Es ist die Geduld, die uns alt aussehen lässt, dass wir unsere Kindheit regelrecht vergessen, ich meine verloren haben. Ich sehe dem Gesicht an, dass es in den Wochen des Krieges viel älter geworden ist durch den fehlenden Schlaf und die Ängste und Träume, von einer Granate zerrissen zu werden und aus dem Fenster des achten Stockwerks zu fallen. Das Gemeine ist, dass wir den Ängsten und Träumen hilflos ausgeliefert sind und der Krieg mit uns macht, ohne auf unsere Kindheit Rücksicht zu nehmen, die wir doch den Schlaf bitter brauchen. Und das blöde Gesichtszucken mit den Zeichen der Angst und Hilflosigkeit endlich aufhört. Ich denke, dass wir uns für eine solche Besserung auf längere Zeit gedulden müssen, denn ein Ende des Krieges ist nicht abzusehen. Dann ist es die Geduld, die uns nach Wochen oder Monaten alt aussehen lässt, dass wir unsere Kindheit regelrecht vergessen, ich meine verloren haben. So wird es wohl im besten Falle sein, wenn wir in der Zeit der fürchterlichen Schrecken und Ängste das Leben noch haben, das doch für keinen garantiert werden kann, wenn wir morgens aus dem Fenster und die Trümmer vor den Häusern liegen sehen. Und das mit den Löchern in den Häusern und den Trümmern auf den Straßen und Plätzen füllt das Kindergesicht mit Verlorenheit und Schmerz. Da ist es kein Wunder, dass unsere Gesichter in so kurzer Zeit viel älter aussehen. Gegen dieses Älterwerden können wir Kinder uns nicht wehren, so wie wir uns gegen den Krieg und seine Grausamkeit nicht wehren können und der verlorenen Kindheit nachweinen. Kein Mensch kann sich jünger machen, als er unter den Wirklichkeiten seiner Umwelt schon ist. Und bei uns ist es der Krieg mit seinen Schrecken und Ängsten und dem fehlenden Schlaf, der an unserer Kindheit zehrt und sie schließlich verzehrt, dass wir nach Wochen alte Gesichter haben, die sich nicht verjüngen lassen, und uns keiner glauben wird, dass wir noch Kinder sind mit dem Verlangen, unsere Kindheit zurückzubekommen.
Da auf die Menschheit die überlieferte Weisheit mit all ihrem Wissen gerichtet ist, steigert sich die Seinsproblematik in der Erhebung einer Exponentialfunktion. Die mit dieser Weisheit überlieferte Ethik zeigt dagegen keine Grenzwerte auf, die sich auf das gegenwärtige Tun und Schaffen beziehen und sie umfahren und 'einzäunen'. Die Sicherheitszone des Seins ist nicht deutlich markiert, um die apokalyptischen Auswirkungen zu vermeiden. Die Normen von 'Gut' und 'Schlecht' sind nicht klar gezeichnet. Die moderne Technologie muss von den Axiomen der Ethik noch erfasst und begriffen werden. Es ist die Relativität der geistig-inneren und der technisch-äußeren Werte, die in ihren Fassungen und Dehnungen verstanden werden müssen. Die Asymptoten sind den ethischen Prinzipien anzulegen, um sie zu erfassen und die Wahrscheinlichkeit drohender Gefahren frühzeitig zu erkennen. Das Bild vom Menschen ist verzerrt, dass nach der Klärung gesucht wird, um die Sicht und Ordnung im Daseinsgeflecht herzustellen. Es trifft das Seelische wie das Physische im Leben mit der zeitorientierten Prämisse des Überlebens. Die Asymptoten auf dem Wege der weiterführenden Ethik tangieren das Sein des Menschen in der Frage, warum es Menschen auf dem Planeten gibt. Mit dem Anlegen der Asymptote an den heutigen Daseinskreis ergibt sich die zweite Frage nach der Existenz des Menschen für die Zukunft. Diese Teilfrage schließt die