Nix wie Zores!. Topsy Küppers

Читать онлайн.
Название Nix wie Zores!
Автор произведения Topsy Küppers
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Серия
Издательство Изобразительное искусство, фотография
Год выпуска 0
isbn 9783990014950



Скачать книгу

      Aber was sind die besseren Seiten des Lebens, hochgeschätzter Daniel Killy?

      Für mich sind es:

      Lange Spaziergänge in der Natur!

      Schwimmen im Attersee! (Auch bei Regen)

      Gute Gespräche mit klugen und vor allem aufrichtigen Menschen!

      Erfolge dankbar annehmen, aber nicht überschätzen!

      Lachen können – vor allem über sich selbst!

      Sei unverschämt, vor allem bei Leuten, die sehr viel Macht haben!

      Höflich bin ich nur zu den Leuten, die mir gleichgültig sind.

      Meine Gefühle zeige ich nur denen, die ich gernhabe.

      Gehen und sehen auf einsamen Wegen! Und immer durch die Nase ein- und ausatmen. Ich frage mich, warum so viele Menschen mit zwei Stöcken wandern. Ist es, damit die Skistockfabrikanten auch im Sommer ein Geschäft machen?

      So marschieren Kolonnen im Gleichschritt – Marsch! Und dabei wird geredet, geredet, geredet … sie hören nicht den Kuckuck, sie riechen nicht den Duft der Akazien. Sie strapazieren die Oberfläche ihrer Stimmbänder mit oberflächlichem Gerede.

      Zwei Falten über der Nasenwurzel – vom Nachdenken.

      Plissee auf der Oberlippe – vom Verzicht.

      Lachfalten an den Augen – vom Belustigen.

      Ich liebe mein Gesicht – vom Leben gezeichnet!

      Mit höflichen Worten erreicht man viel, und sie kosten wenig!

      Wenn Politikerinnen zum TV-Interview geladen werden, ist ihr erster Satz:

      »Vielen Dank für die Einladung!« Und schon bekomme ich einen Lachkrampf, denn:

      Wenn ich als Kind zu einer Geburtstagsfeier eingeladen wurde, schärfte mir Mutti ein:

      »Mach einen Knicks, gib dein Geschenk ab, und bedanke dich für die Einladung.«

      Wo bleibt der Knicks, Frau Ministerin? Und wo ist das Geschenk?

      Und wieso merken Politiker und Politikerinnen nicht, wie lächerlich sie sind, wenn sie sich bei Journalisten einschleimen?

      Lieben und singen lässt sich nicht erzwingen!

      Ich habe gelernt, dass alles Gute und Böse, was mir passierte, zumeist unvorhersehbar war. Niemals nehme ich die Frage »Wie geht es dir?« ernst. Meistens antworte ich: »Gestern ging’s noch!« Die Fragerin lacht und sagt:

      »Meinst du das erotisch?« Und schon legte sie los und erging sich in dem Thema, sodass die Bühnenkulissen wackelten. Ein Thema, das nicht nur die Regenbogenpresse, sondern auch die Theaterbesucher brennend interessierte. Es ging um die bekannte Sängerin … hat sie, oder hat sie nicht? Ich kann es bestätigen – sie hat! Ich mag diese Kollegin sehr, denn sie ist liebenswert und auch begehrenswert – von jungen Männern. Chapeau! Leider neigt sie dazu, mit Ende siebzig ihren jungen Lover im Bild herumzuzeigen. »Ist er nicht süß?«, seufzt sie. Das ist er. Ein Typ, den viele nicht von der Bettkante gestoßen hätten, wenn er – ja, wenn er nicht gerade mit diesem Bühnenstar unterwegs wäre. Nicht nur alte Komödiantinnen neideten meiner Freundin die zärtlichen Stunden, sondern auch ein junger Mann. Er postete dem Süßen hemmungslos auf Facebook: »Hallo Kumpel! Wie ist das, wenn man eine Oma vögelt?« Ein Satz, gehässig gepostet, zerstörte eine liebevolle Beziehung. Was lernen wir daraus?

      Lächerlichkeit tötet mehr als Gehässigkeit!

      Natürlich fragen Sie, wie ich zu dem Thema »Liebe im Alter« stehe. Da ich wild entschlossen bin, Ihnen nur die Wahrheit zu gestehen, hier steht sie …

      Oh ja, ich sehe Männer mit den Augen einer normalen Frau. Aber ich begehre sie nicht, denn die Mail »Hallo Kumpel und so weiter …« hat mich schockiert.

