Seewölfe Paket 8. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 8
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394975



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scheint wirklich keine Piraten zu sein – und auch keine gottverdammten Engländer, die in letzter Zeit verstärkt unsere Küsten verunsichern“, sagte die Siebzehnjährige. „Ich habe Vertrauen zu Ihnen, Capitán Drummond.“

      Der Seewolf räusperte sich. „Das hört sich aufrichtig an. Gehen wir jetzt.“ Er dirigierte die beiden auf das Achterdecksschott zu. Seine Männer folgten ihnen, und wenig später saßen sie in der leicht schwankenden Kapitänskammer beieinander.

      Es war nicht das erstemal, daß Hasard sich als Captain Drummond ausgab und behauptete, Schiff und Mannschaft seien irischer Herkunft. Er hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt, und seine Crew spielte hervorragend mit, aber dennoch berührte es sie unangenehm, daß diese Mädchen eine so schlechte Meinung von den Engländern hatten. Das Volksempfinden ging mit den Entscheidungen von Regierungen nicht immer konform, aber in diesem Fall schien man auch in den entlegensten Gegenden Portugals davon überzeugt zu sein, daß England es verdiente, früher oder später von der Armada mit Kanonenfeuer vom Erdball getilgt zu werden.

      Im Moment konnte Hasard daran nichts ändern. Aber er nahm sich im stillen doch vor, wenigstens einen Versuch zu unternehmen, um die Mädchen und ihre Angehörigen davon zu überzeugen, daß nicht alle Engländer Teufel waren.

      Nachdem Dan O’Flynn geschildert hatte, was sich oben auf den Klippfelsen zugetragen hatte, fragte der Seewolf die Mädchen: „Warum habt ihr solche Angst vor Piraten?“

      „Weil wir schon oft überfallen worden sind“, antwortete Franca.

      „Die ganze Familie fürchtet sich vor Seeräubern“, erklärte nun auch Segura. „Und es kommt tatsächlich immer wieder vor, daß die Schufte diese Bucht ansteuern, um einem Sturm auszuweichen. Schon zweimal hätten sie uns um ein Haar erwischt. Wenn wir nicht Hals über Kopf unser Haus verlassen hätten und ins Landesinnere geflüchtet wären, hätten sie uns die Hälse umgedreht. Die Bucht scheint Freibeuter geradezu magisch anzuziehen.“

      „Und es gibt keine portugiesischen Verbände, die mit diesem Gesindel aufräumen?“ erkundigte sich Hasard.

      „Das schon, aber es passiert immer wieder, daß die Piraten den Verfolgern entschlüpfen und sich verstekken“, stieß Franca aufgeregt hervor. „Capitán, du glaubst ja nicht, wie viele Halunken sich gerade in dieser Küstengegend noch herumtreiben.“

      „Deshalb halten wir in vielen Nächten Wache“, sagte Segura. „Gerade bei Sturm.

      „Euer Vater schickt euch bei diesem Wetter hinaus“, fragte Hasard erstaunt.

      „Wir tun das freiwillig“, erwiderte Segura. „Wir sind eine große Familie, und jeder leistet seinen Beitrag, um seine Eltern und seine Geschwister zu schützen.“

      „Wie heißt euer Vater?“

      „Pinho Brancate.“

      „Und wie groß ist eure Familie?“

      „Außer uns beiden und Vater wären da Emilia, unsere Mutter“, gab Segura bereitwillig bekannt. „Und Josea, unsere Schwester. Sie ist drei Jahre älter als ich. Zwei Brüder haben wir auch, das hättest du nicht gedacht, nicht wahr, Capitán? Sie heißen Charutao und Iporá. Die älteste bei uns zu Hause ist die Abuela, die Großmutter, Vaters Mutter.“

      „Ein stolzer achtköpfiger Clan“, meinte der Seewolf. Er sandte einen bedeutungsvollen Blick zu seinen Männern hinüber, dann wandte er sich wieder an die Mädchen. „Und wovon lebt ihr, wenn man fragen darf?“

      „Von ein bißchen Landwirtschaft und Viehzucht“, entgegnete Segura. „Außerdem haben wir ein großes Steinhaus. Vater hat daraus eine Herberge gemacht, in der wir Reiter und Wanderer beköstigen.“

