"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: «Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt.» Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen!
Bleigrauer Himmel lag über der kleinen Westernstadt Little Brown am Südrand Colorados. Die Luft war drückend und stickig. Nicht der mindeste Hauch war zu spüren. Auf den rissigen Vorbaubohlen vor dem Haus des Sargtischlers Everett stand ein Mann. Er war hochgewachsen, hatte breite Schultern und schmale Hüften, sein Gesicht war von Wind und Wetter tief gebräunt. Es war ein gutgeschnittenes, ebenmäßiges Gesicht, das einen markant-männlichen Ausdruck hatte. Die Augen waren von einer dunkelblauen Farbe, die etwas von dem Ton zugefrorener Bergseen an sich hatte, mit langen Wimpern und von hohen Brauenbögen überdacht. Blauschwarzes Haar blickte unter dem breiten Hutrand hervor. Der Mann trug ein graues Kattunhemd, eine schwarze, sauber gebundene Samtschleife, eine Lederweste, die ärmellos war, und eng anliegende schwarze Levishosen, die über die kurzen Schäfte seiner Stiefel ausliefen. Um die Hüften hatte er einen breiten büffelledernen Waffengurt, in dem an den Seiten je ein schwerer schwarzknäufiger 45er Revolver steckte. Nichts an dem Manne war sonderlich auffällig, und dennoch besaß er ein eindrucksvolles Äußeres. Der Name, den er trug, war im ganzen Westen bekannt. Jeder Rancher und jeder Cowboy, jeder Richter und jeder Bandit zwischen der Grenze Canadas und dem Golf von Mexico kannte diesen Namen. Er lautete: Wyatt Earp. Ja, es war der große Marshal aus Dodge City, der ›Missourier‹, wie er seit Jahren in diesem Lande genannt wurde. Nie hat Amerika einen bedeutenderen Sheriff hervorgebracht, und noch heute, viele Jahre nach den damaligen Ereignissen, ist der große Wyatt Earp für das junge Amerika ein einzigartiges Idol geblieben. Damals an jenem düsteren Märzmorgen des Jahres 1885 befand sich Wyatt Earp auf dem Ritt von Arizona hinüber nach Kansas. Er war mit Doc Holliday in Tombstone vor Wochen aufgebrochen und hier oben im Las Animas-County aufgehalten worden. Bei einem nächtlichen Überfall auf eine Pferdewechselstation war Doc Holliday plötzlich verschwunden. Wyatt war auf der Suche nach ihm, und diese Suche hatte ihn hierher in das winzige Prärie-Nest Little Brown geführt.
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Er stand mitten im dunklen Hof der alten Santa Fé Bar und blickte auf das Türviereck, das sich scharf durch den Lichtschein der Kerosinlampe vom Haus abzeichnete. Vor Minuten war da die große Gestalt des Gangsters Mat Allison verschwunden. Der Marshal fuhr sich mit der Linken durchs Gesicht, als müsse er da etwas wegwischen, etwas verscheuchen. Noch hallten die Worte des Desperados in seinen Ohren: «Ich habe gehört, dass Doc Holliday abhanden gekommen sein soll!» Wyatt wandte sich langsam um und ging zum Tor. Die Straße von La Punta lag nicht etwa in tiefster Stille da, sondern war ganz im Gegenteil mit turbulentem Leben erfüllt. Von allen Seiten kamen Reiter in die Stadt, und Planwagen aller Größe zogen mit knirschenden Rädern durch die Main Street. Der große Dodger Gesetzesmann Wyatt Earp war zusammen mit seinem Freund Doc Holliday auf dem Ritt von Tombstone nach Dodge City gewesen und in Tirone aufgehalten worden. In Tirone war ein siebzehnjähriger Cowboy namens Jerry Scotland in der Schenke des Griechen Serge Osakis spurlos verschwunden. Die Tochter des Wirtes, Ruth Osakis, hatte behauptet, dass der Desperado Jonny Allison den Cowboy ausgelöscht hätte. Wyatt, der auf seiner Suche nach dem verschwundenen Cowboy hart mit dem Griechen zusammengeprallt war, hatte herausgefunden, dass in Tirone eine Bande von Falschspielern ihr Unwesen trieb. Er hatte einen Bandenführer namens Sticker zur Strecke gebracht und seine Kumpane mattgesetzt. Hinter einer Scheunenwand entdeckte er die Leiche des Cowboys. Von dem Mörder fehlte bisher jede Spur. Zusammen mit Ruth Osakis und ihrem Vater waren die beiden Westmänner auf dem Wege nach La Punta gewesen, wo Wyatt Earp hoffte, John Allison zu finden. Unterwegs auf einer Pferdewechselstation wurde Doc Holliday von einem schweren Krankheitsfall niedergeworfen. Sie konnten nicht weiter und mussten auf einer verlassenen Pferdewechselstation Rast machen. In der zweiten Nacht wurden sie überfallen, und Wyatt wurde von mehreren Männern auf eine entlegene Farm geschleppt, von wo ihm aber bald die Flucht gelang. Als er an die Pferdewechselstation zurückkam, musste er feststellen, dass Doc Holliday verschwunden war. Nur das Buch, in dem er zuletzt gelesen hatte, fand er auf dem Boden neben dem Lager des Spielers.
