Seewölfe - Piraten der Weltmeere 232. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 232
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395682



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erkundigte er sich.

      „Drei Tage Arbeit“, erwiderte Ben Brighton. „Nicht mehr. Richtig, Ferris?“

      „Goldrichtig.“

      „Danke“, sagte der Seewolf. „Das genügt mir vorerst. Ich hatte schon befürchtet, das Instandsetzen des Schiffes würde eine Woche oder noch länger dauern.“

      Ferris lächelte wieder. „Ach wo! Die Hunde haben uns zwar ganz schön zusammengeschossen, aber wir sind ja Gott sei Dank nicht alle flügellahm. Wir können kräftig zupacken, oder? Das Schlimmste sind die Lecks. Habe ich die erst mal dicht, ist der Rest fast ein Kinderspiel.“ Er wies auf die kaputten Masten und das ramponierte Schanzkleid.

      Der Bugspriet mußte erneuert werden, der Besan ebenfalls. Auch den Fockmast, den es im Gefecht bis zur Hälfte weggefegt hatte, galt es durch einen neuen zu ersetzen. Ferris mußte die fehlenden Rahen erneuern und das laufende und stehende Gut richten. Segel mußten teils geflickt, teils neu gesetzt werden, eine Aufgabe, die in erster Linie Will Thorne, dem Segelmacher, zufiel. Fast das gesamte Schanzkleid mußte renoviert werden, und auch ein neues Ruderhaus war erforderlich, denn das alte war im Gefecht zerstört worden. Nahm man die zahlreichen Beschädigungen auf dem Achterdeck, der Kuhl und der Back hinzu, so bedurfte es wirklich schon eines sehr sonnigen Gemüts, von einem „Kinderspiel“ zu sprechen.

      Aber Hasard kannte die Fähigkeiten seines Zimmermanns, er wußte, daß er auch auf Ben Brighton, Big Old Shane, Will Thorne und die anderen trotz aller durchstandenen Strapazen wie gewohnt zählen konnte. Der Gedanke daran verlieh ihm innerlichen Auftrieb.

      „Gut“, sagte er. „Ich will jetzt nach unseren Verletzten sehen.“

      Ben sagte: „Ich glaube, Smoky hat es am schwersten erwischt.“

      Der Seewolf wandte sich ab, ging zum Vordecksschott und tauchte im Halbdunkel des Vorschiffs unter. Als er das Logis erreichte, konnte er das Stöhnen seines Decksältesten Smoky deutlich vernehmen.

      Arkanas Kriegerinnen schauten auf, als sie die Gestalt des Seewolfs im Eingang des Logis wahrnahmen. Der Kutscher, der sich auf dem Rand von Smokys Koje niedergelassen hatte, schien die Anwesenheit seines Kapitäns indes nicht zu bemerken.

      Leise, fast lautlos trat Hasard hinter den Rücken seines Kochs und Feldschers. Er blickte ihm über die rechte Schulter und konnte im Schein einer Öllampe, die der Kutscher angezündet und an einen Nagel des Deckenbalkens gehängt hatte, nun auch Smokys wachsbleiches Gesicht erkennen.

      Smoky hatte die Augen geöffnet, aber er schien nicht viel von dem zu sehen, was um ihn herum vorging.

      „Hölle“, sagte er. „Bist du das, Kutscher?“

      „Ja.“

      „Was in aller Welt hast du Himmelhund hier – o Mann, was rumort da bloß in meinem verdammten Schädel? Satan, das geht ja auf keine Walhaut!“

      „Du solltest nicht soviel sprechen“, sagte der Kutscher. „Davon wird’s nämlich bestimmt nicht besser.“

      „Sag bloß, du bist hier, um das letzte Gebet mit mir zu leiern. Verflucht, das kannst du dir sparen.“ Smoky verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

      Der Kutscher schüttelte den Kopf. „Unsinn. Ich dachte mir nur, es ist besser, wenn ich mir dein Prachtexemplar von einem Kopf noch mal ganz genau ansehe.“

      „Und? Was ist los? Hat mir jemand mit der Axt reingehauen?“

      „Das weißt du nicht mehr?“

      „Keine Spur. Was ist passiert?“

      Der Kutscher erklärte es ihm und fügte hinzu: „Bei alledem hast du aber noch Glück gehabt, denn du hast keine richtige Fraktur erlitten. Höchstens einen kleinen Knacks – und natürlich eine ordentliche Gehirnerschütterung.“

      „Na, so ein Glück aber auch“, brummte Smoky. „Was soll ich tun? Vielleicht singen? Himmel, ich bin ganz verrückt vor lauter Freude.“

