wohnung entpuppt sich als Autoschmugglertreff, die Vormieterin scheint spurlos verschwunden. Im Archiv lässt man sie schmoren und abends wartet der postsozialistische Wohnblock mit seinen übrig gebliebenen Bewohnern auf sie. Nach drei Monaten verlässt sie Wladiwostok. Ohne Tagebuch, aber mit einer Spur, die nach Naumburg führt. Was sie dort finden wird, ist spektakulär. Nancy Aris erzählt vom zaristischen Russland, vom Ende der Sowjetunion und von der Gegenwart unter Putin. Der Roman zeigt, wie widersprüchlich ein Eintauchen in Vergangenes sein kann und wie beschränkt historische Erkenntnis ist.
Der frühere FBI-Agent William LaRouche erhält den Auftrag, den abgetauchten Folterspezialisten und Massenmörder Mazzini in Bangkok aufzustöbern. Dort angekommen, verdichtet sich bald der Verdacht, dass sich Williams Zielperson unter der Maske eines ehrbaren Philanthropen verbirgt, der ein Heim für mittellose Senioren leitet. Aus dem fernen Washington von seinem väterlichen Freund Jonathan Robson begleitet und mit der örtlichen Unterstützung der Juristin Penelope Owens, beginnt die wendungsreiche Jagd auf Mazzini, den die Vision antreibt, die Erde von allem »unwerten Leben« zu säubern. Mazzini weiß längst, dass William ihm auf den Fersen ist. Er fühlt sich jedoch unantastbar und statt zu fliehen, sucht er den direkten Kontakt. In einer denkwürdigen Begegnung provoziert Mazzini seinen Jäger und philosophiert über Ethik und Moral, begleitet von den Klängen George Gershwins Rhapsody in Blue. Als klar wird, dass auch Williams Vater den Verhörmethoden Mazzinis zum Opfer gefallen ist, löst sich ein letzter Schuss …