Den Ehrentitel: «Graue Eminenz» bekam der «Vortragende Rat» im Auswärtigen Amt zunächst Preußens, später des Deutschen Kaiserreiches, früh verliehen, und zwar von aufmerksamen ausländischen Beobachtern, die feststellten, dass die Politik von den Geheimräten des Auswärtigen Amtes gemacht wurde. Diplomaten, Politiker und die Redakteure der Skandalblätter nannten den Mann an der Spitze der Ministerialbürokratie im Auswärtigen Amt, ehrfürchtig erschauernd: Graue Eminenz, Éminence grise und schrieben ihm einen Einfluss zu, den er nie besessen hat. In der Tat aber gab es ein Jahrzehnt, in welchem Holstein die Außenpolitik des Reiches faktisch geleitet hat, wie in den Auslandsvertretungen zu recht geraunt wurde. Es war sein Jahrzehnt, und der Übergang des Jahres 1890 zu 1891 bedeutete nicht nur die Entlassung Bismarcks und den Kanzlerwechsel, sondern auch einen Einschnitt im Leben Holsteins; die absolute Zäsur…
Es wird von der alt gewordenen Reederstochter und Kapitänswitwe Johannsen erzählt. Sie steht fest in ihren alten, zur Lebenshülle gewordenen Regeln, will die neuen Werte und Lebensformen der DDR ignorieren und kommt doch nicht umhin, der alltäglichen Realität Rechnung zu tragen.
Das Bild eines weißmarmornen Sarkophags im klassizistischen Stil: Eine nackte Männerfigur mit ausgestrecktem Arm und gesenktem Kopf. Der Sarkophag ist von Fahnen aus friderizianischer Zeit umrahmt. Das Glockenspiel der Potsdamer Garnisonkirche setzt ein, «Üb immer Treu und Redlichkeit…» Trommelwirbel und ein Trompetensignal, das in die ersten Takte der Marseillaise übergeht. Marschschritte. Auf dem weißen Marmor werden geisterhaft Stiefelabdrücke sichtbar. Die Fahnen zerreißen. Zeitlupenhaft zerfällt die Männerfigur, zuletzt stürzt der Kopf, rollt über den Boden, bleibt liegen. Schrift darüber: "Der Zustand moralischer Zerrüttung und Verwesung, der Preußens Niederlage möglich machte, seiner Erhebung voranging, wird erst verständlich, wenn wir die damaligen sozialen Zustände unverhüllt ins Auge fassen."
Willibald Alexis 1852
In dritter Instanz verurteilt das oberste Gericht Georg Z., zur Tatzeit bereits volljährig, wegen fortgesetzter Unzucht mit einem Kinde unter vierzehn Jahren zu achtzehn Monaten Haftstrafe. Folgte die Verurteilung einem unerbittlichen Gesetz? Es war doch echte Zuneigung, die diese beiden jungen Menschen verband. Helmut H. Schulz ergründet hinter dem Fall die Geschichte des Liebespaares und verwurzelt sie im Alltag und im Schicksal der elterlichen Familien und der Dorfgemeinschaft.
Schauplatz dieses literarisch anspruchsvollen Romans von Helmut H. Schulz sind die Bohrstellen der DDR Ende der Sechzigerjahre. Ingenieur Gnievotta, Leiter einer Tiefbohranlage, arbeitet in seinem Kollektiv an einer bedeutenden technischen Verbesserung. Seine Berufung zu verantwortungsvollen Aufgaben isoliert ihn jedoch allmählich von seiner bisher gewohnten Arbeits- und Lebensweise. Aus kritischer Distanz entwirft der Autor das Bild eines gar nicht so außergewöhnlichen Mannes, spürt er den Beweggründen nach, die diesen plötzlich zu großen Leistungen befähigen, ihn und seine Umwelt aber auch nicht vor tief greifenden Auseinandersetzungen mit fragwürdigen Lebensgewohnheiten in unserer Gesellschaft bewahren. Leipziger Volkszeitung
."Die Gesichte der Blinden schildert den Versuch eines sehr jungen Kriegsheimkehrers aus dem 2. Weltkrieg, sich 1945 eine neue Existenz aufzubauen. Die Erzählung ist 1988 erschienen. "Der Fremde und das Dorf" ist das Debüt des Autors und bereits im Jahre 1964 erschienen. Damals schrieb das Sächsische Tageblatt, Zitat: «Mit sicher zupackenden Strichen gestaltet der Verfasser in immer wachsender novellistischer Dramatik, wie die Dorfbewohner ( … ) Es ist eine packende Lektüre.», Ende des Zitats.
