Seewölfe - Piraten der Weltmeere 142. Davis J.Harbord

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 142
Автор произведения Davis J.Harbord
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954394661



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      Impressum

      © 1976/2015 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-466-1

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

      1.

      Kriegsgaleere Backbord achteraus!“ brüllte Bill, der Schiffsjunge der „Isabella VIII.“, vom Hauptmars hinunter aufs Achterdeck.

      Philip Hasard Killigrew fuhr fluchend herum. Diese spanischen und portugiesischen Galeeren vermehrten sich wie die Karnickel, vor allem hier und heute. Hier – das war die große Reede von Cadiz, heute – das war der 29. April 1587 am späten Nachmittag.

      Auf gut englisch gesagt war es ein gottverdammter Tag, und Philip Hasard Killigrew fragte sich allen Ernstes, welcher Teufel ihn geritten haben mochte, sich mit seinen Männern und der „Isabella“ für Sir Francis Drake zu schlagen, für jenen Mann, von dem er sich 1579 drüben in der Neuen Welt nach einer erbitterten Auseinandersetzung getrennt und ihm den Gehorsam aufgekündigt hatte.

      Das war eine alte Geschichte, die mit Edwin Carberry, dem ehemaligen Profos von Drake, zusammenhing. An Carberry war ein Mordversuch unternommen worden, Hasard hatte eine Bestrafung des Täters verlangt, Drake hatte sie verweigert – weil der Täter ein Mann höheren und vornehmeren Standes als Carberry war. Es war dies eine Frage des Prinzips gewesen, sowohl für den damaligen Kapitän Francis Drake als auch für den seinerzeit noch sehr jungen Philip Hasard Killigrew, der bereits als Kapitän fuhr. Kapitän Drakes Prinzip beruhte auf der vermeintlich gottgewollten Ordnung, daß ein Mann adeliger Herkunft nicht wegen einer Missetat an einer Person des niederen Volkes belangt werden dürfe. Kapitän Killigrews Prinzip hingegen war genau das Gegenteil. Er vertrat den Standpunkt, daß vor Gott alle gleich seien und aus diesem Grunde eine Untat nicht mit zweierlei Elle gemessen werden könne. Mordversuch blieb Mordversuch, gleichgültig, ob ihn ein „Sir“ oder ein Kuhtreiber beging.

      Prinzip gegen Prinzip – es hatte damals zum Bruch zwischen Francis Drake und Philip Hasard Killigrew geführt. Und, weiß Gott, der Mann, den man den „Seewolf“ nannte, war der moralische Sieger geblieben.

      Erst jetzt waren sie sich wieder begegnet, diese beiden so unterschiedlichen Männer. Francis Drake war zum Admiral avanciert und Befehlshaber eines englischen Flottenverbandes, der seit dem Nachmittag dieses 29. April 1587 drauf und dran war, die spanische Hafenstadt Cadiz samt der hier versammelten Schiffe in Stücke zu schießen.

      Nur – und das erregte Philip Hasard Killigrew bis zur Weißglut – war dieser Überfall auf Cadiz alles andere als ein sorgfältig geplantes Unternehmen. Nein, Sir, das war es nicht. Dieser Admiral Drake schlug wie wild und blindlings mit dem Knüppel drauf, statt planvoll und taktisch vorzugehen. Hatte dieser Korsar Ihrer Majestät der Königin von England nichts dazugelernt?

      Vor knapp anderthalb Stunden erst hatte die „Isabella“, die sich am Vortag heimlich in einen Seitenarm der Bai von Cadiz geschlichen hatte, einen Angriff von sechs spanischen Kriegsgaleeren auf das Flaggschiff Admiral Drakes, die „Elizabeth Bonaventura“, mit Erfolg abgewehrt und damit wieder einmal dem sehr ehrenwerten Admiral aus der Patsche geholfen. Denn so ganz ungeschoren hätte die „Elizabeth Bonaventura“ den wütenden und fast selbstmörderischen Angriff der sechs Galeeren keineswegs überstanden, da sie nahezu deckungslos dem eigenen Verband vorausgesegelt war.

      Aus Dummheit oder Tollkühnheit hatte Drake die Gefahr heraufbeschwören, von seinem Verband abgeschnitten und vom Rammsporn einer der sechs Galeeren aufgespießt zu werden.

      Das hatte Hasard verhindert.