      „Keine Seeleute?“

      „Selten, weil wir vor allen, die vom Meer kommen. Angst haben.“

      „Richtig, richtig“, erwiderte Hasard. „Das sagtest du ja schon. Nun, Segura, ich freue mich, daß ihr Schwestern so mutig seid und eure Familie verteidigt. Wißt ihr, was wir jetzt tun? Ein paar von uns begleiten euch nach Hause. Ihr müßt euch dringend an einem Feuer wärmen und trocknen. Da wir an Bord unseres Schiffes nur noch knapp Trinkwasser haben, ergreifen wir die Gelegenheit beim Schopf und nehmen ein paar kleine Fässer mit, die wir bei euch in der Herberge füllen.“

      Franca lachte und klatschte begeistert in die Hände. „Fein, unser Padre wird euch sicher gern helfen, Capitán Drummond. Er ist ein guter Mann.“

      Segura pflichtete ihr durch ein Nicken bei. „Und es ist auch genug Wasser da. Bei uns auf dem Hof gibt es einen großen Brunnen, der nie versiegt.“

      „Ausgezeichnet“, sagte Hasard. „Dieser Brunnen kommt uns wie gerufen. Ferris, geh schon voraus und sag dem Kutscher Bescheid, er soll die Fässer bereitstellen.“

      „Aye, Sir.“

      „Dan und Matt, ihr kehrt auf eure Posten an Land zurück. Bis zu eurer Ablösung sind es noch vier Glasen. Wir setzen allerdings mit euch über und marschieren querfeldein, sobald wir die Felsen hinaufgeklettert sind“, sagte der Seewolf. „Segura und Franca werden uns führen.“

      „Aye, aye, Sir“, antwortete Dan. „Aber wen meinst du mit ‚wir‘?“

      „Ich suche noch die Männer aus, die mich zum Haus der Brancates begleiten“, sagte Hasard. „Kehren wir jetzt an Oberdeck zurück. Ich will keine Zeit verlieren, da ich annehme, daß Padre Brancate sich um seine Töchter sorgt, wenn sie sich in Kürze nicht bei ihm zurückmelden.“

      Segura lächelte. „Ja, das stimmt. Wir sollen uns jede Stunde bei ihm melden, damit er weiß, daß wir noch wohlauf sind. Andernfalls läßt er nach uns suchen.“

      „Ein großartiger Vater“, entgegnete Hasard. „Ich muß ihn unbedingt kennenlernen.“

      Sie hatten fast ausschließlich spanisch gesprochen, aber als sie jetzt nacheinander die Kammer des Seewolfs verließen, wandte sich Ben Brighton auf englisch an seinen Kapitän.

      „Du glaubst doch wohl nicht, mir sei die Ironie entgangen, mit der du gesprochen hast, wie?“

      „Nein, das glaube ich nicht.“

      Ben hielt Hasard im dunklen Achterdecksgang am Arm zurück und raunte: „Bist du ganz sicher, daß die Mädchen kein Englisch verstehen?“

      „Dan behauptet es.“

      „Darauf können wir uns wohl verlassen“, erwiderte Ben. „Dan läßt sich so leicht nicht ins Bockshorn jagen. Darf ich ganz ehrlich reden?“

      „Frei von der Leber weg, Ben.“

      „An dem, was die Mädchen uns da erzählt haben, ist doch was faul.“

      „Oberfaul, Ben.“

      „Die wollen uns einen Bären aufbinden …“

      „Und gerade deshalb will ich mir die Herberge ihres Erzeugers mal aus der Nähe ansehen“, sagte der Seewolf. „Ferris, Dan und die anderen haben natürlich auch gemerkt, daß ich mißtrauisch bin. Nur Segura und Franca ist nichts aufgefallen, und das ist so gut. Sie denken, wir gehen ihrem netten Märchen über die Angst vor Piraten und anderen Haderlumpen gründlich auf den Leim.“

      „Diese Segura hat sich sehr aufmerksam in deiner Kammer umgesehen, Hasard.“

      „Meinst du, das sei mir entgangen? Die Kostbarkeiten, die ich in den Schränken aufbewahre, haben es ihr angetan. Durch die verglasten Türen hat sie garantiert den goldenen Tukan, das goldene Malteserkreuz, die Smaragdkrone der Chibchas und andere Kleinigkeiten erkennen können“, erwiderte Hasard. „Ich kann verstehen, daß ein Mädchen da fasziniert ist, aber die Art, wie sich Seguras Gesichtsausdruck verändert hat, will mir nicht gefallen, Ben.“

      „Dann sind wir uns ja einig.“

      „Völlig.“

      Sie traten durchs Schott auf die Kuhl hinaus. Es regnete noch immer, aber der Sturmwind hatte etwas