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Es war um die siebte Abendstunde. Der Himmel hatte eine schwefelgelbe Farbe angenommen und ein leichter Wind war vom Fluss heraufgekommen, und trieb den Flugsand schmirgelnd an den hölzernen Häusergiebeln entlang. Hinter den Fenstern wurden schon die ersten Lichter angezündet, und die großen Spielbars, die tagsüber geschlossen hatten, öffneten ihre Türen. Ein dumpfes Dröhnen und Röhren schien in der Luft zu liegen und die ganze Stadt wie mit einer Glocke zu überdecken. Es kam vom Ostrand Dodge Citys her, wo in den riesigen Corrals die großen Rinderherden standen. Viele Wochen lang hatten die harten Cowboys mit den Herden zu tun, um sie unten weit aus dem Sand von Texas hier hinauf an die Bahnlinie zu bringen. Vielleicht wäre dieses Dodge City, das nach dem alten Fort benannt worden war, niemals eine so bedeutende Stadt geworden, wenn nicht vor nun schon fast siebzehn Jahren der alte Trailführer Joseph Chisholm auf den Gedanken gekommen wäre, seine Herde hierherzutreiben. Er war noch über den alten Santa Fé-Trail gekommen und hatte sich entschlossen, in der winzigen Ansiedlung Dodge seine Herde stehen zu lassen, bis er einen Aufkäufer fand, und wenn er keinen gefunden hätte, würde er die Herde ganz verladen haben, um mit seinen Kuhtreibern selbst hinauf in die großen Städte zu fahren, wo er die Rinder schon verkauft hätte. Aber dazu kam es erst gar nicht, denn er fand in Dodge City in dem alten Metzger Simmons gleich einen Mann, der die Herde übernahm. Wie Simmons damals an das große Geld gekommen ist, um die Herde zu bezahlen, ist immer ein Rätsel geblieben. Jedenfalls wurde er in Kürze ein reicher Mann, denn Chisholm fand Leute, die es ihm gleichtaten und ebenfalls hier nicht nur Station machten, sondern die Herde an den Mann brachten. Dodge City wuchs mit Windeseile, und bald war es die bedeutendste Cowtown (Kuhstadt), die es im Westen überhaupt gab. Jetzt um die Zeit der Frühjahrstrails herrschte in der Stadt Hochbetrieb, ebenso wie im Frühherbst, wenn der zweite Trail begann. In der Mitte der Front Street lag die kleine Rialto Bar. Sie gehörte einem Engländer namens Jeffrey. Er hatte sie von dem vorherigen Besitzer des Hauses vor zwei Jahren erworben. Die Leute, die in der Rialto Bar verkehrten, gehörten allerdings nicht zum besten Publikum. Das kümmerte den achtzehnjährigen Cowboy Cass «Boddy» Hilton nicht. Er war mit der Logan-Herde als Treiber heraufgekommen und hatte die Stadt zum ersten Mal gesehen.