      Die englischen Seeleute hatten der „Isabella“ zugejubelt. Der Admiral indessen war steinernen Gesichts mit seinem Flaggschiff an der „Isabella“ vorbeigerauscht und zur Zeit immer noch damit beschäftigt, volle Breitseiten auf Cadiz abzufeuern.

      Und mit ihm um die Wette böllerten – mangels anderer Befehle – die drei anderen Galeonen der königlichen Lissy – die „Golden Lion“, die „Dreadnought“ und die „Rainbow“ sowie die drei schwerbestückten Galeonen der Londoner Kaufleute, deren Flaggschiff die „Merchant Royal“ war. Von den etwa neunzehn leichteren Kriegsschiffen von zweihundert bis hinunter zu fünfundzwanzig Tonnen gar nicht zu sprechen.

      Das Durcheinander war perfekt.

      Pulverqualm zog über die Reede, in der Hafenstadt begannen Brände aufzuflammen, und in das Krachen der Breitseiten mischten sich die Glocken der Kathedrale, der Kirche San José und der Kirche Santa Catalina, die Sturm läuteten.

      Und kein englisches Schiff war detachiert, die riesige Reede nördlich und östlich von Cadiz abzusichern. Wie die Irren hämmerten sie ihre Breitseiten in die Stadt.

      Ostwärts, Cadiz fast genau gegenüber, mündete der Rio San Pedro in die große Reede. Dort stand die „Isabella“ – abwartend und abseits der englischen Kanonaden auf Cadiz. Und aus dem San Pedro schob sich nunmehr wie eine Spinne mit unzähligen Beinen jene spanische Kriegsgaleere, die Bill gemeldet hatte.

      Ohne Zweifel war sie giftig, diese Spinne. Auf jeder Bordseite zählte Hasard dreißig Riemen, also sechzig Riemen, die in gleichmäßigem Takt eintauchten, durchgezogen wurden, auftauchten und zurückruckten. An jedem Riemen saßen mindestens drei Männer, vermutlich Galeerensklaven, also einhundertachtzig Ruderer.

      Hasard haßte Galeeren. Sie waren weder Fisch noch Fleisch. Zwei Pfahlmasten trug diese Galeere. Ihre beiden Lateinersegel waren aufgetucht. Ja, sie sah aus wie eine riesige Spinne, häßlich, böse, drohend.

      Aber das war es nicht, was Hasards Widerwillen erregte. Nein, er dachte an die armen Kerle, die dort unsichtbar für ihn auf den Ruderduchten saßen, angekettet, unterernährt, von Peitschenhieben gezeichnet, dreckstarrend und in Lumpen gehüllt.

      Es war dies die entwürdigendste Form menschlichen Daseins. Ihre Unfreiheit bedeutete, wehrlos zu sein. Daran konnte ein Mann zerbrechen. Ohnmächtig war er seinem Schicksal ausgeliefert. Nicht er entschied aus eigenem Willen und mit eigener Kraft über Leben und Tod, sondern der Kapitän, der die Galeere führte.

      Nur Kapitäne mit einem Herzen aus Stein konnten solche Galeeren befehligen. Und ihre Zuchtmeister waren Henkersknechte.

      Für einen kurzen Moment dachte Hasard an seinen Vater, den Malteser-Ritter Godefroy von Manteuffel, den er von einer Piraten-Galeere befreit hatte. Und er dachte gleichzeitig an die Männer seiner Stammcrew, die auf einer spanischen Galeere gefangengesetzt waren und die er gleichfalls – zusammen mit seinem ersten Offizier und Bootsmann Ben Brighton – hatte befreien können.

      Nein, er hatte keinen Grund, überhaupt keinen, diesen verdammten Galeeren etwas abzugewinnen. Sie waren eine Schande für die Seefahrt insgesamt, aber auch für jene Länder, die sich ihrer bedienten.

      Das war alles klar, und man konnte als ehrlicher Seemann und ritterlicher Korsar eigentlich nichts Besseres tun, als die See von diesen häßlichen Schiffsgebilden zu säubern.

      Aber Philip Hasard Killigrew hatte Skrupel. Eine volle Breitseite auf die Galeere bedeutete das Todesurteil für einhundertachtzig Männer, von denen vermutlich der Großteil wegen läppischer Vergehen zum Galeerendienst verurteilt worden war. Vielleicht befanden sich