Seewölfe - Piraten der Weltmeere 415. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 415
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954398232



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viele andere farbige Männer, gepreßt und an Bord der Fleute geholt, denn sie brauchte eine Besatzung. So war das Abenteuer nun auch für Grillo zu Ende. Macht und Reichtum hatte er sich erhofft, aber alles, was er sich eingehandelt hatte, war ein schrecklicher Tod.

      Califano gab sich einen innerlichen Ruck. Er streckte die Hand nach dem Toten aus, um ihn an Land zu ziehen und wenigstens noch zu bestatten, wie sich das gehörte. Er konnte es nicht übers Herz bringen, ihn einfach so im Wasser zu lassen und davonzugehen.

      Aber die Haie waren wieder schneller. Ein grauer Schatten huschte unter Wasser heran, packte den Toten, zerrte ihn in tieferes Wasser zurück, und sofort war auch ein zweiter Grauer zur Stelle. Das Wasser begann zu gischten und zu sprudeln, dann glättete es sich wieder, und sie waren mit ihrer Beute verschwunden.

      Califano wich in den Dschungel zurück. Sein Herz schlug rasend schnell, sein Atem ging stoßweise. Er rannte los, stolperte über eine Luftwurzel, fiel hin und stieß sich irgendwo das Knie. Vor ihm regte sich etwas – eine Schlange glitt davon.

      Teufel, dachte er, wenn ich nicht abhaue, krepiere ich hier auch noch.

      Er rappelte sich wieder auf und schlich durch das Unterholz. Plötzlich glaubte er, einen Laut zu vernehmen. Ein Seufzen? Er wich von seiner ursprünglichen Richtung, die zurück zur Hütte führte, ab und wandte sich nach rechts. War da ein Mensch? Ein von den Haien Verletzter?

      Wieder war es eine Mischung aus Neugierde und Besorgnis, die Califano vorantrieb. Er wollte wissen, was geschah. Er konnte nicht einfach weglaufen, falls es doch noch jemanden zu retten gab. Piraten hin, Galgenstricke her – der Himmel würde ihn strafen, wenn er, der einzige Augenzeuge, nicht seine Christenpflicht tat.

      So dachte er, während er sich zwischen den Mangroven vorsichtig auf den Platz zuschob, von dem der seltsame Laut erklungen war. Er verharrte und spähte durch eine Lücke zwischen den schweren, ledrig wirkenden Blättern. Wieder erstarrte er.

      Was er nicht für möglich gehalten hatte, war eingetreten: einer der Schnapphähne hatte das Massaker der Haie überlebt.

      Eine, berichtigte er sich im stillen. Mit halb verständnisloser, halb wißbegieriger Miene beobachtete er die schwarze Frau, die aus dem Wasser an Land kroch. War denn das zu fassen? Sie hatte es wahrhaftig geschafft. Sie war unversehrt. Die Haie hatten sie nicht gefressen – oder verschmähten sie sie, weil sie soviel Gift im Leib hatte?

      Er konnte nicht umhin, sie eingehender zu betrachten. Sie war nackt bis auf wenige Fetzenreste, die von ihrer Kleidung übriggeblieben waren und wie eine zweite Haut an ihrem Leib klebten. Sie hatte große, feste Brüste und herrliche runde Hüften, und als sie sich auf dem Ufer umdrehte und niederließ, hatte er ihr Hinterteil fast zum Greifen nah vor sich.

      Sie war schwarz und geschmeidig und von wilder Schönheit, und es ging etwas Atemberaubendes und Faszinierendes von ihr aus, dem auch er, Califano, sich nicht zu entziehen vermochte.

      Er zog sich einen Schritt ins Dickicht zurück, konnte sie aber nach wie vor sehen. Hingegen war er sicher, daß sie ihn nicht bemerkt hatte. Dabei sollte es auch bleiben. Sie hatte noch ein Messer, wie er sehen konnte. Sie war eine Hexe, und sie würde sich auf ihn stürzen und ihn in wilder Wut niederstechen, wenn er sich ihr zeigte, dessen war er sicher.

      Ihr Gesicht war eine Fratze des Hasses.

       2.

      Auf allen vieren kroch sie unter den dichten Vorhang der Mangroven, ließ sich nieder und beobachtete, was draußen, auf See, weiter geschah. Mit vor Wahnsinn flackernden Augen sah sie, wie die Fleute „Zeehond“ nach Nordosten verschwand und die „Isabella IX.“ und die „Caribian Queen“ nach Westen segelten.

      Aus! Wieder hatte sie eine Niederlage erlitten, und diesmal schien ihr Schicksal endgültig besiegelt zu sein.

      Was nutzte es ihr noch, daß sie am Leben geblieben war? Sie hatte Glück gehabt und durch lange Tauchgänge die Küste erreicht, ehe die Haie sie packen konnten. Die Biester waren außerdem zu sehr mit den anderen beschäftigt gewesen – mit den Hurensöhnen und Bastarden, die feige die Flucht ergriffen hatten.

