Seewölfe - Piraten der Weltmeere 139. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 139
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394630



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wenn er es fertigbrachte, die acht Kammern wieder vollzustopfen.

      Nur noch wenige geladene Feuerwaffen standen den neun Seewölfen zur Verfügung. Old O’Flynns Tromblon gehörte dazu. Der Alte fragte sich aber ernsthaft, ob es ihnen gelingen würde, allein mit der Blunderbüchse, mit Stenmarks Muskete und Matts und Lukes Pistolen die Attacke der Strandräuber abzuwehren.

      „Arwenack!“ rief Old Donegal. „Laßt sie heran, wartet auf mein Zeichen. Im richtigen Augenblick pusten wir sie von den Gäulen, verdammt noch mal.“

      „Arwenack!“ riefen die Männer.

      Sie lagen rund zwanzig Yards vom Tor der Feste entfernt und konnten weder vor noch zurück. El Bayad und das halbe Dutzend Banditen, das sich mit dem Anführer auf die Rükken der Pferde geschwungen hatte, waren fast heran.

      Undenkbar war es für Old O’Flynn und seine Gruppe, jetzt bis zur Burg vorzustürmen – an dem Pulk konnten sie nicht vorbei. Genauso abwegig wäre es gewesen, Schutz im Steineichenwald zu suchen. Er lag zu weit entfernt.

      Mit anderen Worten, die neun Seewölfe konnten weder vor noch zurück.

      „Da ist ja Hasard!“ schrie Bob Grey plötzlich. „Er hat sich ein Pferd genommen und kommt uns zu Hilfe!“

      „Dan folgt ihm!“ brüllte Stenmark, der die Sprache wiedergefunden hatte.

      „Sohn“, stieß der alte Donegal mit grimmigem Stolz hervor. „Dies ist ein großer Augenblick für die O’Flynns.“

      „Ar-we-nack!“ brüllten die Seewölfe – und dann waren El Bayad und seine Kerle heran.

      Smoky hatte den Ladevorgang mit fliegenden Fingern abgeschlossen. Er hatte seine ganze Beherrschung aufbieten müssen, um jetzt nicht die Nerven zu verlieren. Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte er, wie Old O’Flynn das Zeichen gab – und er schoß auf die Feinde.

      Der alte O’Flynn wich El Bayads Musketenschuß aus, indem er sich nach links überrollte. Kaum hatte er wieder die Bauchlage eingenommen, schwenkte er das Tromblon hoch und krümmte den Finger um den Abzug.

      Die Ladung spie aus der trichterförmig erweiterten Mündung hervor und erreichte zwei von El Bayads Kumpanen. El Bayad selbst war schon vorbei. Old O’Flynn blieb keine Zeit, sich zu dem Kerl umzudrehen und ihn aufs Korn zu nehmen.

      Das Tromblon war eine Waffe, mit der man auf kurze Distanz ganze Schiffsdecks leerfegen konnte. Die Wirkung der Ladung aus gehacktem Blei und Eisen war verheerend.

      Auch Stenmark, Matt und Luke feuerten nun – die Seewölfe empfingen ihre Gegner mit einer gebührenden Salve.

      Die meisten Kerle rutschten von den Sätteln, während ihre Pferde weiterliefen. Smoky schoß immer noch, als Donegal, der Schwede, Matt und Luke ihre leeren Waffen fortwarfen und zu den Säbeln griffen.

      Smoky betätigte den Abzug des Stutzens, drehte die Trommel mit der Hand, feuerte wieder, bewegte die Trommel. Es gab keinen Mechanismus, mit dessen Hilfe der Zylinder selbsttätig weiterglitt, aber Al Conroy, der erwiesenermaßen der größte Waffenexperte an Bord der „Isabella“ war, hatte einmal gesagt, daß man eine solche Vorrichtung vielleicht eines Tages erfinden würde.

      Smoky vollführte eine ruckartige Bewegung nach rechts und wollte auf den letzten Mann im Pulk der Banditen anlegen, da waren Hasard und Dan heran.

      Der Seewolf lenkte seinen Braunen so an der Stätte des Kampfes entlang, daß er nicht in Smokys Schußrichtung geriet. Dan jedoch richtete sich im Sattel auf und warf sich im Vorbeireiten auf den hintersten Banditen.

      Er riß ihn aus dem Sattel. Sie fielen beide zu Boden und balgten sich eine Weile miteinander. Dan bereitete der Keilerei schließlich durch einen gezielten Faustschlag gegen die Schläfe des Kerls ein Ende.