Sicherung dieser Existenz ein. Die Zukunft mit ihren Detailverzweigungen gewinnt an Bedeutung, weil das Leben mit dem Überleben dem größer werdenden Wagnis entspricht. Auch wenn der Mensch für viele Krankheiten bedeutsame diagnostische Fortschritte gemacht und Wege der Heilung gefunden hat, die Sterblichkeit beugt sich vor ihm nicht. Das lehrt ihn umso mehr, die Natur zu achten und sie nicht in profitgieriger Weise barbarisch weiter auszubeuten, dass es zur Apokalypse mit dem Menschheitsuntergang kommt. Wissenschaft und Kunst können Größeres erwarten, wenn sich der Mensch diszipliniert und gebildeter verhält und naturfreundlicher benimmt. Das Verhältnis von Arzt zu Patient und vice versa steht über den Gegensätzen von Freund oder Feind und ist von ihnen nicht antastbar. Doch gibt es Verständnisprobleme, was Ethik ist und bedeuten soll, wenn die kognitive Seite des sittlichen Handelns unterschiedlich weit gegenüber der Ethik verkleinert wird. Diese Gleichung birgt die Konstanten der menschlichen Natur in sich, wie sie sich in der weiteren Differenzierung finden lassen.
Mit der Evolution der Subjektivität tritt ein heterogenes Aktionsprinzip in die Natur, als wäre ein Unterschied nicht nur unter den Arten, sondern auch im Grad des Bewusstseins, das dem Prinzip untersteht.
Eine Alternative ist, dass Geist und Seele beim Eintritt der passenden Stoffe aus der Natur selbst hervorgehen. Diese Eigenschaft ist in ihrer Herkunft an die Nichttranszendenz gekoppelt.
Das subjektive Streben geht über endlose Wege, um das Emportauchende zu erkennen und aus dem Dunkel des Nichtwissens in die Helligkeit der ersten Erfahrung in seiner An- und Durchsichtigkeit zu heben.
Es ist damit zu rechnen, dass neue Gelegenheiten neue Ziele haben beziehungsweise neue Ziele setzen. Die neuen Positionen verlangen nach einer Neuorientierung im Handlungsbereich.
Die neue Situation betrifft das Einzelne, wo der Anfang im Aufbau der molekularen Organstruktur zu suchen ist. Von da an wird die Sichtbarkeit des Neuen immer deutlicher mit der Tendenz, Einfluss auf den Fortgang der Evolution zu nehmen.
In der Freiheit mit den Zufälligkeiten im Anfang formen sich die Gründe des Schicksals weiter um, worin die Chancen und Gefahren für die Menschheit liegen. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Völker um den Globus geben Probleme auf, die Schrecken und Ängste hervorrufen, die es in diesem Ausmaß nicht gegeben hat.
Die Dringlichkeit der Lösung der Probleme zum Überleben der Völker ist eminent. Der Angriff, dem Klimawandel entgegenzuwirken, steckt in den Startlöchern, doch das politische Konzept in der Einheitlichkeit der völkerübergreifenden Rettung steht noch aus.
Die Theorie der Verantwortung umfasst den rationalen Grund der Pflicht und den psychologischen Grund der Fähigkeit, den Willen zu motivieren und das Handeln dem Guten zuzuwenden. Erforderlich ist, für den Ruf zur Pflicht empfänglich zu werden und mit dem Gefühl der Verantwortung zu reagieren.
Es kommt auf das Bedürfnis des Gefühls an, um mehr als nur der Impuls zu sein. Die Wirksamkeit des sittlichen Gebotes hängt von der subjektiven Bedingung ab, sie ist Prämisse und Objekt zugleich.
Die Motivation muss vom Bogen des Gefühls umspannt werden, um den Willen zur Tat in Gang zu setzen und ihn in die Richtung des Rufes zu lenken. Die Anwesenheit des Dabeiseins ist dann Ausdruck der sittlichen Betroffenheit.