      Ihr blöden Hunde, dachte die Black Queen, jetzt habt ihr euer Fett. Was habt ihr euch denn eingebildet? Daß ihr den Tiburónes entwischt? Oh, was für Narren seid ihr doch gewesen!

      Dumpf wurde ihr jedoch bewußt, daß sie blindlings gehandelt hatte, als sie den Hafen von Havanna verlassen und sich auf die „Caribian Queen“ gestürzt hatten. Sie hätte wissen müssen, daß es eine Falle war, und doch hatte sie sich von ihrem Haß zu einer unüberlegten Tat verleiten lassen.

      Caligula war tot. Sein Ende traf sie nun doch, obwohl er ihr eigentlich schon im Wege gewesen war, was das Bündnis mit Don Antonio de Quintanilla betraf. Stets hatte ihr Caligula zur Seite gestanden, im guten wie im schlechten. Mit ihm hatte sie ihren einzigen wirklichen Bundesgenossen und Freund verloren, ihren Geliebten und ihre rechte Hand. Ihr war nichts geblieben außer dem Messer, das in ihrem Leibgurt steckte.

      Sie war geschwächt, aber sie spürte es nicht. Sie merkte es erst, als sich alles um sie herum zu drehen begann und düstere Schleier vor ihren Augen wallten. Sie sank zur Seite und wurde bewußtlos. Alles schien in erlösender Finsternis zu versinken, sie nahm nichts mehr wahr.

      Califano verharrte lange in seiner Deckung, ehe er sich entschloß, sie näher zu untersuchen. War sie tot? Oder ohnmächtig? Oder hatte sie ihn bemerkt und bediente sich eines Tricks, um ihn anzulocken? Möglich war alles, und Vorsicht war die Mutter des Überlebens. Auf leisen Sohlen schob er sich an sie heran und beugte sich über sie. Sie atmete noch, wie er registrierte, aber sie war besinnungslos. Also kein Theater.

      Er ließ sich auf die Knie sinken und betrachtete sie eingehend. Jetzt, wie sie so hilflos dalag und sich nicht rührte, schien sie ihm doch eher eine Schönheit als ein Satansweib zu sein. Er konnte nicht anders, er mußte sie berühren. Er streckte die Hände nach ihr aus und betastete ihre Brüste, ihren Bauch und ihre Lenden. Sein Atem ging schneller, sein Herz begann wieder wie verrückt zu schlagen. Warum nahm er die Chance nicht wahr?

      Aber was war, wenn sie überraschend wieder erwachte? Sie würde ihn töten. Sie hatte die Kraft von einem Dutzend Männern, hieß es. Sie hatte schon ganz andere Kerle aus den Stiefeln gehauen. Die tollsten Geschichten kursierten in den Kneipen von Havanna, ein Weib wie diese Queen schien es auf der ganzen Welt nur einmal zu geben.

      Califano stand auf, bekreuzigte sich und verscheuchte die sündigen Gedanken. Nein, er durfte es nicht tun. Das einzige, was sich empfahl, war, so schnell wie möglich zu verschwinden. Sie war nicht verwundet und brauchte keine Hilfe. Sie würde bald das Bewußtsein wiedererlangen und durch den Urwald irren, und dann war es gut, wenn er einige Distanz zwischen sie und sich gelegt hatte.

      Er tauchte im Dickicht unter, verharrte aber plötzlich doch wieder. Gaukelte sein Geist ihm jetzt etwas vor – oder war da noch jemand im Dschungel? Nein, er irrte sich nicht. Da keuchte jemand. Ganz in seiner Nähe. Leise Schritte bewegten sich auf das Ufer zu.

      Califano duckte sich. Er vernahm einen dumpfen, grunzenden Laut und dann einen Fluch. Der Kerl, der sich da durch das Gestrüpp arbeitete, schien nicht minder zornig zu sein als die Black Queen. Califano begriff die Welt nicht mehr. Sollte es noch einem anderen von der Teufelscrew gelungen sein, seine Haut zu retten?

      So unwahrscheinlich es klang: es stimmte. Viele Blätter behinderten Califanos Sicht, aber er konnte doch verfolgen, wie der Kerl – ein Bulle mit einem derben Gesicht – an die Stelle trat, an der die Queen bewußtlos zusammengebrochen war.

      Califano verharrte auch weiterhin in seiner Deckung. Wenn er sich jetzt rührte, bemerkte ihn der Kerl. Das durfte er nicht riskieren. Lieber verhielt er sich still und verfolgte, was weiter geschah. Was er sah, würde er jedoch für sich behalten und keinem anderen erzählen, das beschloß er schon jetzt. Unterschwellig war ihm bewußt, daß er sich dadurch nur Ärger einhandeln würde. Und Ärger wollte er nicht, um keinen Preis der Welt.

      Es wäre besser gewesen, wenn er beim Donnern der Schiffsgeschütze in seiner Hütte geblieben wäre,