      Hasard hatte El Bayad keine Sekunde aus den Augen gelassen, seit er ihn entdeckt hatte. Er jagte auf ihn zu und hatte ihn fast erreicht. Für einen Moment war er versucht, mit der doppelläufigen Reiterpistole auf den Bandenführer zu feuern.

      Doch dann überlegte er es sich anders.

      El Bayad hatte seinen Säbel gezückt, um damit auf die Seewölfe einzuhauen. Hasards Männer zogen sich jedoch geschickt aus der Reichweite der Klinge zurück. Jeder von ihnen hätte liebend gern das Duell mit dem Schwarzbärtigen angenommen, aber es stand Hasard zu, die entscheidende Auseinandersetzung mit dem Berber zu führen.

      Auch Smoky, der El Bayad mit einem Schuß aus dem Sattel hätte holen können, hielt inne und ließ den Stutzen sinken.

      El Bayads Falbe tänzelte auf den grobknochigen Braunen des Seewolfs zu. Hasard steckte sich in diesem Augenblick die Doppelläufige in den Gurt. Er vertauschte sie mit dem Degen, den er mit einer raschen Bewegung aus der Scheide zog.

      „Und jetzt zu uns, El Bayad!“ rief er auf spanisch. „Du sollst es bereuen, meine fünf Männer geschlagen und entführt zu haben.“

      El Bayads braune Augen richteten sich auf das Gesicht des Seewolfes. „El Lobo del Mar – bist du das?“

      „Ja.“

      „Dann stirb!“

      Unversehens ging der Berber zur Attacke über. Er hämmerte dem Falben die Hacken in die Flanken und drängte das Tier auf den Seewolf zu. Der Säbel surrte durch die Luft, als wolle er bizarre Muster hineinschneiden.

      Hasard verhielt sich völlig ruhig, und das schien El Bayad irgendwie zu irritieren. Schon als der Bandenführer bei seinem Gegner angelangt war, mangelte es seinem Ansturm an Vehemenz. Der Schrei, den er kehlig ausstieß, das Verzerrte in seinem Gesicht – all dies wirkte aufgesetzt und keineswegs überzeugend. El Bayads Haß reichte nicht aus, um Hasard aus der Fassung zu bringen.

      Hasard wehrte den Säbel mit einer einfachen Parade ab. Noch zweimal benutzte er seine Waffe, um die Klinge des Berbers zu blockieren, dann fintierte er, stieß nach und schickte El Bayad in die Reserve.

      Logisch war, daß die Säbelklinge stärker war und Hasards Degen früher oder später zerbrechen mußte. Folglich trieb der Seewolf den Kampf voran und gab die Initiative nicht mehr aus der Hand. Wenn El Bayard auch nur zum Luftholen kam, konnte die Situation für Hasard äußerst kritisch werden.

      Klirrend kreuzten sich die Klingen, bis Hasard El Bayads rechte Hand verletzte und ihm durch eine blitzartige, kreisende Degenbewegung den Säbel aus den Fingern holte.

      Betroffen blickte El Bayad auf seine leere, blutende Rechte.

      Der Säbel war im Staub des Hanges gelandet – für den Berber befand er sich in unerreichbarer Ferne.

      2.

      „Es ist aus, El Bayad“, sagte der Seewolf. „Steig von deinem Pferd und geh zu deinen Kumpanen, die wir gefangengenommen haben. Die meisten von ihnen sind verletzt, aber wir werden sie verarzten …“

      Weiter gelangte er nicht.

      El Bayad hatte unter den sandfarbenen Burnus gegriffen und das gebogene Messer zutage gefördert, mit dem er schon Ferris Tucker hatte zusetzen wollen.

      Ehe Hasard es verhindern konnte, huschte das Messer durch die Luft – auf seine Brust zu. Gedankenschnell ließ er sich vornübersinken, so tief, daß sein Gesicht die Mähne des Braunen berührte. Im selben Augenblick stieß der Bandenführer einen heiseren Schrei aus, ließ sein Pferd unter der Hand herumfahren und trieb es aus dem Stand heraus in einen wilden Galopp.

      Das Messer berührte Hasards Rükken, aber glücklicherweise nicht mit der scharfen Kante, sondern mit der flachen Seite der Klinge. Dennoch riß es eine tiefe Spur in Hasards Hemd und Wams, und der Seewolf spürte ein feines Brennen auf seiner Rückenhaut.

      Smoky wollte auf den davonpreschenden El Bayad feuern. Aber Hasard richtete sich wieder im Sattel auf und rief: „Nicht, Smoky! Den Kerl greife ich mir!“

      Auf Hasards Schenkeldruck hin galoppierte auch der Braune los.

      Dan