Seewölfe - Piraten der Weltmeere 129. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 129
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394531



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      „Unmöglich.“

      „Es gibt keinen einzigen Krieger, der sich dir anschließen kann“, stammelte sie.

      „Ich gehe allein.“

      „Alle jungen Frauen bewaffnen sich und ziehen mit dir“, sagte jetzt die Frau, die schon vor der Flucht der Frauen und Kinder in der Rundhütte mit Sarego gesprochen hatte. Ihr Name war Injuru, und sie galt als eine der besten Freundinnen von Negwa. „Das sind wir dir, der du uns gerettet hast, schuldig“, fuhr Injuru fort. „Und auch du darfst uns jetzt nicht widersprechen.“

      Er stöhnte auf, als sie Hand an seine Verletzung legten. „Das dürft ihr nicht, das geziemt sich nicht für Frauen eines Bantustammes.“

      „Es geziemt sich auch nicht, daß wir dich in den Tod schicken“, beharrte Injuru. „Deshalb mußt du unser Angebot annehmen. Auch wir werden zu kämpfen wissen. Aber jetzt schweig, ich glaube, die Kugel steckt nicht in deiner Schulter, und der Knochen scheint auch heil zu sein. Im Licht des Feuers können wir deine Wunde auswaschen und verbinden.“

      Die Feuer brauchten nicht geschürt zu werden, ihre Flammen, die die Hütten gierig verzehrten, loderten hoch in den Himmel auf. Nur wenige Rundhütten des Krals, der mehr als zwanzig Meilen nördlich der Kolonie Lourenco Marques vernichtet worden war, blieben stehen.

      Die Spanier und Portugiesen erschienen jedoch nicht.

      Der Wind aus Osten hatte die Schußlaute weiter landeinwärts, nicht zum Hafen Lourenco Marques, getragen.

      Jeff Bowie hatte im Morgengrauen kein Land im Westen entdeckt. Afrika schien noch weiter entfernt zu sein, als sie angenommen hatten. Achselzukkend ließ sich Jeff von dem Schiffsjungen Bill im Großmars ablösen.

      Dreieinhalb Glasen später war es dann der Junge, der sich kerzengerade von seinem Ausguck aufrichtete und schrie: „Deck, Deck, ich sehe sie! Sir, so was gibt’s doch nicht!“

      Carberry unterbrach seinen morgendlichen Rundgang. Wie vom Donner gerührt blieb er auf der Kuhl stehen, nicht weit vom Großmast entfernt. Er stemmte die Fäuste in die Seiten, lehnte seinen Oberkörper etwas zurück und legte den Kopf in den Nacken.

      Und dann brüllte er auch schon.

      „Bill, du räudiger Kakerlak, du Hering, du elender Affenhintern – wie oft soll ich dir noch sagen, daß du dich klar und deutlich ausdrücken sollst? Hölle und Teufel, Bursche, warte, diesmal entgehst du deiner Strafe nicht.“

      Er wollte sich in die Luvhauptwanten schwingen, um in den Großmars aufzuentern, da drang die gellende Stimme des Bürschchens erneut an seine Trommelfelle.

      „Kamele!“

      Wie ein Schiffsgalgen, dessen Tau gekappt worden war, klappte das Rammkinn des Profos’ herab. Er geriet wahrhaftig ins Taumeln. War das denn die Möglichkeit, war das überhaupt zu fassen? Was nahm der Bengel sich da heraus? Träum oder wach ich? dachte Carberry.

      „Kamele!“

      Matt Davies und Dan O’Flynn, die auf der Kuhl beieinanderstanden, konnten nicht mehr an sich halten. Sie prusteten vor Lachen los und hielten sich die Bäuche. Matt Davies wurde ganz wacklig in den Beinen, er mußte sich auf die Kuhlgräting setzen. Ausschütten wollte er sich vor Heiterkeit.

      „Davies!“ brüllte der Profos plötzlich. „Wie hat das Rübenschwein von einem Moses uns soeben genannt?“

      „Kamele!“

      Carberry sprang in die Wanten, klomm in den Webeleinen aufwärts, erreichte den Großmars in Windeseile und schob sowohl seinen Schädel als auch sein Rammkinn und den Rest seiner beängstigenden Gestalt über die Umrandung der Plattform.

      Er wunderte sich, wieso Bill, dieser Schlingel, nicht zusammenzuckte. Nein, der Bengel stand einfach nur da, hielt ihm den Rücken zugewandt und blickte durch das Spektiv nach Westen.

