Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 257 |
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Автор произведения | Davis J.Harbord |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954395934 |
Mit einem Blick zu den Ufern war festzustellen, ob sich die Peilung veränderte, oder ob sie stand. Veränderte sich die Peilung nicht mehr, dann hatte der Anker gefaßt und schlierte nicht mehr über den Grund.
„Belege!“ brüllte Carberry nach vorn zur Back.
Smoky zeigte klar und ließ die Ankertrosse, die in mehreren Buchten über dem Spill lag, um den Fockmast herum an einem Deckspoller belegen.
Jetzt ankerte die „Isabella“, den Bug nilabwärts gerichtet, über das Heck im Strom. Sie lag mehr auf der Ostseite des Nils, querab von Kuft, genau dort, wo die große Nilschleife nach Westen ansetzt, bevor sie bei Kena ganz hart westwärts abknickt und auf Dendera zuführt.
Der Anker hatte also gefaßt. Das Nilwasser gluckerte gegen das Heck, teilte sich dort und floß an den Bordwänden entlang seinem fernen Ziel zu – dem Meer. Es würde schneller dort sein als die „Isabella“.
Fast die Blicke aller waren auf Hasard gerichtet, fragend, verwundert, aber auch etwas irritiert.
Warum jetzt, am Nachmittag schon, ankern? Bisher hatten sie es so gehalten, erst bei Beginn der Abenddämmerung den Anker zu werfen.
„Und was nun?“ fragte der Profos, und der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Hasard lächelte verhalten und deutete mit dem Kopf zum Ufer an Steuerbord hinüber, wo etwas nördlich von Kuft einige Tempel standen.
„Horustempel“, sagte er, „Stätten der Andacht für die Anhänger des Falkengottes Horus.“
„Was, wie?“ fragte der Profos verwirrt. „Wegen dieses vogeligen Dingsbums haben wir geankert?“ Er stemmte die Pranken in die Hüften. „Das kannst du uns nicht antun, Sir. Tempel stehen uns bis Oberkante Luke, Sir!“ Und der Profos zeigte, wo bei ihm die „Oberkante Luke“ war, nämlich quer über der Stirn.
Die Männer auf der Kuhl und dem Achterdeck nickten. Jawohl, auch ihnen standen die Tempel sonstwo – bis zum Großtopp standen sie ihnen. Und der Horus konnte ihnen mal. Überhaupt, dieses Vogelvieh, von dem gleich zwei Stück links und rechts des Tores zu dem einen Tempel standen, sah mit dem seltsamen Dings auf dem Kopf und der riesigen Hakennase alles andere als anbetungswürdig aus. Dieses falkenköpfige Gebilde sah aus, als wolle es jeden Moment loshacken und Löcher in die Decksplanken der „Isabella“ hämmern.
Ferris Tucker, der Schiffszimmermann, fragte vorsichtig: „Sir, meinst du nicht, daß wir genug Tempel besichtigt haben?“ Er kratzte sich unbehaglich an der Wange. „Zum Teil hatten wir dabei auch eine Menge Ärger – wie zuletzt im Tal der Könige.“
„Eben, eben“, sagte Hasard, „wir hatten eine Menge Ärger. Vielleicht haben wir den Ärger selbst heraufbeschworen. Schließlich sind wir Fremde in einem Land, das uns selbst ebenfalls fremd ist. Dennoch, das sage ich ganz offen vor euch allen, gibt’s da einige Dinge, die mir nicht gefallen.“
„Aha!“ Das war Old O’Flynn, der dieses „Aha“ sehr laut und vernehmlich äußerte. „Hast du vielleicht auch gewisse Ahnungen, Mister Kapitän, Sir?“
„Gewisse Ahnungen?“ Hasard lächelte wieder. „Die nun eigentlich nicht, Old Donegal. Eher Feststellungen. Zum Beispiel, daß wir in einige Situationen gerieten, die so übel waren, daß man sich ganz nüchtern sagen mußte: jetzt ist es aus. Aber nichts war aus. Wir slipten auf seltsame Weise klar. Na gut, dagegen habe ich nichts, aber allmählich frage ich mich doch, ob das alles noch mit rechten Dingen zugeht. Ich gebe nichts auf Gefühle, aber seit einiger Zeit bedrückt mich das Gefühl, an irgendeinem Haken zu zappeln. Ich kann das nicht näher erklären – allenfalls in der Form, daß ich mißtrauisch geworden bin. Also, um mich kurz zu fassen: wir ankern hier nicht, um weitere Tempel zu besichtigen.“
„Sondern?“ fragte der Profos mißtrauisch.
„Ich möchte etwas feststellen“, erwiderte Hasard. „Etwas, das drei, vier Tage dauern kann, aber dann weiß ich es. Dan, hol mal die Nilkarte, nach der wir uns zur Zeit orientieren!“
Dan O’Flynn hatte sie bei der Hand – jene Karte, die er in den letzten Stunden ständig mit der Landschaft links und rechts des Nils verglichen hatte.