Die junge Frau hatte sich das Kleid über die leere Schulter gezogen. Es drängte sie, den Gipsraum zu verlassen, und hielt die Türklinke mit der linken Hand gefasst. Dr. Ferdinand hatte seine Eintragung in den Gesundheitspass gemacht, ihr den Monat der nächsten Nachuntersuchung gesagt und in den Pass geschrieben. Sie nahm den Pass, öffnete die Tür und ging, weil sie sich von diesem Arzt, der ihr das Leben abgeschnitten hatte, nicht länger aufhalten lassen wollte. Dr. Ferdinand ließ sie gehen, unterließ jedes weitere Wort, das ihr Gehör nicht mehr gefunden hätte, setzte sich erschöpft für einige Augenblicke auf die Liege im Gipsraum, war zutiefst erschüttert und rang nach einer Erleuchtung. Die Erleuchtung blieb aus, und er ging geschlagen zum Untersuchungsraum zurück. Ein kleines Bastkörbchen, aus Palmenblättern geflochten, stand auf dem Tisch, und eine alte Frau saß auf dem Schemel, als Dr. Ferdinand niedergeschlagen und gedankenverloren seinen Platz einnahm. Er schob den Haufen mit den Röntgentüten auf dem Tisch zurück und das Körbchen zur Seite, als die Schwester sagte, dass das Körbchen ein Geschenk der Patientin sei, die sich bei ihm für die gute Behandlung bedanken wolle. Er sah die alte Frau auf dem Schemel an, die ihm die rechte Hand mit der verheilten Speichenfraktur entgegenstreckte. Bei ihm im Kopf war noch die junge Frau mit dem abgeschnittenen Arm, wie sie den Gipsraum verließ und kein Wort sagte. Er zuckte mit den Lippen beim stummen Aufsagen ihrer Worte: «Damals war der Tumor bösartig, jetzt ist es das Leben.», als er auf die vorgestreckte Hand der alten Frau mit der leichten Bajonettstellung des Handgelenkes sah, sie die Hand und Finger bewegen und den Faustschluss machen ließ und die Röntgenkontrolle betrachtete. Die Fraktur war abgeheilt, und die alte Frau war zufrieden, dass sie ihre Hand wieder zur Hausarbeit gebrauchen konnte. Dafür wollte sie sich bei dem Arzt bedanken, der an ihr die gute Arbeit gemacht hatte. Als Zeichen der Anerkennung hatte sie ihm das kleine Bastkörbchen gebracht. Es war spät geworden, als er das Hospital verließ. Der blutrote Sonnenball war zur Hälfte hinter dem Horizont versunken und zog die obere Hälfte in wenigen Minuten nach. Am Himmel lag die Abendglut, die mit dem Versinken des Feuerballs verlöschte. Es war ein arbeitsreicher Tag, an dem operiert und viele Patienten gesichtet und behandelt wurden. Was hatte es denn mit dem Guten und dem Schlechten auf sich? Es hämmerte in seinem Kopf, weil er das Gute vom Schlechten zwar unterscheiden konnte, wie das Gute vom Bösen, weil er aber beim Schlechten steckenblieb, das Schlechte zum Bösen und das Böse zum Schlechten steckte. Er überquerte den versandeten Vorplatz vor dem Neubau der städtischen Verwaltung, sah an den noch verbliebenen Bäumen auf, in denen die Vögel ihre Gesänge zum Abend sangen und polyphon dazwischenzwitscherten, als ihm der Unterschied klar wurde, dass im Bösen der Denkansatz schon böse ist, das Böse zu tun, während beim Schlechten das Resultat der Tat schlecht ist, wogegen der Denkansatz zur Tat mit dem schlechten Resultat durchaus gut und edel gewesen sein konnte. Die Suche nach der Unterscheidung war es, die in seinem Kopf unentwegt hämmerte.
