Seewölfe - Piraten der Weltmeere 138. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 138
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394623



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es sich so an. Philip und Hasard wurden durch die Kombüse katapultiert, von der Tür fort, und sie landeten unter einem der großen Holzschapps, in denen der Kutscher seine Kostbarkeiten aufbewahrte.

      Sie richteten sich auf und hielten erneut in dem schwankenden Raum Ausschau. Die „Erscheinung“ war immer noch da. Sie schwankte und schmatzte, schabte und schlürfte in dem festgezurrten Kessel herum. Sie wischte mit Geisterfingern und bizarren, huschenden Schatten durch die Kombüse.

      „Los“, flüsterte Hasard. „Ich will wissen, was das ist. Wenn du kein Feigling bist, gehst du mit.“

      „Ich hab keine Angst“, sagte Philip trotzig.

      Sie rappelten sich auf und mußten sich wieder festhalten. Beinah wären sie erneut zu Boden gegangen, aber dann war da plötzlich der breite Herd, an dem sie sich vorzüglich festklammern konnten.

      Sie rafften ihren ganzen Mut zusammen, tasteten sich am Herd entlang und hatten den unheimlichen Kessel fast erreicht, als der Flattergeist schnatternd und fluchend Reißaus nahm und sich in irgendeine Ecke des Raums verzog.

      Gut so, dachte Hasard, wir haben ihm einen Schreck eingejagt.

      Hau ab, du blöder Geist, dachte Philip.

      Jetzt hatten sie nur noch das Monstrum im Kessel aufzuscheuchen. Sie schlichen sich an das Ding heran, krochen fast auf den Herd, um ja nicht den Halt zu verlieren, und waren ganz auf ihre selbstgesetzte Aufgabe konzentriert.

      Die Wesenheit im Kessel schien sie noch nicht bemerkt zu haben. Wenn der Knall, den die Tür verursacht hatte, dieses Etwas nicht aus der Fassung gebracht hatte, so schien das Auftauchen zweier Siebenjähriger es erst recht nicht zu beeindrucken.

      Hasard wollte Philip unbedingt beweisen, daß er der Mutigere war – er beugte sich so weit wie möglich vor und blickte über den Kesselrand.

      Etwas Schwarzes richtete sich in einer süß und säuerlich riechenden Substanz auf. Wulstige Lippen schoben sich aus einer furchtbaren Visage hervor, ein Schnaufen war zu vernehmen, zwei riesengroße Augen hefteten ihren Blick auf Hasards Gesicht.

      Allah steh mir bei, dachte Hasard.

      Jetzt steigt es aus dem Kessel und springt uns an, sagte sich Philip.

      Die Augen des Ungeheuers schienen sich zu weiten, ihr Blick wurde zunächst fragend, dann ängstlich. Dies alles geschah in Sekundenschnelle. Dann öffnete das Monstrum seinen Rachen und entließ ein Aufheulen in den Raum, bei dem Hasard und Philip wieder zusammenfuhren.

      Aber Hasard hatte begriffen, mit wem sie es zu tun hatten.

      „Der Affe!“ rief er. „Der Affe und der Papagei!“

      Arwenack, der Schimpanse, hatte nie damit gerechnet, beim Naschen ertappt zu werden. Als die See kabbelig geworden war, hatten er und Sir John sich ins Vordeck gestohlen. Als der Kutscher von Carberry auf die Kuhl geholt worden war, hatte Arwenack sich bis zur Tür der Kombüse geschlichen und sein Glück versucht.

      Es hatte geklappt – mit seinen geschickten Affenfingern hatte er die Tür geöffnet. Sir John, der zweite „faule Kandidat“, hatte daraufhin spontan beschlossen, sich mit dem Schimpansen gut zu stellen. Erstens gab es in der Kombüse auch für einen Papagei so allerhand zu futtern, und zweitens: Bei Sturm herrschte zwischen den beiden so unterschiedlichen Tieren Burgfrieden. Je heftiger das Wetter, desto größer der Zusammenhalt und die Solidarität.

      Sie hatten sich an der süß-sauren Soße, die der Kutscher im Kessel zubereitet hatte, an Brot, Früchten und Mais gütlich getan. Dann hatte die Tür geknallt, doch sie hatten die beiden Gestalten, die da in den Raum gepurzelt waren, nicht gesehen.

      Und jetzt dies! Arwenack wäre vor Scham am liebsten im Kielschwein der „Isabella“ versunken. Er kreischte und jammerte und konnte aus dem Kessel nicht mehr heraus. Sir John verschaffte seinem Unbehagen Luft, indem er Carberrys schönste Flüche zunächst auf englisch, dann auf spanisch herauskrächzte.