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Durch die Sonnenglut der Campo-Prärie ritten zwei Männer. Ihre Steigbügel streiften durch die hohen Weidegräser, die bei dieser Berührung einen knisternden Laut von sich gaben. Die Stiefel, die Beine der Reiter und die Flanken der Pferde waren wie gepudert vom gelben Blütenstaub der Prärieblumen. Der eine der beiden Männer war ein hochgewachsener Mann mit breiten Schultern, schmalen Hüften und einem Gesicht, das von Wind und Wetter tiefbraun getönt war. Ein dunkelblaues langbewimpertes Augenpaar beherrschte dieses markant-männlich geschnittene Gesicht. Unter der breiten Krempe des schwarzen Stetsonhutes blickte blauschwarzes starkes Haar hervor. Der Mann trug ein graues Kattunhemd, und eine schwarze eng anliegende Levishose. Um die Hüften hatte er einen breiten, patronengespickten büffelledernen Waffengurt, der an beiden Hüften je einen schweren schwarzknäufigen 45er Revolver hielt. Die Waffe an der linken Seite war besonders langläufig, und jeder Kenner hätte in ihr augenblicklich einen jener seltenen Revolver vom Fabrikat Buntline-Special erkannt. Jeder Rancher und jeder Cowboy, jeder Bandit und jeder Richter in diesem Lande kannte den Namen dieses Mannes. Er lautete Wyatt Earp. Ja, es war der berühmte Marshal von Dodge City. Der Missourier, wie der große Gesetzesmann seit mehr als einem Jahrzehnt in diesem Lande genannt wurde, ritt auf einem hochbeinigen Falben, einem selten schönen, edlen Tier, das durch seine dunkle Falbfärbung und durch die schwarz bestrumpften Beine, die schwarze Mähne und das lange schwarze, kräftige Schwanzhaar besonders auffiel. Der Mann neben dem Marshal war fast ebenso groß, hatte aber eine schlankere Figur und sein Gesicht wies einen aristokratisch-vornehmen Ausdruck auf. Die Augen waren von einer unwahrscheinlichen Eisesbläue, und wer einmal in sie hineingeblickt hatte, vergaß sie so leicht nicht wieder. Es war ein sehr eindrucksvolles Gesicht, das da unter dem fast völlig neu wirkenden Hut im Halbschatten lag. Der Mann stach durch seine Kleidung sehr von seinem Begleiter ab. Er trug einen eleganten schwarzen Anzug, der nach der neuesten Bostoner Mode geschnitten war, einen kleinen Samtkragen und breite Aufschläge besaß. Das Hemd war blütenweiß, als hätte er es soeben in einem Store erstanden, und die schwarze Samtschleife war so akkurat gebunden, als hätte der Mann die Absicht, eine Feierlichkeit zu besuchen. Überhaupt wirkte alles an ihm feierlich.
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Der große Brand hatte sich gelegt. Auch der Rauch war verzogen. Mehr als vier Fünftel der kleinen Savannenstadt Tirone waren in Schutt und Asche gelegt. Aus den verkohlten Balken stiegen immer noch Dunstspiralen empor. Drüben am Ufer des Little Rio Grande stand der Marshal Earp, der vor sich den Begründer dieser Stadt stehen hatte, nämlich den griechischen Spielhöllen-Inhaber Serge Osakis. Neben Osakis stand seine Tochter Ruth. Hinter beiden verharrte mit steinernem Gesicht der Georgier Doc Holliday. Vor wenigen Tagen war in der kleinen Präriestadt ein Cowboy verschwunden, dessen Name Jerry Scotland war. Der Cowboy war der Sohn eines Ranchers aus der Umgebung von Tirone. Der alte Scotland hatte Wyatt Earp um Hilfe gebeten. So war der Marshal nach Tirone gekommen. In den zwölf Stunden, die er sich in der Stadt aufhielt, war vieles geschehen. Eine ganze Hölle hatte sich aufgetan, und das Inferno hatte schließlich den größten Teil der Stadt in Schutt und Asche gelegt. Aber der verschwundene Cowboy war nicht gefunden worden. Im Morgengrauen hatte die Stadt dann in Flammen gestanden. Als der neue Tag sein erstes diffuses Licht über den Horizont schickte, war Tirone vernichtet. Die Bürger hatten sich alle retten können, und niemand war an Leib und Leben zu Schaden gekommen. Serge Osakis und seine Tochter hatten erklärt, dass ein Mann namens John Allison den Brand gelegt hätte. Es war für Wyatt Earp und Doc Holliday natürlich keine so ungeheure Überraschung, denn sie befanden sich nicht allzu weit von der gefürchteten Stadt La Punta entfernt, in der der große Desperado Clay Allison mit seinen beiden Brüdern Jonny und Matthew lebte. Clay Allsion war Wyatt Earps größter Gegner.
