Seit 1974 eilt die großartige Serie von Patricia Vandenberg von Spitzenwert zu Spitzenwert und ist dabei längst der meistgelesene Arztroman deutscher Sprache. Die Qualität dieser sympathischen Heldenfigur hat sich mit den Jahren durchgesetzt und ist als beliebteste Romanfigur überhaupt ein Vorbild in jeder Hinsicht.
Es war zwölf Uhr mittags, und ausnahmsweise war Dr. Norden einmal pünktlich mit seiner Sprechstunde fertig geworden. Seine Sprechstundenhilfe Helga Moll, genannt Molly, war schon im Gehen begriffen, als das Telefon läutete. Eine aufgeregte Frauenstimme tönte an Dr. Nordens Ohr, als er den Hörer aufgenommen und Molly gewinkt hatte, dass sie sich ruhig auf den Weg machen könne. «Herr Doktor, kommen Sie bitte schnell», sagte die Stimme. «Anja, meine Kleine, blutet so schrecklich.» Dr. Norden wusste, dass manche Patienten in der Aufregung vergaßen, ihren Namen zu nennen, aber diese Stimme war ihm zudem gänzlich unbekannt. «Name und Adresse bitte», bat er rasch. «Reuter, Tulpenstraße 10», kam überstürzt die Antwort. «Ich komme sofort.» Dr. Norden griff nach seinem Koffer. Molly hatte doch noch an der Tür gewartet. "Tulpenstraße 10, gibt's die Nummer überhaupt? ", murmelte er vor sich hin. Er hatte ein paar Patienten in dieser Straße, die nicht weit entfernt war. «Da wird viel gebaut», sagte Molly. Dr. Norden beeilte sich. In wenigen Minuten stand er vor einem ganz neuen Doppelhaus. Als er das letzte Mal in dieser Straße einen Krankenbesuch gemacht hatte, war es noch im Rohbau gewesen, und jetzt war nur die eine Hälfte bezogen. Die Hausnummer war schon angebracht, der Name noch nicht. Aber er wurde von einem etwa zehnjährigen Mädchen bereits erwartet. «Es ist meine kleine Schwester», sagte sie aufgeregt. «Mami ist bei ihr. Sie ist gefallen.» Das kleine Mädchen hatte fürchterlich geblutet, aber Dr. Norden konnte rasch feststellen, dass es halb so schlimm war, wie es aussah. Anja hatte sich beim Sturz von der Terrassentreppe die Mundschleimhaut durchgebissen.