Frischer Tau liegt in der Stille. Süß tropft Hoffnung in den Kelch der Sehnsucht. Nach erlebter Nacht unter dem Scheunendach verschwindet das Rascheln mit Sonnenaufgang. Höhen und Tiefen hat der Traum zusammengefasst zu Bildern und Chören unter den Dächern der Menschheit und ihrer Tempel und Kathedralen. Zu Fuß führt der Pfad an Wiesen vorbei, auf denen im tauigen Frieden die Kühe liegen und im Wiederkäuen mit halboffenen Augen in den Tag blicken. So ist, was bleibt, der Tag mit seinen Sorgen, Was bleiben soll, ist das Hoffen durch den Morgen hin zu jenem Tag, der die Befreiung bringt. Du lässt das Herz vibrieren, dessen Fasern zu dir hinziehen, während unter mir das Schweigen des Nachtlieds tönt, des Liedes, das dir allabendlich zugesungen wurde. Nun färbt sich über mir der Himmel rot, und ich erinnere mich des Brotes, das wir gemeinsam aßen. Lerne, solange die Zeit dir gilt, habe Mut, aus Fehlern zu lernen. Vergeude nicht den Tag, er wird dir fehlen, wenn du erkennst, was deine Aufgabe war. Lerne am Menschen, was dir noch fehlt. Gib ihm dein Ohr, denn er will dir sagen, dass der Mensch nicht reich ist durch sein Geld und nicht arm ist, wenn er zerlumpt vor dir sitzt, denn es ist der letztere, der mehr vom Menschen weiß. Es kann sein, dass das Leben gegen die Wand schlägt mit dem Risiko, dass Hand und Kopf und Rücken im Kollaps an ihr herunterrutschen. Zwischen den Welten ist das Seil gespannt, um auf ihm den Abgrund zu überqueren. Beim Blick nach unten siehst du das Floß, das im Schlamm steckenblieb und nun verrottet. Ich zog das verknitterte Papier aus der Tasche und las deine geschriebene Zeile, die weniger der Herzlichkeit als mehr der Nachdenklichkeit galt. Was da geht, ist das Hinken mit dem Zweifel, mühst dich heftig hin zum aufrechten Gang. Was du fühlst, sind Schmerz und Freude entgegen den Dämmerungen der Erwartung. Der Weg geht weiter, den du eben erst begonnen hast, nimm den guten Rat, trag ihn im Herzen weiter. Die Zeit wird kommen, dass du den Menschen schätzen wirst, der dir seine Güte entgegenbringt. So bleibt das Wort, das du beim Anblick sagtest von Bedeutung für das Gemüt und den Begriff. Unerzählt geht die Geschichte doch noch weiter bis dorthin, wo sich ausgetretene Wege kreuzen. Was du dir nicht ansehen willst, ist das altgewordene Gesicht. Doch das Gesicht ist Grund, bescheiden und dankbar zu sein. Der Torriegel ist abgebrochen und ein Stein vor's Tor geschoben, dass über Nacht die Scheune geschlossen und der Schober ein Schlafplatz ist. Erste Sonnenstrahlen kommen durch die Bretterritzen. Der Bauer spannt den Ochsen vor den Karren und nimmt den schmalen Weg zum Feld. Bei dem alten Mann setzte der Atem aus, so ging das Letzte ungesagt verloren. Die Sinnesorgane werden neu geboren, dass am Leben bleibt das alte Haus. Aus dem Schöpfungsbrunnen kommt der Mensch mit neuem Mut und neuer Hoffnung, der aus dem Brunnen neu die Erkenntnis schöpft. Ungewöhnlich hart sind die Donnerschläge. Scharf trifft der Blitz den Traumknoten, dass die Nacht keine Ruhe gibt mit den vielen Fahrten und zu Fuß, den vielen Menschen mit und ohne Gruß. Schrecken zucken auf und nieder, dass Angstschweiß die Stirn nässt. Was ist zu tun, um die Menschen zu retten und die Kinder in die Häuser zurückzuholen, um ihnen mehr zu essen und den Schutz und die Geborgenheit zu geben?
