Seit 1974 eilt die großartige Serie von Patricia Vandenberg von Spitzenwert zu Spitzenwert und ist dabei längst der meistgelesene Arztroman deutscher Sprache. Die Qualität dieser sympathischen Heldenfigur hat sich mit den Jahren durchgesetzt und ist als beliebteste Romanfigur überhaupt ein Vorbild in jeder Hinsicht.
Gerade wollte sich Dr. Daniel Norden auf den Weg zur Praxis machen, da läutete das Telefon. Fee Norden hob schnell den Hörer ab. «Ein Notfall, Daniel», rief sie ihrem Mann zu. «Ganz in der Nähe. Wiesenstraße 12. Der Name ist Lauterer. Anscheinend Angina pectoris!» Das war nun eine schwierige Sache. Dr. Norden kannte den Namen nicht, und in seiner Praxis sollte pünktlich um acht Uhr der Betrieb beginnen. Aber ein Notfall war ein Notfall, und da wurde nicht lange gefragt. «Lauterer, Wiesenstraße 12», wiederholte er. «Gleich zwei Straßen weiter!», rief Fee ihm zu. Sie wusste schon besser Bescheid mit den Straßen, obgleich sie erst ein paar Wochen hier wohnten. Die Praxis lag in einem anderen Viertel, und dort hatte Dr. Norden immer noch die meisten Patienten. Wiesenstraße 12 war leicht gefunden. Es war ein hübsches, kleines, rosenumranktes Haus. Ein aufgeregter Mann mittleren Alters empfing ihn. «Meine Frau», stammelte er, "meine Frau, sie ist einfach vom Stuhl gefallen. " Dr. Norden fragte nicht lange. Er eilte dem Mann nach in ein Schlafzimmer, das mit hellen Schleiflackmöbeln eingerichtet war. Florentinischer Stil, aber das nahm er nur im Unterbewusstsein zur Kenntnis. Er hatte früher mal eine Patientin gehabt, die ihn sehr eingehend über diesen Stil aufgeklärt hatte. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Frau, die wie tot auf dem Bett lag. Er fühlte den Puls. In den Armen war kaum noch Blut. In aller Eile zog er eine Injektion auf und hörte dabei nicht auf die erregten Fragen, die der Mann stellte. Hier war höchste, allerhöchste Eile geboten, das wusste er. Minuten, sogar Sekunden konnten entscheidend sein.