Seewölfe - Piraten der Weltmeere 252. Fred McMason

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 252
Автор произведения Fred McMason
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395880



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abfällig und zog die Riemen durch.

      „Dann werden wir wohl nicht mehr weit segeln. „Zwölf Fuß – das entspricht ja gerade unserem Tiefgang.“

      „Genau“, sagte Batuti. „Wir gerade noch rutschen über Schlick dreckiges. Reise auf lausiges Nil damit zu Ende.“

      „Ich habe nichts dagegen“, meinte Shane. „Mir sind die Weite der See und eine kräftige Brise zehnmal lieber als dieser Fluß, wo es nicht genügend Wind, dafür aber um so mehr Hitze gibt. Hasard wird davon allerdings nicht begeistert sein.“

      Sie hörten auf zu pullen und brachten das Boot zum Stillstand. Dann warteten sie, daß der Strom es talwärts trieb. Es geschah nur ganz langsam, so daß Shane schließlich zur anderen Seite hinüberzeigte.

      Dort war der Strom auch nicht stärker. Nur ganz dicht am Ufer zog er schneller dahin, weil er einen weiten Bogen um die riesige Insel zog.

      Die Tiefe betrug hier vierzehn Fuß, aber wenn sie weiter nach vorn blickten, dann erkannten sie, daß der Arm des Flusses noch schmaler wurde als auf der anderen Seite.

      Wieder pullten sie zurück und fuhren ein Stück in den anderen Arm hinein, der in Fahrtrichtung an Steuerbord lag.

      „Ah, hier wird es schon tiefer, wenn wir in der Flußmitte bleiben“, sagte Bob. „Mehr als drei Faden haben wir hier. Aber wir sollten es noch ein wenig weiter flußaufwärts versuchen.“

      „Was, glaubst du wohl, weshalb wir sonst hier sind“, sagte Shane. Bei jedem Zug sprangen seine Oberarmmuskeln hervor wie glänzende große Halbkugeln. Bill sah dieses wilde Muskelspiel des alten Waffenschmieds und dachte bei sich: Wenn der dir voll eine langt, dann fliegst du von einem Ufer des Nils bis zum anderen. Shane war noch einer der wenigen ehemaligen Schmiede, die kaltes Eisen glühend klopfen konnten, nur durch ihre Schnelligkeit und die Stärke ihrer Muskelkraft.

      Sie ruderten weiter flußauf. In der Schilfinsel wimmelte es von Krokodilen, und mehr als einmal erklang ihr schauriges Gebrüll, wenn sie sich in ihrer Ruhe gestört fühlten.

      „Bleibt fast gleich tief, Shane“, meldete Bob. „Durchschnittlich immer drei Faden, nur ganz selten weniger.“

      Shane und Batuti ruderten verbissen weiter, hielten immer Flußmitte, und wischten sich hin und wieder mit dem Oberarm den Schweiß aus den Augen. Winzige, überaus lästige Fliegen erschienen und fielen gierig über die Männer her. Sie setzten sich in die Augen, in die Mundwinkel, und wenn man sie totschlug, dann schien es so, als hätten sie sich verdoppelt oder verdreifacht. Sie stachen nicht, aber sie waren ausgesprochen lästig und ließen sich nicht vertreiben.

      Eins der Krokodile schwamm jetzt genau im spitzen Winkel auf das Boot zu. Die Schnauze hatte es halb über Wasser gestreckt, die Augen blickten die Männer gleichgültig an.

      „Das Biest rammt uns“, sagte Shane ruhig. „Verpaß ihm eins auf die Schnauze, Junge, ehe es uns untertaucht. Wenn wir hier in den Bach kippen, braucht uns Will Thorne nicht mehr einzunähen.“

      Der Schädel senkte sich etwas, wie Bill sah. Jetzt starrten nur noch die Augen aus dem Wasser, und es sah wirklich so aus, als wolle sich das gefräßige Biest näher für das Boot und seine Insassen interessieren.

      „Drück ab, Bill“, sagte Shane noch einmal ruhig. „Halte genau zwischen die Augen.“

      Das Krokodil änderte leicht die Richtung. Bill hielt die schwere Muskete beidhändig und ließ den Lauf mitwandern, bis der Schädel im Visier erschien. Dann drückte er ab, und der Rückstoß ließ ihn ein wenig taumeln.

      Die grobe Bleikugel traf voll ihr Ziel. Der Schädel stieß brüllend und schnaubend aus dem Wasser, dann färbte sich die Stelle blutrot, und ein wildes Zucken ging durch den riesigen Leib. Die Echse krümmte sich im Wasser zusammen, und noch während das Echo des Schusses über den Nil zurückhallte, peitschte der mächtige Schwanz das Wasser, daß es schaumig wurde.