Es war in Lublin, wo ich einem Erschießungskommando zugeteilt wurde. Einige hundert Menschen, es waren Männer aller Altersgruppen, hoben etwa einen Kilometer von der Straße entfernt ein Massengrab aus. Weniger als hundert Meter weiter standen Hunderte von alten und jungen Frauen, die jungen Frauen mit ihren Kindern. Sie alle sollten erschossen werden. Ich fragte den Kommandeur, was das für Menschen sind und warum sie erschossen werden sollen. Der Kommandeur, ein junger, bissiger Sturmführer des SS-Wachbataillons, schrie mich an, dass ich nicht zu fragen, sondern seine Befehle auszuführen habe. Die Mütter mit ihren Kindern schauten voller Entsetzen, was die Männer unter scharfer SS-Bewachung hackten und schaufelten. Kinder schrien von den Armen ihrer weinenden Mütter. Der Sturmführer befahl, die Gewehre zu entsichern und in einer Stunde Aufstellung zur Straßenseite längs des ausgehobenen Grabens zu beziehen. Ich war mir meiner Sache sicher, dass ich auf die wehrlosen Menschen nicht schießen werde. In dieser Stunde der Vorbereitung zur Massenerschießung ging ich zum Mannschaftswagen zurück, entsicherte mein Gewehr und schoss mir in den rechten Fuß. Der Vorfall wurde dem bissigen Sturmführer gemeldet, der herbeieilte, auf mich einschrie und mich zur Minna machte. Er versicherte mir auf der Stelle das Disziplinarverfahren. Nach einem Partisanenüberfall bei der Rückfahrt, bei dem es Tote auf beiden Seiten gab, saß ich am nächsten Morgen in anderer Uniform mit meinem durchschossenen Fuß am Straßenrand auf einem Holzkasten, der mit Sand und Streusalz gefüllt war. Ich versuchte zu gehen und hielt es nach hundert Metern vor Schmerzen nicht aus. Ich wartete auf ein Militärfahrzeug, das mich mitnahm, und saß auf einer Anhöhe, von der ich die Kurven der ansteigenden Straße gut übersah. Es kamen Fahrzeuge der SS. Denen musste ich aus dem Blickfeld gehen und hockte mich hinter die Sand- und Streusalzkiste. Dann kam ein Sanitätsauto. Das Licht der Wahrheit, der Berichtigung und die ethische Läuterung, das ist vonnöten. Wie du dich auch anhängst an den vorbeistreifenden Sternen und dich an ihren Flugenden verrenkst entlang glimmend-gleißender Laternen, die Welt hat sich von dir gelöst.
Arische Bürger hatten alles Jüdische zu meiden. Sie durften sich nicht auf offener Straße mit ihnen unterhalten, sie weder in ihre Häuser einladen noch von ihnen eingeladen werden. Den Juden wurden die privaten Fahrzeuge mit Wagenpapieren und Führerschein abgenommen. Sie wurden Fußgänger, die vom Bürgersteig wegtraten, wenn ein Deutscher in Uniform entgegenkam, egal ob es ein alter, gehbehinderter Mann am Krückstock oder eine Mutter mit ihren Kindern war, die an beiden Händen ihre Taschen trug. Es war ein trauriger Anblick, wenn Eckhard Hieronymus mit Frau und Kindern oder allein durch die Straßen ging und in die Augen der Angst und Verzweiflung jener Menschen mit den blassen, verhärmten Gesichtern und dem gelben Judenstern über ihrer Brust sah. Er blickte in Kinderaugen von unbeschreiblicher Traurigkeit, die ihm das Herz zerrissen, weil er nicht aufschreien konnte, wie er hätte aufschreien sollen. Hinzu kamen die Fragen der Kinder, wenn sie aus der Stadt zurückgekehrt waren, die immer bohrender wurden. Sie waren so berechtigt, wie das Abschweifen im Antwortgeben oder das stumme Achselzucken unberechtigt waren. Es war eine Zeit der fürchterlichen Erkenntnis, dass es in Deutschland nach dem ersten Krieg, wo sich die Menschen nach dem inneren und äußeren Frieden sehnten, so etwas gab, dass