Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 142 |
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Автор произведения | Davis J.Harbord |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954394661 |
„Aye, aye, Sir, abfallen“, sagte Pete Ballie mit stoischer Ruhe und legte Ruder.
Die „Isabella“ schwenkte nach Steuerbord. Da sie bereits fast querab achterlich von der Galeere gesegelt war, begann sie jetzt, dem Gegner die schmale Silhouette zu zeigen und das Heck zuzudrehen.
„Schickt die Schoten!“ drang Carberrys grollendes Organ über die Kuhl.
„Frage Feuer frei, Sir?“ Das war Al Conroy, der Stückmeister der „Isabella“. Er stand an der achteren Backbord-Drehbasse. „Ich könnte der verdammten Galeere einen Schuß ins Ruder verpassen.“
„Feuer frei, Al“, sagte Hasard mit zusammengebissenen Zähnen.
Sekunden später krachte Al Conroys Schuß, Eisen schlug mit unerhörter Wucht in das Heck der Galeere, und Holztrümmer wirbelten in die Luft. Es war ein Meisterschuß. Al Conroy mußte den Ruderschaft getroffen haben, denn das Galeerenruderblatt sprang plötzlich wie ein Korken aus dem Wasser, blieb schief in der unteren Halterung hängen, tanzte wild auf und ab und gab der Galeere einen Drall nach Backbord.
Das genau war der Moment, als auf der Galeere die Drehbassen und Relingsbüchsen ihre Ladungen ausspuckten. Im Wasser auf der Backbord- und Steuerbordseite der „Isabella“ stiegen Fontänen hoch und fielen wieder zusammen. Ein Stück Eisen raste durch die Heckgalerie und schlug mit einem klatschenden Laut in den Besanmast.
Old O’Flynn starrte es andächtig an. Das Ding war gezackt wie ein Sägeblatt. Hasard ignorierte das Ding.
„Feiner Schuß, Al“, lobte er Al Conroy. Und: „Pete, anluven, zurück auf den alten Kurs am Wind!“
„Aye, aye, anluven, alter Kurs“, sagte Pete Ballie.
„Holt dicht die Schoten!“ röhrte Ed Carberry. „Holt dicht, ihr müden Säkke!“
Und dann stemmte er die Fäuste in die Hüften, starrte zum Vormars hoch und brüllte: „In drei Sekunden seid ihr kleinen Rübenschweinchen hier unten auf der Kuhl, oder der alte Profos holt euch, und dann gibt’s ein Tänzchen mit dem Tauende, daß ihr meint, die Englein jubilieren zu hören!“
Alle Männer der „Isabella“ schauten zum Vormars hoch. Auf ihren Gesichtern lag ein verstecktes Grinsen, das aber auch Anerkennung ausdrückte. So jung die beiden Söhnchen des Seewolfs waren, sie mauserten sich bereits und griffen aktiv in das Kampfgeschehen ein – als Gefechtsbeobachter. Wie die Lausekerle es allerdings geschafft, hatten, ungesehen und unbemerkt in den Vormars zu entern, das war ihnen völlig schleierhaft.
Hasard Junior und Philip Junior reckten sich über die Segeltuchverkleidung und grinsten zu Carberry hinunter.
„Ha?“ rief Hasard Junior und hielt die linke Hand gewölbt hinter das linke Ohr, um anzudeuten, daß er schwerhörig sei. „Viel Krach hier oben, nix verstehen von altes Profos!“
„Na wartet, ihr Hosentrompeter“, sagte Ed Carberry grimmig und setzte sich in Bewegung. Und Matt Davies fuhr er an: „Grins’ nicht so dämlich, du triefäugiger Beachcomber!“
Aber Matt Davies grinste weiter und mit ihm die anderen Seewölfe. Sie kannten ja ihren Profos. Von Gefechtsbereitschaft konnte allerdings im Moment nicht groß die Rede sein, aber das war zu verkraften, weil man auf der Galeere zur Zeit vollauf damit beschäftigt war, das zerschossene Ruder mit Axthieben vom Heck zu lösen.
Ed Carberry enterte indessen an den Fockluvwanten hoch, um zum Vormars zu gelangen. Als er ihn erreichte, fuhren die beiden „Hosentrompeter“ wie kleine Kastenteufelchen hoch, schwangen sich auf die Vorstengewanten der Luvseite, flitzten kichernd nach oben, sausten am Vorstengestag hinunter zum Bugspriet, kasperten freihändig über das Rundholz zur Back und verschwanden wie der Blitz im Vorkastell.
Das Gelächter an Bord der „Isabella“ übertönte den rollenden Kanonendonner.