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Es war kurz vor Mitternacht. Durch die dunklen Gassen, die zum Nordrand der alten Westernstadt Dodge City führten, huschte ein Mann. Er war nur mittelgroß und hatte eine nach vorn gebeugte Gestalt. Hin und wieder blieb er stehen, um sich lauschend umzusehen. Vor einem der kleinen dunklen Häuser verhielt er dann wieder den Schritt, um schließlich aus dem Sternenlicht in den Schlagschatten des Hauses unterzutauchen. Sekunden später hätte ein angestrengt horchendes Ohr ein Knirschen von Holz und Metall hören können. Der Mann war in das Haus Nummer neunundsiebzig eingedrungen. Als er die Tür, die er gewaltsam geöffnet hatte, hinter sich angelehnt hatte, lauschte er mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund angestrengt ins Haus. Da schien es absolut nicht still zu sein. Irgendwo oben schlug im Nachtwind eine Fensterlade am Haus, und das Holz der Treppendielen knarrte, ohne dass es berührt wurde. Irgendwo im Nachbarhof schlug ein Hund an. Ob er die Geräusche beim Aufbrechen gehört hatte? Der Eindringling blieb stehen und suchte dann, seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Vor ihm war, wie in fast allen Häusern, der schmale Korridor, der zur Hoftür lief, und rechts führte die enge Stiege hinauf ins Obergeschoss. Er bewegte sich auf Zehenspitzen vorwärts, öffnete die erste Tür auf der linken Korridorseite und blickte in die etwas muffige Stube. Dann ging er weiter, warf noch einen Blick in den düsteren Küchenraum, von wo aus man durch das gardinenfreie Fenster in den dunklen Hof sehen konnte. Aber die unten liegenden Räume schienen ihn offensichtlich nicht zu interessieren. Er tastete unter dem Treppenstück die Gegenstände ab, die da standen, und machte sich dann an den Aufstieg. Es war nicht leicht, die Treppe geräuschlos hinter sich zu bringen, denn die alten Stufen, die im Laufe der Jahre mehr und mehr ausgetrocknet waren und nicht mehr in ihre Fugen passten, knarrten erheblich. Aber unbehelligt erreichte der Mann das Obergeschoss, duckte sich an der Wand nieder und lauschte abermals.
