Nadjas Karriere als Violinistin ist an einer Handverletzung gescheitert, die sie sich in jungen Jahren zugezogen hat. Später heiratet sie Horst und hat eine Tochter mit ihm, Sophie, die ihr musikalisches Talent geerbt zu haben scheint. Nadja gibt ihre eigenen Interessen und Wünsche, ja, sogar ihre Ehe mit Horst auf, um nur für Sophie da zu sein und ihr Talent zu fördern. Sophie wird eine begnadete Violinistin, bis sie eines Tages auf einem Konzert, dem auch das Ehepaar Norden beiwohnt, bewusstlos zusammenbricht. Dr. Daniel Norden nimmt Sophie sogleich als Patientin in die Behnisch-Klinik auf. Sophies gesundheitliche Probleme lassen sich leicht beheben, viel schwerer wiegt jedoch, was ihrer Seele angetan wurde …
Der April hatte erst begonnen und brachte bereits das sprichwörtlich wetterwendische Wechselspiel am Himmel über München. Eben noch hatten sich die charakteristischen Türme der Liebfrauenkirche hinter dicken, grauen Wolkenpaketen versteckt, aus denen ein feiner, durchdringender Regen geströmt war. Dann hatte eine frische Brise das Grau einfach beiseite geschoben, gleichsam den lichtblauen Frühlingshimmel sauber poliert, als liebliche Bühne für den nun wieder strahlenden Sonnenschein. Dr. Daniel Norden warf einen langen Blick aus dem Fenster, entdeckte im frischen Grün der Beete hinter dem Haus Regentropfen, Diamanten gleich, die dafür sorgten, dass die zarten Blüten von Narzissen und Tulpen noch schöner schimmerten. Durch das halb geöffnete Fenster strömte frische, klare Luft herein, in der ein süßer, verheißungsvoller Duft lag. «Kaffee ist fertig.» Dr. Felicitas Norden, genannt Fee, stellte die Kanne auf den schön gedeckten Frühstückstisch und lächelte ihrem Mann zu. «Kein Hunger?» «Doch, sicher.» Er schloss den Fensterflügel und gesellte sich zu ihr. Obwohl die Nordens beruflich sehr eingespannt waren, er als Leiter der Behnisch-Klinik, sie als Chefin der Pädiatrie, nahmen sie sich doch stets Zeit für die gemeinsamen Mahlzeiten. Die knappe Freizeit sinnvoll zu nutzen, sodass auch ihr Privatleben nicht zu kurz kam, war wohl eines der Geheimnisse ihrer harmonischen Ehe. Und auch der Grund, dass sie nach vielen Jahren und mit fünf bereits erwachsenen Kindern noch immer nicht nur ein Ehepaar, sondern auch ein Liebespaar waren. «Der Kollege Sommer macht sich. Es war eine gute Entscheidung, ihn einzustellen», merkte der attraktive Mediziner in den besten Jahren nun an. «Er kann wirklich etwas auf seinem Gebiet.» Fee musterte ihren Mann mit einem nachdenklichen Blick ihrer erstaunlich blauen Augen.