Hasard selbst wußte nicht, ob er lachen oder fluchen sollte.
Ed Carberrys narbiges Gesicht mit dem wüsten Rammkinn war hochrot, seine Miene war gallebitter, als er abenterte. Aber dann mußte er selbst grinsen, es blieb ihm nichts anderes übrig.
Die beiden kleinen Kerlchen waren zu fix für ihn. An Deck hätte er sie erwischt, aber in der Takelage waren sie ihm überlegen. Da turnten sie mit einer Behendigkeit und Sicherheit herum, als seien sie Affen wie der Bordschimpanse Arwenack. Und das Wort Angst schienen sie auch nicht zu kennen.
An diesem Punkt seiner Überlegungen wurde Carberrys Gedankenkette unterbrochen – von einem orgelnden Mißton. Instinktiv zog er den massigen Schädel ein. Auch die grinsenden Gesichter der Seewölfe versteinerten — und sie waren kampferfahren genug, sich platt an Deck zu werfen. Vorsicht war bei ihnen der bessere Teil der Tapferkeit – dank Hasards Schulung. Darum lebten sie auch noch und hatten dem Sensenmann immer wieder ein Schnippchen geschlagen.
Aber die Ursache des orgelnden Mißtons erreichte nicht auf dem Deck der „Isabella“ ihr Ziel. Sie lag höher. Sie fegte – auf ihrer Endstrekke mit einem heulenden Ton, der durch Mark und Bein ging nahezu vierkant in die Segeltuchverkleidung des Vormarses.
Dort zerfetzte sie Segeltuch samt der hölzernen Rundumverkleidung, zerspellte den Marsunterboden, schlang sich um den Fockmast – im Schußdrall –, kerbte ihn mit glühenden Rillen und sauste am Mast entlang nach unten.
Ed Carberry stand eine Fußbreite neben dem Ding und stierte es verbissen an.
Das Ding war eine von diesen verdammten Kettenkugeln, die man einsetzte, um die Takelage eines feindlichen Schiffes zu zerstören.
Welches Schiff diese Kettenkugel auf die „Isabella“ abgefeuert hatte, war auch später nicht mehr feststellbar. Carberry meinte zwei Tage danach, irgendein totaler Vollidiot von Artillerist auf dem Flaggschiff des sehr ehrenwerten Admirals Drake hätte diesen Fehlschuß getan. Aber das war nicht beweisbar.
Jedenfalls – ob Zufallstreffer oder nicht – diese Kettenkugel hätte Hasard Junior und Philip Junior etwa in Höhe der Oberschenkel getroffen und an dieser Stelle amputiert.
Und weil Ed Carberry in den Vormars gestiegen war, um die beiden „Hosentrompeter“ von dort an Deck zu holen, waren Hasard und Philip diesem fürchterlichen Schicksal entgangen.
Ursache und Wirkung – das war es.
„Mein Gott“, sagte Matt Davies und starrte abwechselnd von der Kettenkugel zu Ed Carberry und hinauf zum Vormars und wieder zur Kettenkugel.
Dieses fürchterliche Geschoß schmauchte noch, und niemand hätte gewagt, es anzufassen. Es bestand aus mehreren Kettengliedern, an deren Enden zwei eiserne Kugeln von der Größe einer Kokosnuß hingen. Wenn diese beiden durch die Kette verbundenen Kugeln um sich selbst wirbelnd auf die Reise geschickt wurden, dann rissen sie nieder und zerstörten, was auf ihrer Bahn lag, bis sich ihre von einer Pulverexplosion getriebene Kraft verbraucht hatte.
Die Schenkelknochen von zwei siebenjährigen Jungen hätten dieser wirbelnden Kraft kaum etwas von ihrer Wucht genommen.
Und wenn Matt Davies „mein Gott“ sagte, dann drückte er damit aus, was alle Seewölfe dachten.
Nur etwa drei Minuten später im Ablauf der Geschehnisse – und es hätte nicht nur die Zwillinge, sondern auch Edwin Carberry erwischt, der die beiden Jungs aus dem Vormars hatte holen wollen. Dem Profos hätte die Kettenkugel vermutlich das breite Kreuz gebrochen.
Keiner der Seewölfe verspürte Lust, diesen Gedanken zu Ende zu spinnen. Da konnte es einem kalt werden. Kalt? Es konnte einem kalt und warm werden. Nein, nicht warm – heiß, glühend heiß, kochend heiß.
Wer auch immer seine Hand über die „Isabella“ und ihre Männer samt der beiden kleinen Seewölfe hielt – er hatte aufgepaßt und nicht zugelassen, daß Furchtbares passierte. Aber einmal würde er vielleicht nicht aufpassen. Und wen würde