      „Vielleicht ist er wirklich durchgedreht“, sagte Stenmark aus einer dunklen Ecke des Logis heraus. „Hört euch doch an, was für Sprüche er von sich gibt.“

      „Kutscher, sag dem alten Schweden, er soll sein Maul halten“, knurrte der Decksälteste. „Ich hab keinen Talg in den Ohren, und wenn mich hier jemand beleidigt, dann kriegt er’s mit meiner harten Faust zu tun.“

      Der Kutscher schien aufzuatmen. „Wenn du schon Stenmark an seiner Stimme wiedererkannt hast, weißt du wohl auch, wo du dich befindest.“

      „Aber sicher. An Bord der ‚Isabella‘. Ho, wieso sind wir eigentlich noch nicht abgesoffen?“

      „Wir sind sozusagen mit einem blauen Auge davongekommen. Gut, sehr gut, Smoky, alter Junge.“

      „Gut? Was soll daran gut sein? Spinnst du, Kutscher? Dich alten Knochenflicker scheint es ja schlimmer erwischt zu haben als mich.“

      „Nein, nein“, sagte der Kutscher hastig. „Ich dachte bloß schon, bei dir wäre ein Fall von temporärem Gedächtnisschwund eingetreten.“

      „Schon wieder?“ Smoky stieß einen tiefen Laut aus, der einem abfälligen Grunzen ähnlich war. „Das fehlte noch. Das hab ich doch schon mal gehabt.“

      „Auch daran kannst du dich erinnern?“

      „Klar doch. Mensch, Kutscher, träumst du?“

      Hasard schob den Kutscher sanft beiseite und beugte sich über die Koje. „Smoky, jetzt ist aber Schluß. Halt den Mund, versuche, so ruhig wie möglich zu liegen, und sieh zu, daß du schläfst. Das ist die beste Medizin für dich. Der Kutscher wird dir ein schmerzstillendes Mittel einflößen, aber wenn du nicht still bist, wirkt es nicht.“

      „Ich habe ihm vorhin schon etwas zu trinken gegeben“, sagte der Kutscher. „Es braucht nur seine Zeit, bis die starken Kopfschmerzen etwas nachlassen.“

      „Also doch“, flüsterte Bob Grey im Hintergrund. „He, Stenmark, Smoky hat das Teufelszeug gesoffen, ohne es zu merken. Ganz richtig im Schapp scheint er also doch nicht mehr zu sein.“

      „Kutscher“, sagte Smoky. „Wer zum Henker hat dir die Erlaubnis gegeben, mir eins von deinen stinkenden Giften zu verabreichen? Mir wird ganz elend, wenn ich dran denke.“

      „Ich habe das veranlaßt“, sagte der Seewolf. „Und jetzt mach das Schott dicht, alter Freund, oder ich lasse es dir zudübeln und verschalken.“

      „Sir, ist das ein Befehl?“

      „Ja.“

      Smoky schwieg und beobachtete nur noch aus den Augenwinkeln, wie Hasard und der Kutscher sich entfernten und zu den Kojen von Bob Grey, Stenmark und Pete Ballie hinübergingen.

      Bob Grey hatte eine Wunde am linken Unterschenkel. Stenmark hatte einen Eisensplitter in den rechten Oberschenkel erhalten, als die Backbordculverine in die Luft und den Männern, die sich in der Nähe befunden hatten, buchstäblich um die Ohren geflogen war.

      Pete Ballie war ebenfalls ziemlich schwer verletzt worden, denn während des Gefechts war ihm das Ruderhaus über dem Kopf zusammengestürzt.

      Um die übrigen Mitglieder der Crew, die Blessuren davongetragen hatten, war es nicht so schlimm bestellt. Hasard sprach mit ihnen allen und mußte Luke Morgan, der um jeden Preis schon jetzt an Deck zurückkehren wollte, regelrecht zusammenstauchen, um ihn in seiner Koje zu halten.

      Schließlich verließ er das Logis, trat durchs Vordecksschott auf die Planken der Kuhl, die durch die Sonnenstrahlen erwärmt wurden, und wartete auf den Kutscher.

      Lange ließ der Kutscher nicht auf sich warten. Er blieb dicht vor seinem Kapitän stehen und sah ihn an.

      „Weiß schon, was du mich fragen willst, Sir“, sagte er. „Aber ich kann dich beruhigen. Für keinen der Männer besteht akute Gefahr. Smoky hat tatsächlich keinen Schädelbruch erlitten. Bobs Wunde sah anfangs schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit ist. Übler hat es Stenmark