es Menschen gab, denen die fundamentalen Menschenrechte abgesprochen wurden, nur weil sie Juden waren. Als ob das ein kriminelles Vergehen war. Todesstiege, das unmenschliche Opfer: Noch schwerer wurde die Stiege vom Steinbruch bergauf, noch bänger wurde es den Sinnen im Tragen der überschweren Last über tausend Stufen von unten nach oben zum wartenden Posten, der keine Rücksicht nahm auf menschlich erschöpfte Kosten mit der Zunahme von Magerkeit und Schwäche. Der Stoß von der Steinbruchkante war System mit der brülligen Verachtung menschlichen Lebens und des Atems. Gewissenlos erfolgte der Stoß zum Sturz in die Tiefen der Finsternis, den der Stürzende weder umgehen noch sich ihm widersetzen konnte, dass die menschliche Substanz der totalen Zerschmetterung entgegenstürzte und in der Fallgeschwindigkeit die Angst verbrannte und im Aufschlag erlöschte. Kommandant: «Sind Sie stark genug, mir einen Fehler zu nennen, den Sie für den gravierendsten halten?» E. H.: «Da entblöße ich mich vor ihnen ganz, Herr Kommandant. Ich will es tun, weil ich dabei kein schlechtes Gewissen habe. Ich bin in den letzten Monaten Mitglied der NS-Partei geworden, um das Leben meiner Frau und meiner Tochter aus der akuten Gefahrenzone zu bringen. Meine Frau ist Halbjüdin, meine Tochter ist Vierteljüdin, was reichte, um sie von der Immatrikulation auszuschließen. Vor Gott habe ich gesündigt, weil ich eine Verbindung mit der Partei der Besessenen, Grausamen und Mörder eingegangen bin. Das ist mein größter Fehler, mit dem ich zu leben und zu sterben habe.» Der vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, dass die Lehre von Auschwitz gezogen werden müsse. Man könne nicht immer dem ganzen Volk die Schuld geben, nur weil sich der Täter auf die Ausführung des Befehls beruft. Denn das Volk habe dem Täter den Befehl nicht gegeben, wehrlose Frauen, Mütter mit ihren Kindern, alte und junge Menschen in grausamster Weise zu schänden und zu ermorden.
Gib dein Augenmerk dem Menschen, der Hingabe, der Liebe und letztlich der Bescheidenheit. Du runzelst die Stirn und schweigst, dann nach einer längeren Weile sagst du, dass du so einen Menschen nicht kennst beziehungsweise so einen Menschen noch nicht getroffen hast. Auf die Frage, ob du nach einem solchen Menschen denn schon gesucht hast, sagst du mit leicht gesenktem Blick, dass das Suchen sowieso meist erfolglos ist. Der Weisheit letzter Schluss ist der, dass man es noch einmal versuchen solle und das ohne ein Vorurteil von rechts oder von links, denn es gibt das Wunder, das jedem Menschen entgegenkommt, der ohne die drückende Bürde der Verneinungslast mit endloser Geduld sucht und bei der ersten Begegnung ohne Anspruch ist. Es bleibt nichts anderes übrig, um die guten Zeiten, als die Menschen sich noch grüßten und beim Grüßen sich zulächelten, mit in den Traum zu nehmen, damit es einen guten Schlaf geben kann. Solche Werte müssen behütet werden, die dürfen nicht einfach wie Sand oder Zementsäcke aufgeladen und weggefahren werden, denn ganz ohne Werte lässt sich doch nicht mehr leben. Da es im Leben keine Vollendung im Sinne der Erfüllung der Erwartungen und ihrer Ideale gibt, gehört der Versuch in seiner grenzenlosen Fortsetzung in das Axiom der Voraussetzung zum Eintritt ins Leben und ist damit Teil und Inhalt eines jeden Atemzuges. Es begründet das Anlegen der Asymptote des Gedankens an den 'Menschheitsschnitt' des Kreises im und vom Kommen und Gehen. Wirklichkeit ist, was jetzt geschieht in der Vielschichtigkeit der Wirkfelder