Die katholische Kirche in Deutschland steckt in einer tiefen Krise angesichts der Ergebnisse der sogenannten MHG-Studie vom September 2018. Nach dem Entsetzen und der Betroffenheit sind Maßnahmen der Aufarbeitung und Veränderung auf den unterschiedlichsten Ebenen und in ganz verschiedenen Bereichen zwingend erforderlich. Die «Lebendige Seelsorge» möchte eine Stimme in diesem Prozess sein. Im ersten Beitrag kommt Doris Wagner zu Wort. Sie ist eine Überlebende von spirituellem und sexuellem Missbrauch. Aus dieser Perspektive ist der Beitrag geschrieben. Sie kommt zu dem Schluss, dass sich ein echter Ausweg aus der Krise noch nicht abzeichnet. Hans-Joachim Sander beschreibt eine unheilige Trinität und stellt die These auf, dass strange encounters eine Möglichkeit sein könnten, den Opfern jenen Raum zu geben, der ihnen, ihren Stimmen und ihren Erfahrungen gebührt. Die Journalistin Christiane Florin lässt in ihrem Beitrag die bestürzende Strecke an Enthüllungen und die halbherzigen Reaktionen von Verantwortlichen vor Augen treten. Petra Dankova ist eine Stimme von Voices of Faith in Deutschland und stellt in ihrem Beitrag diese globale Initiative von katholischen Frauen vor. Im Interview widmet sich Regens und Sprecher der Deutschen Regentenkonferenz Hartmut Niehues aus Münster den Fragen, die den Fokus auf die Ausbildung der Seminaristen legen. Rainer Bucher zeigt auf, wie klerikale Überlegenheit in den Missbrauch führen kann. Dass auch das Kirchenrecht die Perspektive der Betroffenen einzunehmen hat und an welchen Stellen des CIC das unbedingt geschehen sollte, zeigt Peter Platen auf. Inhaltliche Änderungen sind ebenso im Bereich der Sexualmoral erforderlich. Welche Diskurse aufgegriffen und weitergeführt werden sollten, erfahren Sie im Beitrag von Martin Lintner. Die Ordensoberin Katharina Ganz lenkt den Blick auf ihre eigene Gemeinschaft und schildert, wie herausfordernd und zugleich alternativlos die Auseinandersetzung mit der Missbrauchsgeschichte in den Kommunitäten ist. Missbrauch ist ein weltkirchlicher Skandal. Der Leiter des römischen «Centre for Child Protection» (CCP), P. Zollner SJ, stellt klar heraus, dass der Blick auf die Opfer zu lenken ist und dies gerade auch angesichts verschiedener kultureller und weltkirchlicher Systeme. Zum Abschluss möchte ich noch auf die Re:Lecture von Barbara Vinken hinweisen. Sie erinnert, nur wenige Wochen nach dem Brand der Kathedrale von Notre Dame, an den Roman von Victor Hugo, Der Glöckner von Notre Dame.