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Als Ben Jenkins an diesem Morgen die Tür seines neuen Saloons öffnete, glaubte er sicher nicht, dass der Tag so ereignisreich werden würde. Jenkins war ein Mann Mitte der fünfziger mit einem Gesicht, das aussah, als wäre es aus braunem Holz geschnitzt. Hart, wurzelhaft und von Falten zersägt. Seine Augen waren bernsteinfarben, und sein fast in der Mitte gescheiteltes Haar hatte eine rötliche Färbung. Es war ein richtiges Männergesicht, das mehr Energie aufwies, als sie für gewöhnlich ein Schankwirt benötigte. Jenkins trug ein weißes Hemd, eine braune Samtschleife und eine dunkelgraue Weste, die mit hellen Blumenmustern bestickt war. Um die Ärmel trug er braune Schoner, um die Manschetten nicht allzu schnell zu beschmutzen. Die Schürze hatte eine rotbraune Färbung und reichte vom Leib fast bis hinunter zu den Schienbeinen. Wer ihn so gesehen hatte, möchte geglaubt haben, dass er eigentlich gar nicht hierher in diese große Westernstadt passen würde. Und Ben Jenkins stammte auch nicht aus Dodge City. Er kam aus Memphis in Tennessee. Der Weg, der ihn hierher geführt hatte, war lang gewesen. Jedenfalls hatte er in den ersten Märztagen des Jahres 1875 hier am Westrand der Stadt Dodge City eine Schenke eröffnet. Es ist sogar historisch auf den Tag genau belegt. Jenkins hatte das Haus des ehemaligen Silberschmiedes Jack Manchester käuflich erworben und – wie ebenfalls noch dokumentarisch belegt werden kann – in zwei Raten verhältnismäßig schnell hintereinander bezahlen können. Als er an diesem Samstagvormittag gegen acht Uhr die Tür seiner Bar öffnete, herrschte auf der Hauptstraße Dodge Citys, der Front Street, schon reges Leben. Die alte Cowtown am Arkansas River erwachte schon früh. Jenkins blickte die lange Straße hinunter, die hier beidseitig mit Häusern bestanden war, aber kurz hinter der Bridge Street nur noch wenige Häuser aufwies und dann einseitig bis hinunter zu ihrem Ende am Ostrand der Stadt verlief. Es war ein echtes Kuriosum, die Hauptstraße Dodge Citys, und man darf wohl sagen, dass sie die berühmteste Straße im alten Westen war. Jenkins griff in die Westentasche und zog eine Zigarette daraus hervor, die er zwischen die Lippen schob.
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Er hatte keinen Namen. Jedenfalls an dem Tag, an dem er die Stadt Mesita erreichte, schien er namenlos zu sein. Woher er genau kam, wusste niemand, ebenso wenig wie man nicht wusste, wie er eigentlich hieß. Er war mittelgroß, hatte rötlich-blondes gekraustes Haar und trug einen grauen abgetragenen Stetsonhut, der mit starken Schweißstellen besetzt war und dessen Krempe ziemlich zerfleddert wirkte. Sein Hemd war bräunlich und kragenlos. Das blaue Halstuch war verwaschen wie die Hose und wie die schwarz-weiß karierte Weste. Sein Gesicht hatte einen ovalen Schnitt. Die Augen standen schräg darin, aber so, dass die äußeren Enden nach unten liefen. Scharf fielen die Lider über die Außenwinkel der Augen. Die Nase war lang, und die Spitze nach unten gebogen, sodass sie über den üppigen Mund zu ragen schien. Das Kinn war spitz und zeigte nach vorn. Auf seiner linken Wange war eine große Warze, aus der drei Haare heraussprangen. Es war kein gutes, kein angenehmes Gesicht. Die Ohren waren winzig klein, und das Haar wuchs ihm hinten fast ins Halstuch. Er war trotz des eckigen Gesichtes nicht etwa dünn, denn er hatte ein Doppelkinn, das um seinen Hals schwabberte. Die Brust wirkte eingefallen, und der Bauch stand vor und erlaubte es nicht mehr, dass die Weste geschlossen werden konnte. Statt eines Revolvers hatte er ein altes Winchestergewehr, dessen Kolben sehr abgegriffen wirkte. Die Hosen steckten in den ziemlich hohen Stiefelschäften, und über den Absätzen saßen verrostete mexikanische Sporen. Leicht vornübergebeugt und fast bucklig wirkend saß der Mann im Sattel und stützte sich mit beiden Händen aufs Horn auf. Der Braune, den er ritt, hatte einen harten Gang, sodass der Reiter bei jedem Schritt durchgeschüttelt wurde.