im Innern der geistig-philosophischen Begegnungen und Argumentation sowie im Äußeren der praktisch-bildnerischen Tätigkeit. Wirklichkeit ist die Summation der Aktivitäten, die den Seinszustand bewegen und unter den endogen ausgelösten und den exogen implizierten Umweltbedingungen und Folgereaktionen verändern und in die Gegenwart 'monumental' festigen. Das Leben ist voller Stürze, die den Menschen auf seinem Weg durch die Jahre begleiten und ihm Schmerzen zufügen, die er oft nicht verkraften und selbst nicht behandeln kann. So gibt jeder Sturz die Erinnerung weiter, dass es eine Treppe mit dem Namen 'Todesstiege' gab, auf der viele tausend Menschen im Zustand der zunehmenden Entkräftung ihr Leben verloren. Träume schäumen blasig davon, dazu kommt noch der dunkle Ton mit dem Teufelsvibrato irrsinniger List im Gesinge und Gesäusel, was nicht ist. Heftig streiten Rabulistik und Artistik miteinander. Unschuldige Menschen hat es erwischt. Was sagst du vom Nenner der Kritik, wenn es über den Köpfen wieder dröhnt und zischt? Sprache, bleib mir nah, ich möchte noch erzählen, wie's war, als ich in die Steppe ging. Sprache, auch du bist verwundet nach dem, was geschehen ist. Auch du bist wirklichkeitsverwundet. Sprache, führ mich zum Wort zurück oder lass mich ein neues finden, um aus der Sprachlosigkeit herauszukommen. Sprache, wenn du verstummst, verglüht der Stein, mit ihm der Mensch, der fürchterlich erschrak, als er hindurchging, dir sein Vermächtnis noch vorher anvertraute, bevor er selbst die Sprache verlor. Sprache, sag, wie Reden gesprochen wurden mit den tausend Finsternissen. Sag, was nach den Reden kam, als Augen in Tränenmeeren versanken und Kinderstimmen mit ihren Müttern verstummten.
Das Bild des Menschen dieser Zeit ist verzerrt, gesplissen, verkantet, ruhelos verwildert ist das Bild. Die Sicht im Überblick, die Ordnung, wer will sie finden unter all den Dingen unter dem großen Weltenschild? Wer will in der Dunkelheit die Fäden aus den verstrickten Bändern des gespannten Seinsgeflechts lösen mit seinen Dichten des Guten und des Bösen, das sich durch die Zeiten in ihren Gängen gegenläufig wellt und streckt?
Was die Seele und den Körper betrifft, die sich durchs Leben dehnen, unglaublich ist's, wie sich das eine oder beide unter den Lasten nach dem Überleben sehnen. Weit sind die Asymptoten ausgelegt und laufen dem Weg durch die Nächte voraus, dass an Tagen bei hebender Dämmerung es die Augen nicht glauben wollen, wenn Menschen Straßen und Wege passieren, andere dagegen warten vor dem Haus und nicht wenige mit leeren Mägen, die knurren, während Schmerzen schreien sollen.
Das Wissen steckt voller Probleme, solange es in der Vorstufe hängenbleibt, die zu lösen sind für die Erkenntnis, dass der Verstand das Teilwissen überwinden kann, um an das Ganze heranzukommen, wenn aus dem Erlebten, was Vergangenheit ist, die Lücken zu schließen und die Mängel zu beheben sind, die zur Fehlerhaftigkeit führen, was die Nah- und mehr noch die Fernwirkungen nicht ausschließt.
Das ist's, dass die Verantwortung ins Zentrum zu rücken ist, wo sie besonders in den Tagen des Zerfalls hingehört, denn mit weniger Verantwortung oder ohne sie geht alles durcheinander, dass der Mensch irrt, während die Ethik sich krümmt und blutet und den Menschen im Denken und Tun ermahnt, gerecht und gebildeter die Dinge vor dem Auge und im Herzen zu betrachten, bevor er sich gedanklich verwirrt und sich selbst erschrickt und andere durch sein Tun verwundet, von denen sich keiner erholt.