      „So, Freundchen“, sagte der Profos grollend. „Jetzt sprechen wir Klartext. Jetzt biege ich dir Manieren bei, daß dir die Schwarte kracht.“

      „Sir“, sagte Bill, ohne sich umzudrehen.

      „Irrtum, diesmal rettest du dich nicht“, entgegnete Carberry und kletterte über die Segeltuchverkleidung. Der Schimpanse Arwenack, der Bill gerade Gesellschaft geleistet hatte, flüchtete in die Leewanten – vorsichtshalber.

      „Diesmal ziehe ich dir das Fell über die Ohren“, drohte Carberry dem Moses an.

      „Sir“, sagte dieser – überraschenderweise immer noch unbeeindruckt von soviel Groll. „Sir, das sind wirklich Kamele.“

      Der Profos wuchs wie ein riesiger Götze neben dem eher schmächtigen Bill hoch, stierte ihm über die Schulter – und stellte erst jetzt richtig fest, daß Bill unablässig mit dem Spektiv nach Westen spähte.

      „Was denn? Wie denn? Soll das heißen …“

      „Land in Sicht“, meldete der Junge stolz. „Und wir werden Kamele jagen, wilde Kamele.“

      „Land!“ brüllte Carberry auf Deck hinab. „Steuerbord voraus!“ Er wandte sich wieder Bill zu und nahm ihm das Spektiv aus den Händen. „Das war eine klare, deutliche Meldung, kapiert?“

      Bill wich etwas zur Seite. Er hatte jetzt Schwierigkeiten, sich im Großmars zu halten, die klotzige Figur des Profos’ füllte fast den ganzen Platz aus und ließ ihm kaum noch Raum.

      „Aye, Sir“, sagte der Junge. „Verstanden. Ich war eben nur zu – zu überwältigt von dem Anblick.“

      „Quatsch mit Soße“, versetzte Carberry ärgerlich. „Ein Seewolf hat nicht überwältigt zu sein. Wo kommen wir denn da hin?“

      Er schwieg jetzt aber selbst, denn das Rund der Optik hatte das Bild eingefangen, das Bill vorher gesehen hatte. Carberry war ebenfalls überrascht, sein Blick sog sich an der Erscheinung fest.

      Aneinandergereiht wie viele kleine Scherenschnitte hoben sich die Konturen der Tiere deutlich von jenem schmalen Streifen Land ab, der jetzt am Horizont zu sehen war. In langer Kolonne zogen sie dahin. Woher sie kamen und welches ihr Ziel war, ließ sich allenfalls erraten.

      „Also, das sind tatsächlich Kamele“, brummte Edwin Carberry und ließ das Spektiv wieder sinken. Er blickte zu Bill, der jetzt doch sichtlich eingeschüchtert war, reckte sein Rammkinn und fuhr fort: „Eins laß dir gesagt sein, du Stint. Lieber verrecke ich, als daß ich Kamelfleisch esse.“

      „Es soll vorzüglich sein …“

      „Hat der Kutscher das gesagt?“

      „Ja, Sir.“

      „Der Kutscher spinnt“, erwiderte Carberry barsch. „Der hat auch behauptet, Heuschrecken schmecken wie Krabben. Aber lassen wir das.“

      Bill konnte sich der Szene, auf die der Profos anspielte, noch sehr gut entsinnen. Ein Grinsen zuckte in seinen Mundwinkeln, aber er hütete sich, die Beherrschung zu verlieren und nachträglich noch einmal kräftig über jene Episode zu lachen.

      „Wo Kamele sind, da gibt es sicher auch andere Tiere, Mister Carberry“, sagte er.

      Carberry händigte ihm wieder den Kieker aus. „Klingt schon besser. Also, denk daran, was ich dir gesagt habe, und laß dich nicht noch einmal bei so einem zusammenhanglosen Gefasel erwischen. Sonst setzt es was.“

      „Aye, aye, Mister Carberry.“

      Der Profos enterte ab. Natürlich verprügelte er Bill nicht, wie er immer wieder androhte, er verpaßte ihm allenfalls mal eine Maulschelle, aber wenn, dann nicht böswillig und ohne jeglichen Anlaß, sondern stets aus der fast väterlich empfundenen, selbstgesetzten Aufgabe heraus, was Anständiges aus dem Bengel zu machen.

      Carberry langte auf der Kuhl an und stellte fest, daß sich die meisten Männer auf der Back versammelt hatten. Dan O’Flynn richtete auch ein Spektiv nach Westen. Mit seinen scharfen Augen würde auch er die fremdartig wirkenden Tiere schon bald sichten.