Die 16 Blätter der Apokalypse sind 1498 erschienen, nach der Rückkehr des Malers aus Italien. Sie wurden ein beispielloser künstlerischer und finanzieller Erfolg und wurden ständig neu aufgelegt. Albrecht Dürer hat den Vertrieb selbst eingeleitet; die Verbreitung war ihm wichtig genug. Offensichtlich war der Künstler Dürer von der biblischen Überlieferung tief berührt und angeregt. Die Apokalypse des Johannes, die «Offenbarung», bewegte die Zeitgenossen beinahe anderthalb Tausend Jahre nach der Niederschrift aus vielen Gründen. Die politische und soziale Lage in Deutschland und in Europa zum Ausgang des 15. Jahrhunderts hatte die irdische Endzeiterwartung auf die Tagesordnung gesetzt. Das Erbe aus der Apokalypse im «Heiligen Land», fiel mit den sozialen Hoffnungen am Beginn der Neuzeit zusammen, alles drängte nach Veränderung und Erneuerung. Wir stehen kurz vor dem Thesenanschlag Luthers, die große Kirchenspaltung einleitend, stehen vor Ausbruch des deutschen Bauernkrieges im Süden Deutschlands und in Thüringen, stehen vor dem «Augsburger Bekenntnis» einfachen Scheinfriedens. Alles sehnte den neuen Gottesstaat herbei, der die Welt erlösen und befrieden, zumindest aber ein neues Zeitalter der Gerechtigkeit, der Abkehr von dem alten Regiment herbeiführen sollte. Die Vernichtung des Bösen stand an …
Wie gewohnt ging er nach einem Plan vor. Dieses Boot zu bauen, wäre auch bei voller Gesundheit weit über seine Fähigkeiten gegangen. Er musste also eins kaufen und seinem Traum gemäß umgestalten. Ihm war das Zufällige seines Traumes jedoch bewusst. Deshalb behielt er ihn für sich. Mit Worten würde er nichts erklären können. Er stand auf sich allein. Das hatte er begriffen. Für die anderen war er nur ein Schwerkranker. Es stimmte, er war fertig, aber sie halfen ihm nicht auf den Weg zurück. Natürlich wollten sie ihm nicht schaden. Sie verfügten nur nicht über diese wichtigen Erfahrungen, die er in den letzten Monaten gemacht hatte. Im Grunde rechneten sie ihn zu den Toten.
MOOG. Riga, diese düstere Stadt, die Moog erst als Erwachsener mit eigenen Augen sah, war von den Einars mitgenommen worden in die Zuflucht Berlin. Also kannte Moog, letzter Spross der Familie, den Fluss Düna, den rigaischen Meerbusen, die endlos langen sandigen Strände aus den magischen Beschwörungen der Vatersschwester Helga Helgadottir Katharina Einar, nachmals Akulina Baronin Sustschina-Einar. In Erinnerung geblieben waren dieser Tochter der Sippe Einar die Bilder einer verlorenen Welt, der rötlichgelbe samländische Bernstein, der rauchbraune schwarze Diamant des Meeres, das milchige Weiß des nordischen Mittsommers, vielleicht die schwermütigen Töne einer Flöte in den weißen Nächten; es blieb allen Einars der Mythos ihres Ursprunges. Sie erzählten ihn sich und Moog so …
Helmut H. Schulz erzählt Lebenswege, Aufstieg und Fall, am Beispiel von Paul Merker, Mitglied des Parteivorstandes, des Zentralsekretariats und des Politbüros der SED außerdem Staatssekretär im DDR-Landwirtschaftsministerium, Rudolf Herrnstadt, Chefredakteur des Neuen Deutschland, Mitglied des ZK der SED und Kandidat des Politbüros sowie Ernst Wollweber, Leiter im Range eines Staatssekretärs das Ministerium für Staatssicherheit, war darüber hinaus Mitglied der Volkskammer und des ZK der SED. So unterschiedlich diese Charaktere waren, sie hatten doch eines gemein: Sie lehnten sich in der ersten Hälfte der 1950er Jahre gegen Walter Ulbricht – vergeblich und mit der Konsequenz ihres eigenen Sturzes – auf. Dies wird beschrieben.