      Ein lieber Kollege fragte mich: »Du bist schon lange Witwe, was macht die Liebe? Bist du eine lustige Witwe?« Ich blinzelte ihn an: »Nein! Ich bin eine lästige Witwe. Es ist viel schöner, einen ständigen Freund als einen vorübergehenden Lover zu haben.« Und noch eine Wahrheit: Homosexuelle Männer gehören zu meinen liebsten Freunden. Sie sind gepflegt, haben gute Manieren, sind geistreich und humorvoll. Unwissende ätzen: »Sie hat immer neue, jüngere Begleiter. Läuft da was?« Oh ja, da läuft viel, im Sinne von Charly Chaplin, der schrieb: »The most wasted day in life is the day in which we have not laughed!«

      Das Vorurteil ist der Krebsschaden unserer Gesellschaft – deshalb habe ich für Fortgeschrittene meine Erlebnisse und Erkenntnisse mit jüdischen Menschen in diesem Buch festgehalten. Über jedem Buch sollten die Gesichter der Menschen von Zeit zu Zeit strahlen!

      In diesem Sinne, liebes Publikum:

      Leben und lesen Sie – wohl!

      Prüfet alle und behaltet den Besten!

      Damit ich nicht vergesse, zu schildern …

      … dass Rabbinatsprüfungen tragisch und komisch zugleich sein können.

      Ich meine die Prüfung, welche gelehrte Juden ablegen müssen, um die hoch angesehene und gut bezahlte Position des Oberrabbiners der jüdischen Gemeinde einer Stadt zu erhalten. Wie bei allen Prüfungen sitzt ein Gremium von sich unglaublich wichtig nehmenden Personen in Reih und Glied. Das ist eben so, egal ob ein Philharmoniker, ein Schauspieler oder ein selbst ernanntes Showgenie einen Job sucht. Man muss sich den Prüfern stellen, denn von ihrem Urteil hängt es ab, ob der begehrte Posten oder das Engagement Realität wird.

      Und so ist es auch, wenn Rabbiner, die gerne Oberrabbiner sein möchten, geprüft werden.

      Mein lieber Freund, der Historiker und Bestsellerautor Prof. Dr. Paul Frischauer4, erzählte mir eine Familiengeschichte, mit der er seine »literarische Abstammung«, wie er sagte, unter Beweis stellte:

      »Vor über zweihundert Jahren bewarb sich mein Ahnherr Issachar um die Stelle des Großrabbiners von Ungarn. Buda und Pest – heute Budapest – waren damals die reichsten Gemeinden weltweit und von den klügsten Köpfen der Judenschaft heiß begehrt. Die Wahl fand in der kleinen Stadt Nagy Kanisza statt und die Bewerber waren alle erfahrene, belesene und in den verschiedensten Sprachen perfekt ausgebildete Rabbiner. Jeder konnte sich bewerben, wenn er nachweisen konnte, dass er ein Cohen war – das heißt, er musste beweisen, einer traditionellen Rabbinerfamilie anzugehören – und dass er alle Rabbinatsprüfungen erfolgreich absolviert hatte. Beides konnte Issachar eindeutig belegen, und so wurde dieser junge Mann in den ehrwürdigen Kreis der Aspiranten zugelassen.

      Jeder Kandidat musste aus dem Stegreif eine Predigt halten. Kurz vor der Prüfung erhielt der Prüfling eine verschnürte Rolle, in der das Thema der Rede schriftlich festgehalten war. Wer nach der Predigt die meisten Stimmen der hundert Ältesten der Gemeinde erhielt, bekam den ehrenvollen Posten mit dem Titel ›Großrabbiner von Ungarn‹.«

      Paul Frischauer erzählte, dass beim Eintreffen seines Ahnherrn in Nagy Kanisza die Juden ihre greisen Köpfe schüttelten und sich sofort einig waren, dass man diesen Meschuggenen nicht zur Prüfung annehmen werde. Issachar war nämlich nicht nur jung, sondern auch ärmlichst gekleidet. Man registrierte, dass der Kaftan sicherlich vererbt war, denn er schlotterte um die magere Gestalt. Die Füße mit den weißen Strümpfen steckten in geflickten Schuhen, und obwohl alles pieksauber war, bedauerten die Prüfer den blassen Kandidaten. Sie beschlossen, ihm Geld anzubieten, wenn er von seiner Kandidatur Abstand nehmen würde. Aber Issachar war unbestechlich. Mit feiner Würde wies er auf sein Recht hin, als Cohen5 antreten zu dürfen, und man musste achselzuckend nachgeben. Nun ist ja allgemein bekannt, dass auch Kapazitäten, gleich welcher Religion, nicht frei sind von Eitelkeiten, Missgunst und Tücke. Man reihte Issachar zunächst an die letzte Stelle der Vortragenden ein, um ihm seine Chancenlosigkeit zu beweisen. Für ihn wurde eine Leserolle vorbereitet, die,