      Das Krokodil legte sich auf die Seite, dann drehte es sich noch weiter herum, bis man den hellen Bauch sah. Danach versank es still und ohne zu zucken. Nur im Wasser war noch ein kleiner Wirbel zu sehen und eine blutrote Lache, die sich immer weiter ausdehnte.

      Big Shane sah Bill an und nickte anerkennend.

      „Ein sehr guter Schuß. Wenn man die Biester nicht gleich auf Anhieb erwischt, sind sie noch gefährlicher und unberechenbarer.“

      „Ich hatte sowieso noch eine Rechnung mit den Biestern offen“, meinte Bill grinsend. „Beinahe wäre ich in so einem ekelhaften Rachen verschwunden.“

      Weiter wurde über den Zwischenfall nicht gesprochen.

      Es ging weiter nilauf, und dabei stellte sich heraus, daß es fast so etwas wie eine Fahrrinne gab, allerdings eine von der Natur geschaffene. Zum Ufer hin verdichteten sich der Schlick und Schlamm, in der Mitte des Seitenarmes dagegen blieb die Tiefe fast konstant, aber dennoch gab es Stellen, die die „Isabella“ nur mit größter Vorsicht passieren konnte.

      Die Schilfinsel zog sich in die Länge, und ein Ende war vorerst noch nicht abzusehen. Überall wuchs Papyrusrohr, aus dem die Ägypter schon vor langer Zeit ihr Papier für die Schriftrollen hergestellt hatten.

      Big Old Shane ließ das Ruder sinken, wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und verscheuchte unwillig die lästigen Fliegen. Dann legte sich ein leises Lächeln um seine Lippen, und er deutete mit der Hand zum Ufer, dann weiter auf den Fluß.

      „Wißt ihr eigentlich, daß wir uns auf einem Fluß befinden, den schon eins der ältesten Bücher erwähnt, die Bibel nämlich?“

      Batuti grinste verlegen. Er hatte die Bibel noch nicht gelesen und konnte auch nicht lesen. Bob Grey erging es ähnlich. Er war als Waise zwar von Geistlichen erzogen worden, aber noch bevor sie ihm den nötigen Respekt und Schreiben und Lesen beibringen konnten, war er heimlich ausgekniffen und zur See gefahren, denn die geistlichen Herren pflegten ihren Schäfchen die Religion mit den Fäusten einzubleuen, und so schlug sich Bob Grey lieber selbst durchs Leben und anderen auf die Schnauze, als sich verprügeln zu lassen.

      Bei Bill war es nicht viel anders, aber er konnte wenigstens ein bißchen lesen, das hatte er an Bord der „Isabella“ gelernt, auf der er sich jetzt seit dem Dezember 1582 befand, neuneinhalb Jahre.

      Doch auch er wußte es nicht.

      „Aus dem Papyrus“, erklärte Shane, „hat die Mutter von Mose ein Körbchen geflochten, den Jungen hineingesetzt, und ihn dann nilabwärts treiben lassen. Später wurde aus Mose der Religionstifter und Gesetzgeber der zehn Gebote, der das Volk der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft befreite.“

      „Ja, das habe ich gehört“, sagte Bob, und auch Bill kannte die Geschichte der zehn Gebote.

      „Dann hat sich das alles hier schon vor ungefähr zweitausendsiebenhundert Jahren abgespielt“, sagte er.

      „Richtig. Und die Pyramiden sind noch älter, die haben noch mehr gesehen. Ist doch verdammt interessant, was?“ fragte Shane.

      Da nickte selbst Batuti beeindruckt.

      „Und jetzt wir fahren auf Nil“, sagte er, „und vielleicht einmal in viele Jahre Leute sagen, Batuti auch auf Nil gewesen.“

      Die Männer lachten leise. Shane griff wieder zu den Riemen.

      „Noch ein Stück weiter, dann drehen wir um, kehren zurück und lotsen das Schiff durch den Nebenarm hinauf. Hast du dich mit der Wassertiefe auch nicht verrechnet, Bob?“

      „Ganz bestimmt nicht. Wir werden auf dieser Strecke immer ein gutes Yard Wasser unter dem Kiel haben.“

      „Wir dürfen nur nicht aus dem Kurs laufen“, sagte Shane besorgt, „dann stecken wir nämlich im Uferschlamm fest, und bei so wenig Wasser und Wind reagiert unsere Lady ja bekanntlich recht störrisch.“

      Sie pullten noch weiter, aber die Landschaft und die Wassertiefe veränderte sich nicht.

      Die einzige Unterbrechung war lediglich der verfallene Tempel weiter