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Der Regen rann wie aus Kübeln. Nicht ein einziger Stern war am Nachthimmel zu sehen. Der Mann, der da auf den Ranchhof zuritt, saß vornübergebeugt im Sattel. Der Regen rann in kleinen Bächen von der breiten Krempe seines Hutes herunter. Nur im Trott ging das Pferd noch durch den aufgeweichten Boden vorwärts. Das Ranchtor stand offen. Ein kalbsgroßer Hund trottete heran und gab Laut. Aber der Reiter blieb im Sattel und ritt auf die Veranda zu, die vor dem zweigeschossigen Wohnhaus der Ranchersleute angebracht war. Da stieg er aus dem Sattel, und in dem Augenblick, in dem er die vier Treppenstufen hinaufstieg, wurde oben die Tür geöffnet, und im Schein des kleinen Windlichtes trat ein achtzehnjähriges Mädchen auf den Vorbau. Es war Juanita Maxwell, die Tochter des Ranchers. Ein brünettes Mädchen, sommersprossig, mit einer lustigen Stupsnase und fröhlichen aquamarinfarbenen Augen. Es betrachtete den Mann, der da triefend vor Regen vor ihr stand und fragte ihn nach seinem Begehr. «Mein Name ist Spittkey, Miss», sagte er mit einer schnarrenden Stimme, die dem jungen Ranchersmädchen nicht eben angenehm erschien. «Rip Spittkey. Ich komme von Norden herunter, oben von Canon City. Ich bin Cowboy und suche einen Job.» In dem Schein des Windlichtes konnte das Mädchen den fremden Cowboy nur schlecht erkennen. «Bitte, kommen Sie herein.» Drinnen legte er den Hut und die nasse Jacke über einen Hocker, der neben der Tür stand und sah sich in der geräumigen Halle des Ranchhauses um.
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Ein düsterer Himmel lastete über der graubraunen Kistenholzstadt Tombstone. Es schien so, als müsste er symbolisch sein für den Ärger vieler Menschen in dieser Stadt darüber, dass der große Sheriff Wyatt Earp, der berühmteste Gesetzesmann des weiten Westens, an diesem Tage einen der Bürger als Bandenführer entlarvt hatte. Es war dem Marshal nämlich gelungen, einen Gangster zu stellen, hinter dem er lange Zeit her gejagt war, der wie ein Phantom vor ihm her geisterte und sich einfach nicht zur Strecke bringen lassen wollte. Die größte Überraschung war der Name des Mannes: Phineas Clanton. Tombstone vermochte es nicht zu fassen. Jedenfalls diejenigen Leute, die nicht mit der Bande zusammenhingen. Und Wyatt war davon überzeugt, dass es die wenigsten auch in der Bande selbst waren, die gewusst hatten, wer der geheime Chief gewesen war. Aber mit der Entdeckung des Banditen stand für den Marshal auch fest, dass es nur ein Name gewesen war, der diese Bande zusammengehalten hatte: der Name Clanton. Nie und nimmer war dieser Phin, dieser Trinker und Weiberheld, dieser aufgeschwemmte, plumpe Mann dazu in der Lage, eine solche Bande zu dirigieren. Wer der wirkliche Drahtzieher gewesen war, ließ sich so rasch nicht ermitteln – vielleicht niemals ermitteln. Möglicherweise war es auch nicht nur ein einzelner Mann, sondern viele, die sich eben zusammengefunden hatten, weil sie wieder einen Clanton hatten, weil sie sich an den großen Namen festhalten konnten, weil er ihnen Mut gab und Tatkraft. Phineas Clanton war Wyatt Earp ins Garn gegangen. In einem ehemaligen Schweinestall, in dem Wyatt Earp und Doc Holliday von einer Schar ausgehungerter Ratten durch Phin Clanton bedroht wurden, hatte Phin sich selbst in die Falle begeben. Wyatt Earp hatte ihn zurück nach Tombstone geschleppt und vor den Richter gestellt. Jules Gardener, der erst einunddreißigjährige neue Oberrichter von Flagstaff, war eigens hergekommen, um den Banditen abzuurteilen. Phin Clanton wurde nicht zum Tode verurteilt, denn nicht ein einziger Mord konnte ihm nachgewiesen werden; und seine Bande hatte doch Morde genug begangen! Der Mann mit dem großen Namen bekam ein Urteil, das nicht nur den Marshal schockierte: Drei Jahre Zwangsarbeit. Es war lächerlich, was sich die Geschworenen da ausgesonnen hatten. Es war lächerlich, was der neue Oberrichter aussprach, als er sich erhob und mit dem kleinen silbernen Hammer auf die kleine Metallplatte schlug. "Drei Jahre Zwangsarbeit.