Seewölfe - Piraten der Weltmeere 309. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 309
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397068



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hatte seinen Kontrollgang über die Kuhl wieder aufgenommen und trat in diesem Moment hinter den Beibooten hervor.

      Er stemmte die Fäuste in die Seiten und brüllte: „He, Mac Pellew, du Zwiebelfisch, was ist denn mit dir los? Hältst du Volksreden, was? Hast du nicht genug zu tun, wie? Du brauchst dich nur zu melden, dann verschaffe ich dir jede Menge Arbeit!“

      „Ich habe noch fünf Kübel Rüben zu putzen“, sagte Mac Pellew zutiefst beleidigt. „Das reicht bis zum Nachmittag. Danach muß die Kombüse geschrubbt werden.“

      „Leg die Kiemen an, du Barsch“, sagte Carberry. „Und sei froh, daß ich heute meinen guten Tag habe.“ Sein Blick wanderte weiter und verharrte auf den Zwillingen, doch der Kutscher handelte geistesgegenwärtig.

      „Philip und Hasard, der Krankenraum muß noch aufgeklart werden“, sagte er. „Rückt sofort an, wir haben keine Zeit zu verlieren.“

      „Aye, aye“, sagten die Zwillinge wie aus einem Mund, und schon waren sie hinter dem Schott des Krankenraumes verschwunden.

      Der Kutscher zog sich ebenfalls zurück, und Mac Pellew schabte weiterhin mit dem Messer verbissen an seinen Rüben herum.

      „So ist’s schon besser“, sagte Carberry und setzte seine Runde fort. „Wer groß herumquatscht, der kriegt Pütz und Gebetbuch in die Hand gedrückt und darf die Planken scheuern, von vorn bis achtern und von Backbord nach Steuerbord. Glaubt bloß nicht, daß ich hier Schlendrian und Müßiggang einreißen lasse, ihr Seegurken.“ Als er aber Mac Pellew seinen breiten Rücken zuwandte und auf der anderen Schiffsseite nach achtern zurückschritt, grinste er breit. Blacky, Gary Andrews und Batuti, die an der Nagelbank des Großmastes standen, sahen es ganz deutlich und stießen sich untereinander an.

      Hasard hatte unterdessen das Quarterdeck verlassen und stieg tiefer ins Achterschiff hinunter. Im Mittelgang bewegte er sich ein Stück nach vorn und erreichte das offene Schott des Vorratsraumes. Eine Gestalt fuhr im Halbdunkel zu ihm herum und fragte: „Halt, wer da?“

      „Ich bin’s, Ben“, antwortete Hasard. „Sag bloß, ich habe dir einen Schreck eingejagt.“

      Ben Brighton, sein Erster Offizier und Bootsmann, atmete auf, dann lachte er. „Ehrlich gestanden – ja. Ich habe schon fast gedacht, wir hätten einen der Finnen übersehen, als wir die Bande von Bord gejagt haben. Es hätte doch sein können, daß sich einer von ihnen hier unten versteckt, oder?“

      „Nicht ganz“, entgegnete der Seewolf. „Ich habe nämlich mitgezählt, als sie einer nach dem anderen verschwanden. Zwanzig Mann waren sie, und zwanzig haben wir auch zum Teufel geschickt. Was ist mit den Fässern, hast du sie alle kontrolliert?“

      „Ja. Die Höllenkerle haben es fertiggebracht, ein ganzes Faß Aquavit und anderthalb Faß spanischen Rotwein auszusaufen. Eine tolle Leistung, nicht wahr?“

      Hasard mußte grinsen. „Ja, aber wir dürfen nicht vergessen, daß auch Carberry und Mac Pellew gezwungenermaßen mitgezecht haben. Ein Teil des edlen Stoffes ist also sozusagen in der Familie geblieben.“

      „Trotzdem ist es ein ziemlicher Verlust.“

      „Schwamm drüber, Ben. Es hätte schlimmer enden können.“

      „Allerdings. Was meinst du, ob wir morgen in Abo sind, wenn der Wind weiterhin so günstig steht?“

      „Bestimmt“, erwiderte Hasard. „Aber Abend wird es bestimmt werden, denn auf meinen Karten sind eine Menge Inseln eingezeichnet, die der finnischen Küste vorgelagert sind. Das bedeutet einen Aufenthalt für uns, wir müssen uns da vorsichtig hindurchlavieren.“

      „Wie wär’s, wenn wir uns vorher ein wenig stärkten?“ fragte Ben.

