Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 137 |
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Автор произведения | Fred McMason |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954394616 |
„Heiliger Bimbam“, wiederholte Hasard erschüttert, als die Tür ins Schloß fiel.
Big Old Shane grinste vielsagend.
„Was willst du?“ fragte er gelassen. „Das sind eben keine braven Sonntagsschüler, das sind zukünftige Seewölfe.“
Womit er zweifellos den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
2.
Der portugiesische Hafenkommandant von Tanger, ein dicklicher Mensch namens Don Pedro Estrade, saß in seinem Amtszimmer und betrachtete stirnrunzelnd die Versammlung, die sich vor ihm aufgebaut hatte.
Ein hagerer, ziegenbärtiger Mann mit einem Habichtsgesicht, der einen schwarzen, mit geheimnisvollen Symbolen bestickten Umhang um die Schultern trug.
Ein schlanker, drahtiger Bursche, der seinen Gürtel mit einem Dutzend Messern geschmückt hatte. Zwei hünenhafte Muskelmänner, der eine völlig kahl, der andere mit einem schwarzen Zopf in der Kopfmitte. Und ein verwachsener Gnom, ein Zwerg mit dürren Beinen, zu lang geratenen Armen und einem zerknitterten Kretin-Gesicht, der aussah, als wolle er jeden Augenblick anfangen zu greinen.
Der Ziegenbärtige war der Wortführer.
„Salem aleikum“, grüßte er formvollendet. „Mögen die Mächte des Geschicks dir Söhne bescheren und die glücklichen Tage deines Lebens so zahlreich sein wie die Kiesel im Bache! Mein unwürdiger Name ist Kaliban. Mit meiner bescheidenen Kunst bemühe ich mich, die Bürger dieser Stadt zu erfreuen. Wenn ich die Kühnheit habe, deine ehrwürdigen Augen mit meinem bedeutungslosen Anblick zu belästigen, so hat das einen Grund …“
„Das will ich auch hoffen“, knurrte der Hafenkommandant, dem die blumenreichen arabischen Höflichkeitsfloskeln auf die Nerven fielen.
Kaliban, der Zauberer, schnappte nach Luft.
Das war ja wohl die Höhe, drückten seine Augen aus. Dieser hochnäsige Kerl hätte ihm mindestens wünschen müssen, daß Allahs Segen auf seinen nichtswürdigen Künsten ruhen möge. Mindestens! Und er hätte dem dringenden Wunsch Ausdruck geben müssen, die Namen der sehr ehrenwerten übrigen Anwesenden zu erfahren. Selbst von einem ungehobelten portugiesischen Dickwanst konnte man schließlich verlangen, daß er die primitivsten Regeln der Höflichkeit beachtete.
„Ich sehe mit tiefstem Bedauern, daß ihr nicht geruht, eurem geringen, jedoch ergebenen Diener das Wohlwollen eurer erhabenen und edlen Person zu schenken“, sagte der Zauberer mit Würde. „So sehe ich mich leider zu der fluchwürdigen Vermessenheit gezwungen, euch an eure Pflichten zu gemahnen. Ich bin beraubt worden! Der Freude meines Herzens und des Trostes meines Alters beraubt, edler Herr! Eines Schatzes beraubt, der …“
So wäre es wohl noch eine Weile weitergegangen, wenn der Hafenkommandant den beraubten Zauberer nicht mit der profanen Frage unterbrochen hätte, wieviel Geld ihm wo und von wem geklaut worden sei.
Worauf der Zauberer einen Schrei der Empörung ausstieß und die ganze Versammlung begann, einen nicht näher definierten Verlust zu beklagen, der sie aber auf jeden Fall alle an Leib und Seele gebrochen hatte.
Als der Kommandant endlich begriff, daß es sich um zwei verschwundene Jungen handelte, faßte er sich an den Kopf.
Als er dann noch erfuhr, daß kein Mensch etwas über den Verbleib der kostbaren Knaben wußte und daß sie genausogut ausgerückt sein konnten, schwoll eine Zornesader auf seiner Stirn. Und das Ansinnen, in Tanger nach den Verschwundenen Araberlümmeln suchen zu lassen, brachte ihn vollends um die Fassung.
„Raus!“ brüllte er. „Alle ’raus! Und laßt euch hier nie wieder sehen, oder ich werde euch Beine …“
Kaliban verneigte sich mit ungebrochener Würde.
„Wir weichen“, verkündete er. „Möge dir Allah in seiner Güte die Beleidigung verzeihen, die du deinen ergebensten Dienern angetan hast. Laßt uns gehen, Freunde!“
Die Abordnung zog sich zurück.