Hasard nahm sie in Empfang, sprang zur Kuhl hinunter und breitete dort die Karte auf den Planken aus. Die Männer versammelten sich rings um ihn.
Hasard kniete sich hin und tippte auf eine Stelle der Karte, wo die Nilschleife nach Westen begann.
„Kuft“, sagte er. „Hier ankern wir zur Zeit.“ Sein Finger glitt nach rechts, also nach Osten, zu einem dünnen Strich, der fast parallel zum Nil nach Norden verlief. „Was dieser Strich hier bedeutet, wissen wir nicht, aber ich vermute, daß er eine Küste oder ein Ufer darstellt, wahrscheinlich das Westufer des Roten Meeres.“ Hasard schaute auf. „Ihr alle kennt unser letztes Ziel hier im Land der Pharaonen: Wir wollen den Kanal finden, der angeblich von einem Arm des östlichen Nildeltas über das Wadi Tumilât zu den beiden Bitterseen führt, die ja ihrerseits wieder eine Verbindung zum Roten Meer haben. Ihr wißt, was die Entdeckung dieses Kanals bedeuten würde – nämlich die Verbindung von Mittelmeer und Indischem Ozean. So, und jetzt will ich euch sagen, warum wir hier, geankert haben. Othman Mustafa Ashmun, der Hafenbeamte in Kairo, hatte damals im Februar, als wir ihm die Karten zeigten, erklärt, dieser legendäre Kanal sei erst in etwa zwei Monaten befahrbar, wenn der Nil Hochwasser führe. Diese zwei Monate sind um, aber der Nil hat nahezu den gleichen Wasserstand wie damals. Ich habe mich heute mittag mit Dan darüber unterhalten. Er hat meine Ansicht bestätigt.“
„Stimmt“, sagte Dan O’Flynn und nickte bekräftigend. „Der Wasserstand des Nils ist in den beiden letzten Monaten unverändert geblieben.“
„Dieser unveränderte Wasserstand hat mich mißtrauisch werden lassen“, fuhr Hasard fort. „Wir haben keine Karten, auf denen das Rote Meer dargestellt ist. Sicher ist allerdings, daß es existiert. Die Frage lautet nur, wo liegt es genau? Wenn dieser dünne Strich, der ja nur angedeutet ist, das Westufer des Roten Meeres darstellt, dann befinden wir uns zur Zeit etwa siebzig Meilen davon entfernt. Hier bei Kuft scheint mir der Nil am dichtesten an das Rote Meer gerückt zu sein – mit Ausnahme des Nildeltas, wo vermutlich ein ganz östlich liegender Nilarm noch näher am Roten Meer dran ist, was die Existenz eines Kanals durchaus glaubwürdig erscheinen läßt. Es geht mir um folgendes: Wenn bewiesen ist, daß wir hier bei Kuft nur siebzig Meilen vom Roten Meer entfernt sind, dann gilt das auch mit einer noch geringeren Entfernung für den östlichen Nildeltaarm und den Kanal, denn Nil und Rotes Meer liegen nahezu parallel zueinander, auch wenn der Nil im weiteren nach der großen Schleife nach Nordwesten ausholt. Oben bei Kairo hat er wieder Nordrichtung und im Delta mit seinen unzähligen Armen sogar Nordostrichtung.“ Hasard lächelte leicht. „Könnt ihr mir soweit folgen?“
„Alles klar“, verkündete Carberry großspurig. „Wir schieben unsere alte Lady über den Sand nach Osten und setzen sie im Roten Meer wieder ins Wasser.“
„Nicht schieben“, sagte Hasard grinsend. „Wir spannen sie hinter eine Kamelherde und lassen uns wie eine Kutsche ziehen!“
Smoky kicherte. Gelächter wurde laut.
Hasard wurde wieder ernst und sagte: „Wenn aber das Rote Meer hundert und mehr Meilen von hier entfernt liegt, dann halte ich den Kanal der Pharaonen für eine Utopie – trotz der Geheimkarte, die Othman Mustafa Ashmun für uns entziffert hat und die den Kanalverlauf darstellen soll.“
„Wenn der Kanal eine Utopie ist“, sagte Old O’Flynn voll heiterer Hoffnung, „könnten wir ihn sausen lassen und gleich zum Mittelmeer durchstoßen. Richtig?“
„Richtig“, bestätigte Hasard. „Es sei denn, wir befinden uns hier tatsächlich nur siebzig Meilen vom Roten Meer entfernt. Ich betone noch einmal, daß mich diese Tatsache dann von der Wahrscheinlichkeit eines existierenden Kanals überzeugen würde. Oder ist jemand anderer Ansicht?“
Bedächtig sagte Ben Brighton: „Vielleicht hat uns Othman Mustafa Ashmun was vorgeflunkert.