2078 Tage lang übte Deutschland ein brutales Besatzungsregime über sein Nachbarland Polen aus. In der historischen Rückschau erscheint es fast, als habe es in dieser Zeit nur zwei Opfergruppen gegeben: polnische Juden und später deutsche Vertriebene. Tatsächlich aber fielen dem deutschen Terror rund eine Million nicht-jüdischer Polen zum Opfer. Daniel Brewings innovative Studie rückt – auch international – erstmals die Massaker an den polnischen Zivilisten unter nationalsozialistischer Herrschaft in das Zentrum einer wissenschaftlichen Analyse. Unter Heranziehung zeitgenössischer deutscher wie polnischer Quellen, Berichte und Aussagen von Überlebenden sowie Gerichtsakten werden die komplexen historischen Prozesse ausgeleuchtet, die zu diesen Verbrechen führten. Eine wichtige Darstellung, gerade auch im 25. Jahr des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrags.
Martin Luthers 95 Thesen von 1517 gelten als Beginn der Reformation. Viele sehen darin zugleich den Beginn der Neuzeit überhaupt. Harm Klueting fragt in seinem pointierten Beitrag zur aktuellen Luther-Dekade nach der Berechtigung dieser Vorstellung. Auf der Basis seines umfassenden Standardwerks über »Das Konfessionelle Zeitalter« stellt er Luther als Reformkatholiken und Vertreter der katholischen Reform seit dem 15. Jahrhundert vor, ohne dabei Luther als Reformator, seine Theologie und die Weltwirkung der Reformation zu vernachlässigen. Eingebunden in die Darstellung des reformatorischen und des katholischen Europa im 16. und 17. Jahrhundert werden so Luther und die Reformation „zwischen Mittelalter und Neuzeit“ deutlich.
Glanz, Gloria und Gehorsam
Die Geschichte Preußens ist eine Geschichte voller Widersprüche. Militarismus und preußische Tugenden stehen im Gegensatz zu kulturellen Hochleistungen, dem Liberalismus und dem Fortschrittsstreben Preußens. Die Autoren, Koryphäen der Preußenforschung, liefern einen sehr gut lesbaren Überblick über die preußische Geschichte vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis zum dramatischen Ende in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts. Dabei hinterfragen sie die verbreiteten Klischees und Vorurteile, aber auch die vorbehaltlose Bewunderung für den preußischen Staat. Neben der chronologischen Darstellung der Ereignisse gibt es einen umfangreichen Teil zu Staat und Gesellschaft: u.a. über das Dreiklassenwahlrecht, Universitäten und Wissenschaft oder die Entwicklung vom Agrar- zum Industriestaat. Große Persönlichkeiten wie Bismarck, die Moltkes und Gräfin Dönhoff werden in eindrucksvollen Kurzbiografien portraitiert. Darüber hinaus schildern die Autoren die entscheidenden Schlachten wie z. B. Leuthen und Tannenberg.
Archäologen ermitteln: Haben die Kelten Unschuldige bestialisch ermordet, um ihre blutrünstigen Götter zu besänftigen? Was legte Jericho, die älteste Stadt der Welt, in Schutt und Asche? Entdeckten US-Archäologen 2006 wirklich Spuren der Arche Noah? Immer wieder stellen außergewöhnliche Funde und neue Erkenntnisse Lehrmeinungen infrage und entfachen Spekulationen über untergegangene Völker, biblische Berichte oder Kultstätten der Vergangenheit. Forscher und Laien halten den Atem an, so manche Autorität gerät ins Wanken, Lehrbücher müssen umgeschrieben werden. Der Autor beschreibt die ungelösten Fälle der Archäologie, erläutert die jüngsten Sensationsfunde und spürt revolutionären Enthüllungen nach.
Im Spätsommer 1944, nach der Landung der Alliierten in der Normandie und der Niederlage der Heeresgruppe Mitte gegen die Rote Armee, besetzen die Deutschen nach einem Aufstand die Slowakei. Im Gefolge der Wehrmacht marschierte die neu aufgestellte Einsatzgruppe H ein. Ihr vorrangiger Auftrag bestand darin, die „Endlösung der Judenfrage“ in der Slowakei zum Abschluss zu bringen und gegen alle Gegner des Dritten Reiches vorzugehen: Mehr als 14 000 Juden wurden deportiert oder auf slowakischem Boden ermordet, Roma, Partisanen und Aufständische wurden zu Opfern von Hinrichtungen. Slowaken ließen sich dabei als willfährige Helfershelfer der Einsatzgruppe H rekrutieren. Besondere Aufmerksamkeit richtet die Darstellung auf das Führungspersonal der mindestens 700 Mann zählenden Einsatzgruppe H. Die meisten ihrer Angehörigen fanden später ohne größere Probleme Aufnahme in der deutschen Nachkriegsgesellschaft – in der BRD wurde ein einziges Urteil zur Einsatzgruppe H gefällt.