      Philip und Hasard konnten nicht anders – sie mußten lachen.

      Die Manntaue waren gespannt, die Luken und Niedergänge verschalkt. Der Sturm hieb mit orgelndem Wind, Brechern und Sturzregen auf die „Isabella VIII.“ ein. Das Oberdeck, besonders die Kuhl, schien sich in einen rauschenden Fluß verwandelt zu haben. Fluchend hangelten die Männer in den Tauen voran. Immer wieder drohten sie auszugleiten und hinzufallen. Die Gefahr, außenbords gespült zu werden, war trotz aller Sicherungen allgegenwärtig.

      Längst hatte der Seewolf Sturmsegel setzen lassen, nur den Besan und die Fock, aber auch die schienen noch zu viel zu sein für dieses mörderische Wetter, das sie so überraschend gepackt hatte.

      Unaufhörlich waren die Männer in Bewegung. Ein Fall mußte klariert werden, eine Schot hatte sich gelöst. Bill, der Moses, war aus dem Hauptmars abgeentert, er stand mit Pete Ballie im Ruderhaus und hielt das Ruderrad, das sich selbständig bewegen wollte.

      Hasard, Ben und Ferris waren auf die Back geklommen, weil der rothaarige Schiffszimmermann um den Fockmast bangte.

      „Ich sage euch, der hat einen Knacks weg!“ rief Ferris.

      „Unsinn“, erwiderte Hasard. „Sieh ihn dir doch genau an – der steht noch wie eine Eins!“

      „Aber vorhin hat irgendwas höllisch geknackt!“

      „Das war der Bugspriet!“ schrie Ben Brighton, der sich über die vordere Schmuckbalustrade gebeugt hatte. „Er schwankt, aber ich würde es nicht riskieren, ihn zusätzlich abzustützen.“ Er sagte noch mehr, aber der Rest seiner Worte ging in dem ohrenbetäubenden Dröhnen unter, mit dem ein neuer Brecher die Bordwand traf. Wasser und Gischt stiegen auf und schienen wie eine Wand neben den Männern hochzuwachsen. Die Crew stieß Warnlaute aus – Hasard, Ferris und Ben duckten sich und hielten sich fest, wo sie konnten.

      Mit Rauschen und Zischen ging der Brecher über die „Isabella“ hinweg. Ferris hob den Kopf, blickte voraus und stellte fest, daß der Bugspriet immer noch da war. Er grinste.

      Carberry war von dem Brecher umgerissen worden und ein Stück über Deck gesegelt. Er hatte sich aber mit verbissener Miene und hundert gedachten Verwünschungen an den Manntauen festgeklammert und so sein vorzeitiges Abdanken verhindert. Prustend erhob er sich unweit des Kombüsenniederganges.

      Old O’Flynn hielt sich an der Nagelbank des achteren Kuhlbereichs fest, spuckte wütend aus und sagte: „Also, wenn wir den verdammten Kahn in Tanger nicht aufgeslippt hätten, wenn wir also diese Verzögerung nicht gehabt hätten, wäre uns das nicht passiert.“

      „So“, erwiderte Matt Davies. „Dann hätten wir jetzt aber auch nicht Hasards Söhne an Bord.“

      „Deine Enkel, Donegal!“ rief Blakky.

      „Ja, meine Enkel“, murmelte der Alte im Sturmtosen.

      „Und spätestens in der Biskaya hätten wir ja doch einen Orkan auf die Jacke gekriegt“, ertönte nun wieder Matt Davies’ Stimme. „Du brauchst also nicht zu giften, Donegal. Ein Schlabbertörn bis nach Hause — davon träumen wir doch nur.“

      „Ihr wißt immer alles besser“, sagte der Alte. „Der Teufel soll euch holen.“ In einem Anflug von Rührseligkeit fügte er hinzu: „Euch alle, außer Philip, Hasard, Arwenack und Sir John natürlich. Wer weiß, wo die armen Würmer sich verkrochen haben.“

      Wenn er in diesem Augenblick schon gewußt hätte, was die „armen Würmer“ angestellt hatten, hätte er wahrscheinlich anders gesprochen. Aber es gab da eben ein Sprichwort, das besagte: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!

      Carberry vernahm seltsame Laute aus Richtung der Kombüse – Keifen, Kreischen, Zetern, Poltern, Kichern und Lachen. Er blickte wild um sich, entdeckte nicht weit von sich den Kutscher und brüllte: „Kutscher – he, du lausiger Kombüsenhengst, was geht da in deinem Saustall vor sich? Komm her und hör dir das an, du Himmelhund von einem Kochtopfschwenker und Knochenflicker.“

      Der Kutscher schien von Carberrys Freundlichkeit überwältigt zu sein, er setzte sich