      Hasard lachte. „Keine schlechte Idee. Zum Abendessen gibt es Rotwein für die Crew – und natürlich auch für uns. Na los, nun zapf den Wein schon selber ab, dazu brauchst du den Kutscher und Mac Pellew doch nicht, oder?“

      „Nein“, sagte Ben. „Aber würdest du bitte einen der Krüge halten, die ich vorsichtshalber gleich mitgebracht habe? Man muß sie bis an den Zapfhahn heben, sonst könnten ein paar kostbare Tropfen verlorengehen.“

      „Da bin ich ganz deiner Meinung“, stimmte Hasard zu. „Was den Rebensaft und den Schnaps betrifft, da können wir gar nicht geizig genug sein.“ Er leistete Ben Hilfestellung, und so wurde aus dem Weinabzapfen eine richtige Zeremonie.

      Den echten dänischen Aquavit hatten die Seewölfe aus Rönne auf Bornholm mitgebracht, wo es außerdem ganz ausgezeichneten Räucherhering gab – und wo Nils Larsen unter anderem mit Gewalt hatte verheiratet werden sollen. Der Wein stammte aus dem fernen Spanien. Im Hafen von Wisby auf Gotland hatten sie ihn dem spanischen Mörderkapitän abgenommen, den sie dort stellten und entlarvten.

      Sie hatten somit noch neun Fässer Aquavit und zehneinhalb Fässer Wein an Bord, ein Vorrat, mit dem sie vorsichtig umgingen und mächtig knauserten. Es war ihr Pech gewesen, daß ausgerechnet Matti Hakulinen und dessen Teufelscrew über die Fässer hergefallen waren. Doch sie hatten sich geschworen, daß ihnen ein ähnliches Mißgeschick nicht mehr widerfahren sollte.

      Die große Überraschung stand ihnen am nächsten Tag, dem 6. März, bevor. Wie geplant erreichten sie am frühen Nachmittag das Inselgewirr zwischen den größeren Inseln des Berghamnsfjärd östlich des Skifte Sunds. Sie waren nur noch etwa fünfunddreißig Seemeilen von Abo entfernt, das im Nordosten lag, doch jetzt ging es los: Die „Isabella“ geriet zwischen eine Unzahl von Inselchen und Schären, und eigentlich hätten die Männer einen Lotsen gebraucht.

      Doch selbst Nils Larsen, der Däne, und Stenmark, der Schwede, mußten hier kapitulieren. Sie kannten sich an der finnischen Küste nicht aus, denn sie waren noch nie hier gewesen.

      „Berghamnsfjärd?“ sagte Nils lediglich nach einem Blick auf die Karte. „Herrgott, das kann ja kein Mensch aussprechen!“

      „Eine Scheißgegend“, fügte Stenmark hinzu. „Wer soll denn da bloß hindurchfinden?“

      „Schickt schon mal ein Stoßgebet zum Himmel“, sagte der alte O’Flynn. „Das scheint mir unter diesen Umständen angebracht zu sein.“

      „Ja“, sagte Ferris Tucker mit einem besorgten Blick auf das, was vor ihnen lag. „Mir stehen auch schon die Haare zu Berge.“

      „Ihr seid ja mal wieder sehr zuversichtlich“, sagte der Seewolf. „Also los, ein Mann auf die Galion, zum Ausloten und Aussingen der Wassertiefe! Wer meldet sich freiwillig?“

      „Ich, Sir!“ rief Bob Grey von der Kuhl zu ihm herauf.

      Hasard war einverstanden. Bob bewaffnete sich mit Senkblei und Lotleine und rückte ab zur Back. Er enterte die Galionsplattform und begann, das Lot abzufieren. Dabei hatte er die gütig lächelnde Isabella, ihre Galionsfigur, ständig vor sich, nur leider zeigte ihm die Lady die kühle Schulter. Dafür konnte er von oben auf ihren Busen linsen.

      Hasard ließ die Bramsegel und die Schiebblinde ins Gei hängen, und mit langsamerer Fahrt ging es zwischen den ersten Inselchen hindurch.

      „Achteinhalb Faaaden!“ sang Bob. Diese Meldung gab noch keinen Anlaß zur Beunruhigung, aber die Männer wußten, daß die Lage sich sehr rasch ändern konnte.

      Immer wieder tauchten neue Eilande und Schären wie ein Spuk vor ihnen auf, ständig mußte der Kurs gewechselt werden. Piet Straaten, der Pete Ballie am Ruder abgelöst hatte, hatte gut zu tun, und auch die Crew war ständig an den Brassen und Schoten und mußte die Segel nachtrimmen.

      Bald waren sie trotz der Kälte schweißgebadet. Hasard ließ die übrigen Segel aufgeien, bis nur noch das Großsegel gesetzt war, denn inzwischen war die Wassertiefe auf sechs Faden geschrumpft.

      „Das geht nicht gut aus“, unkte Old Donegal Daniel O’Flynn. „Ich will die längste Zeit zur See gefahren sein, wenn wir nicht bald irgendwo aufbrummen.“

      „Sei bloß still“, sagte Big Old Shane drohend. „Deine Vorhersagen