Größeres Unheil droht den Völkern, und sie ahnen es nicht, wie sie den tödlichen Hurrikan durchstehen und überleben, weil es in der Härte des Elends und der Armut nichts gibt, was sie schützt. Oft geht der Fortschritt mit innerer Depression und Vereinsamung einher, dass Ängste eingeatmet werden in einer Luft, die Übelkeit und Todesnähe verbreitet. Wo das ist, da bleibt die Hoffnung unerfüllt auf ein Leben in Würde. Wo das ist, da hat der Glaube an das Gute im Menschen die letzte Krume verloren.
Säulen des Zweifels stellen sich dichter zusammen, bis sie vom Beton des Unrechts überzogen werden, dass es keinen Zweifel an der Verzweiflung mit dem Ende der Menschlichkeit mehr gibt. Es mag einmal gewesen sein, als es den Menschen im Menschen noch gab, dass es die Sprache sagte, ob es mit den Gefühlen und dem Herzen stimmte. Doch das ist vorbei und kommt nicht wieder.
Das Wagnis zu denken, ist schon groß, wieviel größer wird der Schreck dann werden, wenn die Gedanken in der stillen Vorschau es nicht fassen, was passieren wird auf Erden, wenn das Wagnis sich zum Flammenmeer entzündet und die letzte Wand und Mauer niederreißt, wenn die Brandung die Mutter erschlägt, die das weinende Kind auf dem Rücken trägt. Die Heutefragen verbinden das Sein mit dem Sollen, was sich verbirgt als Keim im Bodenstollen, was mit den Jahren tiefer sinkt und fester sich verklinkt in Form von Krümmen und von Knollen, wenn in den Höhen der Wissenschaften sich die Gedankenwege kreuzen und andere sich verengen, dass Sätze, Worte und dann Silben, wie man sie auch spricht und schreibt, sich weiter kürzen. Menschen schlagen sich, und Völker morden sich zu Tode. Die Welt reißt aus den Fugen, es fehlen die Köpfe, die wirklich klugen. Gesichter bluten, es schwitzt der Chirurg, der durch Tag und Nächte die Wunden versorgt, doch kann er allein die Blutung nicht stillen trotz Totaleinsatz und Gottes Willen. Es spritzt das Blut hoch ins Gesicht, das quer durch alle Völker. Wo sind die Richter, ob sie noch schlafen, den Betrug an den Völkern zu strafen? Oft geht der Fortschritt mit innerer Depression und Vereinsamung einher, dass Ängste eingeatmet werden in einer Luft, die Übelkeit und Todesnähe verbreitet. Wo das ist, da bleibt die Hoffnung unerfüllt auf ein Leben in Würde. Wo das ist, da hat der Glaube an das Gute im Menschen die letzte Krume verloren. Säulen des Zweifels stellen sich dichter zusammen, bis sie vom Beton des Unrechts überzogen werden, dass es keinen Zweifel an der Verzweiflung mit dem Ende der Menschlichkeit mehr gibt. Es mag einmal gewesen sein, als es den Menschen im Menschen noch gab, dass es die Sprache sagte, ob es mit den Gefühlen und dem Herzen noch stimmte. Doch das ist vorbei und kommt nicht wieder. Es rüttelt und schlägt ans Gittertor der Pforte, das aus Eisen geschmiedet ist. Haus und Scheune sind verschwunden, dazwischen lag der Krieg mit seinen Wunden. Trifft der Morgenblick die Morgenblume, dann ist sie die Mahnesrune im harschen Wetterbruch. Denn nicht alles steht, was stehen soll und ohne Tuch nach durchkämpfter Nacht in Traum und Wirklichkeit. Schwer liegt das Schweigen auf der Brust, noch schwerer wiegt der Morgen, wenn zu den ganz normalen Alltagssorgen das Wort des Abschieds über deine Lippen kommt.