Der Hafenkommandant schüttelte fassungslos den Kopf. Diese Araber würde er nie verstehen. Die brachten es fertig, ihren Mitmenschen Pestilenz und Krätze an den Hals zu wünschen und selbst dafür noch ungeheuer höfliche, liebenswürdige Worte finden.
Noch einmal schüttelte Don Pedro Estrade den Kopf. Und ein paar Minuten später hatte er die Gaukler und die beiden verschwundenen Jungen schon wieder vergessen.
Mitten in der Nacht hinkte der alte Donegal Daniel O’Flynn durch das Achterschiff, um mal ein bißchen an der Tür seiner ungebärdigen Enkel zu horchen.
Man war schließlich der Großvater. Da durfte man sich ja wohl dafür interessieren, ob die Nachkommenschaft den gesunden Schlaf der O’Flynns geerbt hatte.
Überhaupt, was bildeten sich diese jungen Hüpfer von der Crew eigentlich ein, wie sich zwei halbe O’Flynns benehmen sollten, wenn sie geschanghait wurden? Noch dazu, wenn sie zur anderen Hälfte waschechte Seewölfe waren! Nein, die beiden Satansbengel waren schon richtig. Nur über die Stränge schlagen lassen durfte man sie nicht. Ab und zu anständig das Fell vergerbt, das hatte noch niemandem geschadet. Das fand wenigstens der alte O’Flynn, der bei seinen sieben Söhnen zu diesem Behuf immer sein Holzbein abgeschnallt hatte.
Täuschte er sich, oder hüpften die beiden Kerlchen tatsächlich noch in der Kammer herum?
Old O’Flynn wollte ein Ohr an die Tür legen – und knallte mit dem Kopf gegen das Holz, weil ihn eine Stimme in seinem Rücken erschreckte.
„He, Dad! Willst du etwa mitten in der Nacht den guten Großvater spielen?“
Dan O’Flynn grinste breit. Der Alte stampfte wütend mit seiner linken Krücke auf.
„Scher dich weg, du Milchbart! Womit habe ich bloß so einen mißratenen Sohn verdient! Man wird ja wohl noch mal nachhören können, ob die da drinnen nun endlich schlafen, oder?“
„Die schlafen nicht“, behauptete Dan. „Die schmieden garantiert finstere Pläne.“
„Nicht, wenn sie nach ihrem Großvater schlagen! Ich habe mich in meiner Jugend anständig benommen! Ich hatte noch Respekt vor meinem Alten, diesem schwärzesten Rabenaas, das je über die Meere …“
Dan kicherte erheitert. Der Alte verschluckte sich fast. Dann fiel ihm ein, daß sich Donegal Daniel junior ja vielleicht noch an seinen Großvater erinnerte, gegen den alle anderen O’Flynns Chorknaben gewesen waren, und er beschränkte sich auf ein verächtliches Schnauben.
Im nächsten Augenblick zuckte er zusammen.
Aus der Kammer drang ein Stöhnen. Ein wahrhaft jammervolles Ächzen, das sich bedrohlich steigerte – als winde sich jemand in den vorletzten Zukkungen. Auch Dan sah erschrocken aus. Rasch trat er an die Tür, legte das Ohr an das Holz – und wie auf ein Stichwort wurde das Stöhnen noch schauerlicher.
„Die werden doch nicht krank sein?“ fragte der alte O’Flynn unsicher.
„Einer von ihnen bestimmt“, murmelte Dan. „Himmel, das klingt ja furchtbar! Los, laß uns rasch mal nachsehen!“
Der Schlüssel steckte von außen.
Dan O’Flynn drehte ihn und öffnete vorsichtig die Tür. Halb und halb erwartete er, einen Kopf in den Bauch oder einen Fuß ans Schienbein zu kriegen, aber dem war nicht so. Das Bild, das sich ihm bot, ließ ihn erschreckt die Luft durch die Zähne ziehen.
Einer der Jungen lag in der Koje und stöhnte.
Es war Philip, wie Dan an der weißen Segeltuchhose erkannte. Er schien sich vor Schmerzen zu winden, seine blauen Augen rollten. Der kleine Hasard beugte sich über ihn, lockerte ihm den Kragen, murmelte beschwörend auf Türkisch – und fuhr herum, als er das Geräusch der Tür hörte.
Jetzt wirkte er gar nicht mehr wie eine gereizte Wildkatze.
Sichtlich