Napoleon schlug in Waterloo sein letztes Gefecht, das bis heute als die wohl berühmteste Schlacht der Weltgeschichte in Erinnerung blieb. Waterloo ist DAS Synonym für den zweiten Griff nach den Sternen ebenso wie für das finale Scheitern. Trotz seiner erzwungenen Abdankung im Vorjahr und dem Exil in Elba wollte es der Ex-Kaiser noch einmal wissen: Zwei Tage nach den Schlachten von Ligny und Quatre Bras standen sich am 18. Juni 1815, einem Sonntag, etwa 15 Kilometer südlich von Brüssel, nahe der kleinen Ortschaft Mont St. Jean, erneut 180.000 deutsche, niederländische, englische und französische Soldaten gegenüber. Der Militärhistoriker Klaus-Jürgen Bremm schildert die dramatische Vorgeschichte dieses Feldzuges und seine Etappen. Er analysiert das Schlachtgeschehen des Tages detailliert, porträtiert die Akteure, die Armeen und untersucht die Bewaffnung der Soldaten. Und er beschreibt Nachleben und Rezeption wie auch die Möglichkeiten und Grenzen, Kriegsgeschehnisse der Vergangenheit zu rekonstruieren. Eindrucksvoll geschildert entsteht so ein Porträt der Schlacht mit all ihren Facetten.
Nichts für Zartbesaitete: Menschliche Skelettreste sind stumme Zeugen vom Leben unserer Vorfahren, aber auch von interpersoneller Gewalt. Kannibalen im Paläolithikum, eine fatale Zwillingsgeburt aus der Jungsteinzeit, ein Untoter aus dem Zabergäu, Gladiatorenschicksale, Leichendumping und Monstertumore: Joachim Wahl präsentiert ein Kaleidoskop an Fallbeispielen aus der anthropologischen Forschung. Was Spezialisten mit ihrem detektivischen Spürsinn und modernster Technik aus den konservierten Knochen herauslesen, liefert uns ebenso erschreckende wie faszinierende Einblicke in das Leben, Leiden und Sterben früherer Generationen. Wie haben unsere Ahnen gelebt? Was haben sie gegessen? Welche Krankheiten oder Verletzungen mussten sie erleiden? Und woran sind sie gestorben? Joachim Wahl führt uns durch verschiedenste Kulturkreise und Epochen – von Stuttgart bis Sibirien und von der Altsteinzeit bis in die Neuzeit – und lässt uns teilhaben an der spannenden Forschungsarbeit der Anthropologen.
Der Titel „Wie alle Völker …?“ geht auf eine Broschüre von Judah L. Magnes, des ersten Rektors der Hebräischen Universität in Jerusalem, zurück. Dieser betrachtete 1930 erstmals die Problematik im Verhältnis zwischen Moderne und Tradition, zwischen Politik und Religion auf, die sich seither durch die Geschichte des Staates Israel zieht. Reiner Bernstein zeigt, dass die Idee eines säkularen Nationalstaates gegen die von Anfang an bestehende theologische Grundausrichtung Israels nur schwer zum Zuge kam. Er macht deutlich, dass der politische Streit als Wesensmerkmal der Demokratie heute erschöpft zeigt und den Einfluss der nationalistischen und ultrareligiösen Gruppierungen nicht mindern kann. Und er hinterfragt, wie der Widerstand gegen das „Nationalstaatsgesetz“ vom Juli 2018 die Wende zur politischen Vernunft einleiten und internationalen Konventionen Respekt verschaffen kann.
Der Faschismus vermochte es, unterschiedlichste Ideologien zu absorbieren, so auch den Nationalismus. Warum aber geraten manche Länder mit starken nationalistischen Strömungen in den Strudel des Faschismus und andere nicht? Warum gelangt in Italien der Faschismus an die Macht, in Deutschland der Nationalsozialismus, verbleibt aber Frankreich im Rahmen demokratischer Strukturen? Stefan Breuer untersucht dies in einem Vergleich der politischen Entwicklungen in Frankreich, Italien und Deutschland vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Er setzt dabei Nationalismus und Faschismus differenziert voneinander ab und kommt so zu einem neuen Begriff, zu einem ›Idealtyp‹ des Faschismus. Will man den Wahn verstehen, der ganze Völker mit sich gerissen hat, ist man auf diese kühle Analyse angewiesen.
Ahlrich Meyer legt eine neue Darstellung der ›Endlösung der Judenfrage‹ in Frankreich vor und benennt die verantwortlichen Akteure. Neben Originaldokumenten aus französischen und deutschen Archiven wertet er erstmals auch die protokollierten Verhöre von Tätern und Helfern aus der frühen Nachkriegszeit und den sechziger und siebziger Jahren aus. Das historische Geschehen und die Selbstrechtfertigungen der Täter werden miteinander kontrastiert. Auf welche Weise versuchten diejenigen, die an der ›Endlösung der Judenfrage‹ in Frankreich mitgewirkt hatten, sich nach 1945 selbst zu entlasten? Warum übernahm niemand eine Verantwortung? Wie erklärt es sich, dass niemand ein Wissen um die Massenvernichtung zugestand? Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die meisten Entlastungsstrategien und das mangelnde Unrechtsbewusstsein der Täter nicht auf bloßen Lügen beruhen, sondern in den Ereignissen selbst ihren Ursprung haben.